Muss Lurion sterben
nicht, sondern blieb immer die gleiche. Gardner mochte sich noch so sehr anstrengen. Und jeden Moment konnte der Spion in eine der kleinen dunklen Gassen abweichen, ohne daß für Gardner die geringste Aussicht bestanden hätte, ihn jemals zu finden.
Die Jagd ging weiter. Bis Gardner plötzlich aus einem Impuls anfing zu rufen: „Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!“
Ein stämmiger Lurioni stand an einer Ecke, an der Archer vorbeimußte, und hörte den Ruf. Gardner winkte ihm beschwörend zu: „Ja, das ist er! Halten Sie den Dieb!“
Der Lurioni streckte einen Arm aus, und Archer rannte direkt in ihn hinein. Er sah, wie Gardner auf ihn zugelaufen kam und griff in seine Tasche, als ob er eine Waffe herausziehen wolle. Die Reaktion des Lurioni war blitzartig: er schwang ein kurzes Messer und stieß es Archer in die Brust.
Gardner, der nur noch fünf Meter von den beiden; entfernt war, hielt erstarrt an und rang nach Atem. Der Lurioni lächelte bösartig.
„Da haben Sie Ihren Dieb!“
„Sie haben ihn ermordet!“
„Kennen Sie ein besseres Mittel, einen Dieb zu stellen?“
Archer war in die Knie gesunken. Sein Gesicht war vom Todeskampf verzerrt. Als sich Gardner zu ihm beugte, murmelte er noch etwas Unzusammenhängendes und fiel dann in sich zusammen.
„Er ist tot“, stellte der Lurioni ruhig fest. „Ich habe Ihretwegen Blutschuld auf mich geladen; Sie müssen mich davon freikaufen!“
„Aber ich habe Ihnen nicht gesagt, daß Sie ihn töten sollten.“
„Sie haben gesagt, er sei ein Dieb. Ein Dieb ist vogelfrei. Ich habe das Geld des Staates beschützt.“
,Auf diesem Planeten ist jedes Leben vogelfrei’, dachte Gardner und sah entsetzt auf die Leiche zu seinen Füßen. Die Polizei würde nur auf Seiten des Mörders stehen. „Wieviel verlangen Sie?“
„Tausend Einheiten“, antwortete der Lurioni. „Das ist der gesetzliche Preis.“
Gardner zog seine Brieftasche heraus. „Ist das alles?“ fragte er.
„Sie müssen außerdem den Spruch wiederholen, den ich Ihnen vorsage: Ich nehme die Blutschuld auf mich für den Mann, der auf meine Aufforderung von Binnachar dur Sliquein erstochen wurde.“
„Ich nehme die Blutschuld auf mich für den Mann, der auf meine Aufforderung von Binnachar dur Sliquein erstochen wurde“, wiederholte Gardner. „Ist das alles?“
„Ja. Dadurch bin ich freigesprochen.“
„Aber was geschieht jetzt mit mir? Und mit der Leiche?“
Binnachar zuckte die Schultern. „Was geht das Sie oder mich an? Der Mann war ein Dieb, das haben Sie doch selbst gesagt. Da er von der Erde stammt, hat er höchstwahrscheinlich keine Verwandten hier, die ihn vermissen. Lassen Sie ihn also liegen.“
Binnachar steckte das Messer in seine Tasche zurück. „Ich freue mich, daß ich Ihnen einen Dienst erweisen konnte, Ser Erdmann! Angenehme Nachtruhe.“
Gardner erschauerte über die Grausamkeit und Teilnahmslosigkeit dieser Leute. Die Neugierigen waren längst wieder in ihre Häuser gegangen. Je länger er hierblieb, desto größer wurde die Möglichkeit, daß er in weitere Gefahren verstrickt würde. Darum entschloß auch er sich, ins Hotel zurückzugehen.
Er sank müde und verzweifelt auf sein Bett und bereute bitter, daß er die Flasche Khall weggeworfen hatte. Er brauchte dringend etwas zu trinken.
Der Komputer hatte einen neuen Fehler gemacht, dachte er. Und dieses Mal auf eine Art und Weise, die das ganze Unternehmen in Frage stellten.
Wie konnte es möglich sein, daß ein Verräter wie Archer, der von Grund auf untauglich für die ihm gestellte Aufgabe war, von dem Komputer ausgesucht wurde?
Der Komputer, so überlegte Gardner, ist nur eine Maschine, die die Tatsachen registriert, wie sie anfallen, konfrontiert sie mit Hunderten von verschiedenen Möglichkeiten und macht dann seine Voraussagen. Aber diese Maschine kann nun einmal nicht in ein menschliches Gehirn hineinsehen. Sie hatte in Damon Archer nicht den Verräter erkannt. Archer hatte den Komputer hinters Licht geführt – oder eher: der Komputer war unfähig gewesen, Archers Verhalten vorauszusehen. Auf diese Weise hatte auch die erste Mannschaft versagt, die zum Lurion geschickt worden war.
Gardner wußte jetzt mit Bestimmtheit, daß man sich auf das Urteil des Komputers nicht verlassen konnte. Wenn er im Falle Archers versagt hatte, wie konnte er dann das Verhalten einer ganzen Welt in den kommenden zwei Generationen voraussagen?
Gardner erkannte dumpf, daß er kurz davor stand, selbst ein Verräter zu
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