Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
Vom Netzwerk:
versprochen hatte. Und durch die schäumende Brandung, über die Gischt, schwappte das Meer Myrddin und seine Gefährten an die Seegestade von Northumberland.
    Die Vanyar hatte Myrddin bisher noch nicht einmal erzählen können, wie sie die SOUNDLOVE in die Irene Bay gebracht hatten, da sich die Ereignisse auf den Shetlands überschlagen hatten und er mit den Menschen beschäftigt war, als sie schon von der Brandung erfaßt wurden.
    Es war kein aufregendes Abenteuer, da sich die Elemente mit seinem Vorhaben einverstanden erklärten, und Myrddin stand mit der Kleidung Pallucks in einem Schlauchboot, das behutsam auf den Strand geschoben wurde. Das Wasser lief unter dem Kunststoffboden ab und er sprang über den wurstigen Wulst des runden Bordes in das knietiefe Seewasser. Seine Augen leuchteten in der Dunkelheit, sein weißes Gesicht strahlte und seine salzverklebten Haare schimmerten wie das Haar der Kolga, entstiege sie ihren Reichen.
    Myrddin versank in warme Andacht, und die Elfen wollten ihn nicht stören, doch sie wollten auch das Boot zurück zur SOUNDLOVE bringen, wie sie es beschlossen hatten. Myrddin sollte dann genug Zeit für seine Empfindungen haben, wenn sie unterwegs seien.
    Elwe war es, der Myrddin aus seinen Gedanken rief und ihm um Erlaubnis bat, fliegen zu dürfen. Der Zauberer jedoch hatte sich verklärt und so entschied Elwe, die Gegenstände Myrddins aus dem Boot an den Strand zu legen, fragte ihn, ob er den Overall noch brauchen würde, was Myrddin abwesend verneinte – und so blieb das Ölzeug in dem Schlauchboot, bis sich die Elfen schwirrend daran machten, das Boot gegen die Brandung wieder auf See zu ziehen. In ihren Händen hatten sie den Strick und schwirrten empor, zogen mit aller Kraft und konnten das Menschenwerk gegen die Wellen bewegen, über die Nordsee ziehen, und es sollte nicht zum Schaden Myrddins sein.
    Myrddin stand in seiner Kathedrale, die er vor Jahrhunderten errichtet hatte. Er spürte die Atmosphäre, betrachtete den Himmel hinter seinen geschlossenen Augen und so auch die unzähligen Gesichter, die dieser Strand vor langer Zeit gesehen hatte. Vor Freude atmete er schneller und stand immer noch mit den Füßen in den Schuhen von Rhys im Wasser, als hätte er sein Gelobtes Land gefunden, als stünde er vor den Toren seines Jerusalem und als strömten aus den Gräbern die guten Geister, die in dieser Erde begraben worden waren. Er kam nicht als Eroberer, nicht als machtgieriger Despot, nicht als Grabschänder. Myrddin wollte in diesem Augenblick nur stehen und atmen … atmen … atmen und in die Jahre versinken, die ohne ihn vergangen waren – in Jahre, die ihn verbannt hatten, und in Jahre, die ohne ihn sein werden müssen. Wie er es empfand, stand er zwischen den Portalsäulen des immerwährenden Lebenstempels und er stand vor dem Schrein seines Gedächtnisses – der Gegenwart allen Altertums –, auf dessen Altar keine Kerzen brannten. Es gab keine ängstlich frömmelnden Gestalten, die demütig ihre Stimmen senkten und um Vergebung winselten, um Gnade und Erbarmen in Gebeten bettelten und die die eigene Schuldbefähigung nicht verstanden. Und es waren keine profanen Heiligenbilder in düster flackernden Absieden, die einem einen Schauer über den Rücken laufen ließen und bei denen man schon sehr genau hinsehen mußte, damit man die beabsichtigte gütige, heilige Sanftmut geistiger Verklärt- und Entzücktheit entdecken konnte. Und das war bestimmt nicht nur den schlechten Künstlern mit mangelhaften Fertigkeiten zu verdanken. Und die gute, jungfräuliche Mutter Maria ersparte ihm dankenswerterweise ihre madonnenhafte Aura, die sie sich in ihr Gesicht hatte meißeln lassen müssen, damit nicht versehentlich die leidenschaftliche Menschenpracht einer Faith Bishop aus ihren Zügen grinsen würde, wie es vielleicht geschehen wäre, wären ihre Züge nicht in Stein gemeißelt, wähnte der Magier.
    Myrddin stand in einem Gemäuer anderer Art, geprägt von einer architektonischen Stilepoche, die keine Architekten gebraucht hatte, unter einem Dachfirst wolkiger Vielgestalt. Die Bauherren hatten sich über Jahrtausende beraten und kleine Veränderungen vorgenommen, indem sie die Felsen polierten und Flüsse von einem in ein anderes Bett gelegt hatten. Sie sorgten für Freundlichkeit und Licht, für Kälte und Geborgenheit und scheuchten ihre Kinder über das Land, die sich in den Wäldern und Ozeanen austobten. Seine Bauherren hatten eine unerschöpfliche Phantasie mit

Weitere Kostenlose Bücher