Mylady Adelshochzeit 01
sich genötigt, Miss Jane Trent zum Tanz zu bitten. Danach folgte ein weiterer Tanz mit einer anderen jungen Dame und auch den darauffolgenden Tanz verbrachte er auf dem Parkett. Endlich endete auch dieser, und er wollte gerade hinüber zu Miss Cartwright gehen, als er die Tochter seiner Gastgeberin bemerkte, die einige wenige Schritte entfernt stand und ihn erwartungsvoll ansah. Er verbeugte sich ergeben. „Miss Brandon, würden Sie mir den nächsten Tanz schenken?“
Lächelnd knickste sie, und er führte sie zur Tanzfläche. Doch in Gedanken weilte er bei Charlotte, die auf der anderen Seite des Saales neben Lady Brandon stand.
„Sie geben ein schönes Paar ab, nicht wahr?“, meinte Lady Brandon.
„Wer?“
„Martha und Lord Amerleigh natürlich. Er muss ihr ja gewogen sein, wo ich mir doch solche Mühe gegeben habe, ihn willkommen zu heißen.“
Charlotte beobachtete die beiden. Der Earl lächelte Martha an und hatte ihr offensichtlich ein Kompliment gemacht, denn sie erwiderte sein Lächeln strahlend. Der Anblick versetzte Charlotte einen Stich, den sie sich nicht erklären konnte. „Glaubst du, er wird ihr einen Antrag machen?“
„Wieso nicht? Wir werden ihn schon dazu bringen. Martha wird eine wunderbare Countess abgeben.“
„Ja, allerdings ist Amerleigh Hall recht heruntergekommen.“
„Meine Tante hat Martha vor fünf Jahren eine ansehnliche Summe hinterlassen. Sir Gordon wird dafür sorgen, dass Seine Lordschaft davon Kenntnis erlangt.“ „Glaubst du, Lord Amerleigh würde allein des Geldes wegen heiraten?“
„Nun, wenn seine Taschen leer sind, wird ihm wohl nichts anderes übrig bleiben, als seinen Titel durch eine Heirat zu Geld zu machen.“
Ihre Worte katapultierten Charlotte sechs Jahre zurück zu der Zeit, als der vormalige Earl bereit war, den Titel zu Geld zu machen, sein Sohn sie jedoch schroff zurückgewiesen hatte. Der Gedanke trug zu ihrer Entschlossenheit bei, sie würde ihn für diese Demütigung bezahlen lassen, mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen.
„Ich denke, er wird ein ausgezeichneter Gatte sein“, fuhr Lady Brandon fort. „Ich habe nur Gutes gehört.“
„Zweifellos von seinem Leibdiener.“
„Von allen. Warum bist du denn derart gegen ihn eingenommen?“
„Ich bin nicht gegen ihn eingenommen. Mir ist er völlig gleichgültig. Ich dachte lediglich an Martin Elliott, denn ich bin mir sicher, er macht sich Hoffnungen, Martha zur Gattin zu gewinnen.“
„Pah, was ist er schon? Nichts weiter als ein Pfarrerssohn, der keine Anstellung hat und daher nicht einmal für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.“
Charlotte tat der junge Mann leid, doch sie hielt sich mit einer Bemerkung zurück, denn die Musik war verklungen, und Lord Amerleigh geleitete Martha zu ihnen herüber, während er sich, in den Augen der alles beobachtenden Mütter, sehr vertraulich mit ihr unterhielt.
Bei ihnen angekommen, dankte er Martha mit einer eleganten Verbeugung und warf einen verstohlenen Blick auf Charlotte, die angelegentlich in die Betrachtung ihres Fächers vertieft schien.
„Mylord“, sagte Lady Brandon. „Es freut mich, dass Sie sich in unserer Gesellschaft offensichtlich wohl fühlen. Wir sind froh, Sie wieder in unserer Mitte zu wissen.“
„Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mylady.“ Und nach einer Pause, die Charlotte endlos erschien, fügte er hinzu. „Miss Cartwright, geben Sie mir die Ehre und schenken Sie mir den nächsten Tanz?“
Sie schaute ihn an und wedelte mit dem Fächer, als ob sie eben erst dessen Zweck entdeckt hätte.
„Bitte.“ Er bot ihr seinen Arm.
Sie stand auf und legte ihre Hand auf seinen Arm, ließ es zu, dass er sie zur Tanzfläche führte. Ein Walzer erklang.
Die Wärme seiner Hand auf ihrem Rücken drang durch den dünnen Seidenstoff, breitete sich in ihrem ganzen Körper aus und nahm ihr den Atem. Für einen solch großen Mann tanzte er überraschenderweise recht leichtfüßig, und sie fragte sich, wo er diese Kunst so ausgezeichnet gelernt hatte, denn er führte sie fehlerlos. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie froh, Tanzstunden erhalten zu haben. Sie sah Lady Gilford mit den anderen Matronen am Rand der Tanzfläche tuscheln, beschloss aber, dies zu ignorieren, ebenso wie die dolchgleichen Blicke der zahlreichen jungen Damen, die sich Hoffnungen auf den Earl machten. Stattdessen gab sie sich ganz der Wonne dieses Tanzes hin, etwas, das sie seit Jahren nicht mehr getan hatte. Seit sechs Jahren, um genau zu
Weitere Kostenlose Bücher