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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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helleren Mond sah, eine strahlendere Sonne besaß und die eigenen Schatzkammern hinter den Rücken der Menschen mit Gold gefüllt hatte.
    Myrddin stand in seiner Festung, hörte die Tierstimmen und die Brandung, nahm seine Gegenstände vom Strand und überlegte, in welche Richtung Lindisfarne liegen könnte. Er vertrat die Ansicht, daß es im Süden liegen müsse, da er vermutete, daß Leuchttürme nicht willkürlich an die Küste gestellt worden wären, sondern sich hinter ihnen eine Hafeneinfahrt oder ein Flußlauf verbergen müßte. Und er konnte sich lebendig an den Tweed erinnern – doch nicht daran, daß es auf Holy Island einen Hafen oder die Mündung eines Flusses gegeben hatte. Sollte er also in den Süden aufbrechen? Zuerst wollte er auf die Elfen warten und sich mit ihnen absprechen. Wo blieben sie nur? Konnte er die SOUNDLOVE auf See erkennen? Er drehte sich und blinzelte in die Dunkelheit, die ihm das Leben in ihr nicht preisgeben wollten. Der starke Regen hatte nachgelassen, und trotzdem waren auf der Nordsee keine Lichter zu erkennen. Sie war ein finsterer Kellerraum, der seine Weinregale im Schatten versteckte. Und die Elfen …? Myrddin drehte sich um die eigene Achse und lauschte angestrengt in die Nacht. Weder ihr Schwirren noch ihre Stimmen waren zu hören und so rief er sie bei ihren Namen.
    Dann wartete er, betrachtete die hohe Halle seines Tempels und freute sich heimlich seiner Ankunft und seiner bisher gelungenen Reise.
    Es vergingen nur Momente, bis Elwe und Halvdan kamen. Sie schwirrten zu ihm heran und waren um den Seher besorgt, da sie sich keinen Grund vorstellen konnten, weshalb er sie gerufen haben mochte. Doch Myrddin konnte sie beruhigen und erkläre ihnen, daß er nun nach Lindisfarne wolle, von dem er annehme, daß sie südlich der Landungsstelle liegen müsse.
    Elwe erklärte, daß sie das Schiff noch nicht erreicht hätten, auf dem er die Menschen verlassen habe, und meinte, daß sie sobald als möglich nachkommen würden, wenn sie ihren Auftrag erfüllt hätten.
    Myrddin erkundigte sich bei Elwe und Halvdan, ob sie nicht vielleicht Virgo und Kent oder sogar einen seiner Freunde hören würden, was die beiden Elfen verneinen mußten. So nahm sich Myrddin sein Bündel und seinen Eschenstab und machte sich auf den Weg nach Süden, den Strand entlang, während Elwe und Halvdan zu Caspar zurückflogen, der bei dem Schlauchboot auf sie wartete.
    Der Seher dachte an seine vielen einsamen Wege, die er im Lauf seines Lebens gegangen war, in Undank und Verdammnis durch die Menschen, die ihn in Anspruch genommen hatte. Tralee und Brian waren in dieser Hinsicht anders gewesen. Sie hatten ihm geholfen und ihn unterrichtet. Brian hatte noch die Chance, an ihrem Leben zu arbeiten, und würde dies sicherlich auch tun wollen, und sie wird eine eindrucksvoll-bezaubernde Frau werden, die die Entbehrungen ihrer Klugheit zu erdulden haben wird, dachte Myrddin.
    Er war in seinem Norden und lief an der Küste Y Gogledds. Er wußte nicht, daß Northumberland zu England gehörte und daß der Hadrianswall, den er als Guaul kannte, längst nordenglisches Territorium war. Der neue Grenzverlauf zwischen England und Schottland war ihm nicht bekannt und er hätte nicht mit Sicherheit sagen können, wie die Nachfahren der Skoten und Pikten aussehen würden. Und so lebte und wanderte er in der Unkenntnis der neuen Grenzverläufe, die ihm ohnehin nicht länger bedeutend erschienen wären, da er sich aus einer staatenbildenden Beteiligung herausgezogen hatte. Was machte es für einen Unterschied, wo seine Berge und seine Wälder lagen? Er wußte, wo er sie finden konnte, und damit begnügte er sich. Und was machte es für einen Unterschied, welche Königs- und Herrscherhäuser sich heute ihrer rühmen sollten, da die Menschen nur eine künstliche Grenze auf einer Landkarte verschoben, dem Land aber niemals Herr geworden waren, wie Myrddin über sein Alter gelernt hatte. Was war die magische Faszination von einem Staatsterrain, von einer Nation, für die auch er damals gekämpft hatte? Die Welt ging ihren Gang. Sie setzte ihre Grenzen und zog sie enger um den Menschen, obwohl er sich die Illusion geschaffen hatte, sie bezwingen zu können. Mit diesem Irrschluß hatte er sich selbst ausgegrenzt und nahm es nicht wahr. Er hatte das Land kultiviert, wie er meinte, nahm aber nicht wahr, daß er der Natur nicht Herr werden konnte, sondern sie sich vor ihm zurückgezogen hatte – seinen Boden und seine Früchte

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