Yakuza-Rache
Die Männer zogen durch die Nebelschwadon. Ihre muskulösen Körper hielten sie unter Kimonos verborgen. Die dunklen Haare waren rasiermesserscharf geschnitten, und hinter ihnen blieb eine Welt zurück, die aus Macht, Geld, Korruption und Verbrechen bestand, die stärker war als die Mafia und die in Japan mit einem Namen umschrieben wurde, vor dem viele zitterten.
Yakuza!
Vor ihnen lag das Reich des Todes, der Ort des Vergessens, der Vergänglichkeit. Ein legendenreiches Areal, vom Hauch des Todes umweht, von Geistern und Seelen beschützt und gekennzeichnet durch mehr oder weniger schlichte Gräber.
Der Friedhof lag in den Hügeln, in einer ziemlich feuchten Gegend, wo die Sonne es oft nicht schaffte, den Nebel bis zum Mittag aufzulösen. Aus diesem Grunde sah der Friedhof stets aus, als wäre er von Leichentüchern eingehüllt worden. Wer hier begraben lag, der bekam selten Besuch. Die einfachen Menschen aus der Umgebung schlugen einen Bogen um ihn. Wenn mal einer der Bauern an diesem Friedhof vorbeigehen mußte, verhüllte er sein Antlitz, um die Ruhe der Geister und der Götter nicht zu stören. Es war eine unheimliche Gegend, die kaum Vegetation aufwies. Die Ruhe des Todes herrschte in dieser Senke vor.
Die Männer gingen schweigend hintereinander her, manchmal schwer atmend, immer mit gesenkten Köpfen, als wollten sie den feuchten Boden absuchen.
Dann und wann raschelten die kostbaren Seiden-Kimonos. Sie zeigten Motive wie Drachen oder maskenhaft verzerrte Gesichter, die allesamt Emma-Ho, den Herrn der Hölle, darstellen sollten, diesen Oberteufel, der in verschiedenen Gestalten auftreten konnte und ein Heer von Dienern der schrecklichsten Sorte befehligte.
Zurückgelassen hatten die Männer ihre Leibwächter und ihre Limousinen, ausschließlich Karossen aus dem fernen Deutschland, die mit dem Stern. Gepanzert, gesichert und blankpoliert wie Spiegel. Für ihre Vorhaben durfte es keine Zeugen geben, sie waren diejenigen, die etwas durchführen wollten, das seit langer Zeit nicht mehr getan worden war, an dem jedoch kein Weg vorbeiging.
Über dem eigentlichen Friedhof lag der Nebel nicht mehr so dick. Es war, als hätte er Mitleid mit denen, die ihn besuchten, um dafür zu sorgen, daß sie ihr Ziel so rasch wie möglich fanden. Keine prunkvollen Gräber warteten auf die drei Yakuza. Schlichte Steine ragten aus dem weichen Untergrund, der zur Mitte hin an Feuchtigkeit zunahm, weil ein schmaler Bach den alten Totenacker teilte. Als die drei Männer auf der alten Holzbrücke über den Bach gingen, lag die unheimlichste Ecke des Friedhofs vor ihnen. Geschützt durch eine Hecke gegen rauhe Winde, als sollte die Ruhe der Toten auf keinen Fall gestört werden.
Auch die zwei Gräber lagen dort. Von beiden Seiten ragten die weichen Arme der Büsche über die grauen Platten hinweg, auf denen keine Namen zu lesen waren, und das mit Absicht.
Die drei Männer wußten Bescheid.
Am Fußende der Gräber blieben sie stehen und verneigten sich zunächst gemeinsam, dann noch einmal einzeln, um ihre Demut zu zeigen, mit der sie sich dem Ziel genähert hatten. Der Nebel strich an ihren feucht gewordenen Gesichtern vorbei. In der Hecke krallte er sich fest, slieg manchmal aus ihr hoch, um einem leichten Windstoß entgegenzuwallen, damit dieser ihn zerflattern konnte. Das alles kümmerte die Männer nicht, die mit einer besonderen Aufgabe gekommen waren.
Die Seide der Kimonos raschelte, als sie vor den Gräbern niederknieten. Ihre Knie verschwanden im nassen Gras. Gemeinsam beugten sie die Körper so weit vor, daß sie mit ihren Stirnen die feuchten Grabsteine berührten.
Nichts rührte sich in den Gesichtern. Kein Lächeln umspielte die zusammengepreßten Lippen, als sie die Arme vorstreckten und ihre Handflächen mit den gespreizten Fingern auf das Gestein legten. Keiner von ihnen besaß noch alle Finger. Bei einem fehlte der Ringfinger, bei dem anderen sogar der Mittel-und Ringfinger, beim dritten der Zeigefinger.
Sie hatten sich die Finger abgehackt, um die Treue zur Organisation zu dokumentieren. Ein Wahnsinn!
So blieben sie sitzen. Stumm, sich anschauend oder die Köpfe senkend, damit sie die beiden Grabplatten ansehen konnten.
Minuten des Schweigens entstanden und auch Minuten der Stille, denn keiner von ihnen sprach ein Wort. Keiner rührte sich. Die drei Männer schienen selbst zu Stein geworden zu sein. Sie gaben sich den Erinnerungen an die Personen hin, die in der kalten Erde lagen und für die die Zeit der
Weitere Kostenlose Bücher