My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei
erklärte sie tapfer und hängte sich an seinen Arm.
Wir fünf von der Alpe hatten uns ziemlich herausgeputzt. Yasmina hatte ihren neuen Leinenrock im Landhausstil an. Dazu hatte sie eine Bluse gekauft, die eigentlich nur aus Ausschnitt und Rüschen bestand, was zu ihren rotspitzigen Stoppelhaaren echt witzig aussah.
Gundi und Rosi trugen wie fast immer ihre superengen Jeans, Marta und ich unsere Dirndl. Wir wollten sie noch so oft wie möglich tragen, denn zu Hause war der Trachtenlook indiskutabel - daheim würde man uns in einem Kleid mit Schürze gnadenlos auslachen.
Cas hatte seine Designerjeans an mit einem der perfekt gebügelten hellblauen Hemden (wie viel Stück hat der Junge?), Franzl erschien wie sein Vater in Lederhosen und roten Kniestrümpfen.
Emir kam, obwohl ich nicht mit ihm gerechnet hatte, in letzter Sekunde und sah aus wie immer.
»Auf geht’s!«, trieb Hubertus uns an. Nele und Cas setzten sich neben ihn auf den Beifahrersitz, wir anderen verteilten uns auf den hinteren Bänken. Yasmina schimpfte auch über den Dreck, Gundi wuchtete einen riesigen Picknickkorb ins Wageninnere, Marta und Franzl setzten sich natürlich nebeneinander, Emir zog mich neben sich auf die Bank, hinter uns saßen Ina und Ignaz. Der tat, als wäre ich Luft. Kein einziges Mal sah er mich an, und als wir mal zufällig nach derselben Banane griffen und unsere Hände sich berührten, zuckte er zusammen und wurde knallrot.
Während ich mich fragte, warum mich mein Ex behandelte, als wäre ich erstens unsichtbar und zweitens trotzdem so was wie’ne Brennnessel, bei deren Berührung man zusammenzuckt, unterhielt uns Ina auf der gesamten Fahrt mit ihren Erlebnissen
im Feriencamp. »Hast dich wenigstens verliebt?«, wollte Rosi schließlich wissen.
»Klar, aber ich hab Schluss gemacht. Denkst du vielleicht, ich will’ne Fernbeziehung führen?«
Na bitte! Ich war also nicht die Einzige, die davor zurückschreckte.
Eine gute Stunde hatte die Fahrt durch die wunderschöne Allgäuer Landschaft schon gedauert, als wir an einem See entlangfuhren, der, obwohl er sehr blaues Wasser hatte, Wei ßensee genannt wird. Dann kam die Stadt Füssen in Sicht, Hubertus fuhr über eine Brücke, wir sahen das Schild mit der Aufschrift: Schwangau, Marta machte uns alle ganz verrückt, weil sie so am Fenster klebte - und dann schrie sie auf. »Das Schloss!«
Hubertus warnte sie, den Fahrer nie mehr mit einem so furchtbaren Schrei zu erschrecken, hielt aber an, damit wir die Türme bewundern konnten, die wir in der Ferne erblickten.
Wir sahen Folgendes:
Zuerst war da ein Stück graue Straße. Daran anschließend erstreckte sich eine lange, ebene tiefgrüne Wiese. An ihrem Ende sahen wir eine Kette niederer Hügel mit Wald obendrauf, wieder dahinter lagen etwas höhere Hügel, ebenfalls mit Wald, aber hinter diesen ragten die hohen Berge empor, welche jedoch keinen oder fast überhaupt keinen Baumbestand aufwiesen.
Auf einem der Hügel in der zweiten Reihe stand das Schloss, das echt so aussah wie das in meinem ersten Märchenbuch. Das hatte mir meine Oma mal geschenkt, als sie noch lebte, und aus eben diesem Märchenbuch las mir meine Mutter abends immer vor. Damals konnte ich noch nicht selbst lesen, deshalb hab ich mir die Bilder so genau angeguckt und bin mir absolut sicher, dass das Schloss auf dem Hügel das Schloss aus
meinem Märchenbuch ist. Hundertpro! Der Maler malte sogar den blauen Himmel ohne Wolken und die winzigen Häuser auf und zwischen den Hügeln!
Hubertus fuhr wieder an. Manchmal versteckte sich das Schloss hinter den Bäumen, manchmal sahen wir es oder wenigstens ein Stück davon. Marta freute sich so, dass sie Franzl nur noch küsste, was Hubertus mit »Waidmannsheil, mein Junge!« kommentierte.
In Schwangau parkte er auf einem großen Platz und kaufte die Karten an einem Schalter, vor dem schon eine lange Schlange wartete. Auf allen unseren Karten stand dieselbe Nummer: 480.
Mich wunderte, dass der Mann am Schalter Emir freundlich grüßte.
Weil Nele die halbstündige Wanderung den Berg hoch nicht zuzumuten war, durften wir in einen Fiaker steigen. Das ist eine offene Kutsche mit zwei großen dicken Pferden.
»Mensch, Zippi, ich fühle mich wie Prinzessin Diana«, sagte Marta und winkte den Menschen, die die Straße säumten, huldvoll zu. Die Fußgänger beneideten uns um die beiden Pferdestärken, die uns den Berg hochzogen. Wir lachten, wenn die Gäule auf die Straße schissen - und dann lachten wir noch viel
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