Muttersoehnchen
den Liebenden bereits in der Babyplanung über die Voraussetzungen maximaler Zuwendungen gut informieren, haben sie als junges Elternglück soviel übrig, dass es für einen langen Traumtrip in die Ferne reicht.
Wir zählten auf die Unterstützung unserer Männer und forderten eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die in der Umsetzung einer Entmündigung gleichkam: Wir Frauen bestimmten, was geht oder nicht. Zum Beispiel, ob wir noch zu jung sind oder noch jung genug, um ein Kind zu bekommen.
Das war die zentrale Frage schon zu meiner Zeit, aber inzwischen bereitet sie schon den 20-Jährigen Stress. Bei uns führte das zu intensiven Gesprächen mit dem Mann an unserer Seite. Erst weich gezeichnet, später grell ausgeleuchtet diskutieren wir unseren Standort, miteinander und zueinander. Wir fragen uns, ob wir einem Kind überhaupt gerecht werden könnten, und meinten damit, ob es uns gerecht werden kann: Familienausflug statt Expedition ist ein Schicksalsschlag, der verkraftet sein will. Schon in der Theorie. In uns gärte die weibliche Bestimmung. Wir wollten auch Mutter werden. Komplementär zu allem, was uns sonst noch umtrieb. Wir wollen etwas weitergeben, und wenn es nur Eitelkeiten, Unpässlichkeiten und Empfindlichkeiten waren.
In den 90er-Jahren war eine Frau mit 36 Jahren spätgebärend, medizinisch betrachtet. Sie war eine Risikoschwangere, die ihrem Frauenarzt ein paar Sorgenfalten und unbegrenzt abzurechnende Ultraschalluntersuchungen bescherte. Das hat sich geändert. Wir fühlen uns viel länger fertil, als wir uns schön finden. Das Alter der Erstgebärenden steigt kontinuierlich: Ende absehbar, aber nicht akzeptiert. Dass eine Frau in die Wechseljahre kommt, während ihr Kind noch die Schultüte im Arm hält, ist schon lange keine Sensation mehr. Mein lieber Freund Matthias, der im Internet nach einer neuen Partnerin sucht, fragte mich neulich: »Weißt du«, meinte er letzthin, »was mir wirklich Angst macht?« Und gab die Antwort, bevor ich nachfragen konnte: »Frauen ab 40 mit unentschlossenem Kinderwunsch.« Da kann er ja mal froh sein, wenn er das schon dem Online-Profil entnehmen kann und nicht erst einem rosa Teststreifen.
Männer sind naturgemäß zögerlich in der Frage aller Fragen nach Sinn und Kind. Für sie es ist es immer früh genug und nie zu spät. Das war immer schon so, auch, als eine Schwangerschaft noch eine echte Überraschung war. Als ich in das Alter kam, in dem meine Großmutter dachte, ich sei nun reif für ein paar Wahrheiten, klärte sie mich darüber auf, woran man die Liebe eines Mannes wirklich erkennen könne. Nämlich an seiner Reaktion auf die ultimative Botschaft. Ein verlegenes »Wie, so schnell?« oder ein »Jetzt schon?« seien noch verzeihlich, schließlich komme
auf die Männer jede Menge Verantwortung zu. Entgleiste Gesichtszüge indes disqualifizierten ihn vollständig. Sekunden der Offenbarung, die an der Sachlage nichts änderten. Geheiratet wurde so oder so. Und die Ehe war ein Leben nach den Regeln des Mannes. Deswegen war es für Oma so wichtig, sorgfältig auszuwählen.
Für uns sind das Geschichten von früher, dennoch benutzen wir immer noch den Begriff des Auserwählten: des auserwählten Spermas. Nur eine Frau weiß genau, von wem sie sich hat befruchten lassen. Mother’s baby, father’s maybe. Oder ob sie immer verhütet oder gerade ihren Eisprung hat. Nur sie entscheidet über Austragen oder Abtreiben, über Leben oder Tod. Mother’s destination, father’s destiny. Anschließend definiert die Frau seine Zuständigkeiten im gemeinsamen Alltag und, wenn es schief läuft, nach der Düsseldorfer Tabelle. Darauf achten seit Anfang der 90er auch die Ostfrauen, denen man ein unkompliziertes Verhältnis zum Sex nachsagt und die in der Deutschen Demokratischen Republik immer irgendwo arbeiten gegangen sind. Ein Mann war für sie noch nie ein Vermögen. Im vereinigten Deutschland änderte sich alles für sie. Mit Anfang 20 schon Kinder und mit Mitte 20 wieder geschieden sein, ganz entspannt und in aller Freundschaft, das geht jetzt nicht mehr.
Ich war 27 Jahre alt, mein Mann 32, als wir 1990 Eltern wurden. Das ist älter als unsere Eltern waren und jünger als der Durchschnitt heute. Ich mit abgebrochenem Lehramtsstudium und Meisterprüfung im Friseurhandwerk, mein Mann mit großartig abgeschlossenem Studium der Psychologie und fester Anstellung in einer Beratungsstelle. Eine recht solide Grundlage, auf der wir uns wenige Jahre später Hausbaupläne
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