Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Glück hatte – nach Hobart, Van Diemen’s Land, deportiert werden. Mit noch mehr Glück würde er die sechs Jahre Sklaverei überleben und danach ein neues Leben beginnen, in einem Land, in dem jeden Tag die Sonne schien. Ein harter Preis , trotz Sonne!
Dandy sprang auf. Er trat vor die Flasche, die gegen die Wand prallte und zersplitterte. Er sah über seine Schulter zurück. »Du gehst mir auf die Nerven, Mann!«
Dann ging auch er.
Bernard fühlte sich so alleine, wie selten in seinem Leben. Er hatte sich ungerecht verhalten und ihm war zum Kotzen.
Der Raum war dunkel und unzureichend beleuchtet, deshalb erkannte er erst nicht, was geschah, als sich drei Männer durch die Tür schoben. Sie trugen etwas und keuchten dabei. Ihre Gesichter glänzten vor Schweiß.
Einer von ihnen, Brixton, grunzte Befehle. Sie trugen einen Mann.
Bernard sprang auf und ignorierte seine Schmerzen und die Übelkeit.
Strock!
Sie ließen den blutüberströmten Körper auf die Bohlen gleiten.
»Wir haben ihn nicht weit von hier gefunden. Niemand hat sich um ihn gekümmert, bis wir’s taten«, sagte Brixton.
Bernard beugte sich über den Hünen und legte seine Hand auf dessen Brust. »Er atmet«, sagte er und blickte zu den Männern hoch.
»Ja, er lebt! Irgendwer hat versucht, ihm die Kehle durchzuschneiden. Er hatte Glück. Ist knapp daneben gegangen. Aber er hat ‘ne Menge Blut verloren.«
»Wer war das?«, schnappte Bernard.
Die Männer zuckten mit den Achseln.
»Haste was zu trinken?«, fragte einer, den Bernard nicht kannte.
»WER WAR DAS?«, brüllte Bernard.
Die Männer zuckten zusammen. Einer machte vor seiner Stirn das Zeichen für bekloppt . Bernard sprang auf. Seine Finger verkrallten sich in den Wams des Bärtigen. »Wenn du was weißt, sage es!«
Brixton zog Bernard sanft zurück. »Was soll das, Berny? Er ist ein netter Kerl, lass‘ ihn in Ruhe. Er fand Strock. Er hat ihn am Stirnband identifiziert. Ohne ihn ...«
»Ist schon gut«, sagte der Bärtige. »Der Abgestochene is‘ dein Freund, richtig?«
Bernard nickte stumm. Er schämte sich. Vielleicht hatte Dandy tatsächlich Recht und er wurde wahnsinnig. Anstatt dem Juden zu danken, beschimpfte er ihn.
Strock grunzte schwach. Er bewegte seine Beine.
Bernard ging in die Hocke . Seine Finger strichen durch Strocks fettiges Haar. »Wer war das, Strock? Kannst du sprechen?«
Strocks Lippen bebten. Er rang nach Worten.
»Hab e keine Angst«, flüsterte Bernard. «Wir flicken dich wieder zusammen. Ich kenne einen guten Arzt. Einen Froschfresser. «
»Meggy «, hauchte Strock. »Hab‘ gesehen, wie sie mit ...« Er verdrehte seine Augen und stöhnte vor Schmerz en .
»Was ist mit Meggy?«, drängte Bernard.
»Hab‘ sie gesehen, aber sie mich nich‘.«
»Schlaf nicht ein, Strock! Was ist geschehen?«
»Meggy is‘ mit der Mätresse ...«
»Was ist Meggy, um Himmels Willen?«
»Lass ihn. Er braucht Ruhe . Wir müssen den Arzt holen «, sagte Morrison und legte Bernard seine Hand auf die Schulter.
»Strock, Strock ... ich will wissen, was geschehen ist«, ignorierte Bernard den Ratschlag.
Strock bäum te sich auf. Er sah fürchterlich aus. Über und über mit Blut besudelt. »Sie ... sind ... abgehauen.«
»Meggy und die Frau?«
Strock nickte schwach. Er grinste und entblößte seine Zahnlücken. Er atmete aus , und Bernard roch den Tod, der nach seinem Freund griff. »Meggy ... hat ... mich ... angegriffen. Hat mir ‘n Messer in die Kehle gerammt. Is‘ mit dem Miststück vom Blackhole weg.«
Vor Bernard drehte sich die Welt. Schweiß tropfte von seiner Stirn. »Meggy und die Frau sind gemeinsam weg , und Meggy hat dich so schwer verletzt?«
Er konnte, er wollte es nicht glauben.
Strock grinste breit und starb lange, sehr lange, wobei er nicht mehr ein Wort sagte, denn das böse Blut machte ihn sprachlos.
Bernard hatte Strock gemocht und erinnerte sich daran, wie Strock vor seiner Leidenszeit im Gefängnis gewesen war. Er hatte keiner Menschenseele etwas antun können, war ein Mann gewesen, auf den man sich blind verlassen konnte. Ein gutmütiger Bär, den alle gemocht hatten. Ein paar Äpfel, die er gestohlen hatte, hatten seine Seele zerstört.
Bernard starrte mit blinden Augen auf die Straße hinunter. Die Männer brachten – so unauffällig wie möglich und im Schutz der Torwege - Strocks Leichnam weg. Man würde ihn in einen Armensarg oder in einen Leinenbeutel legen und auf einem der Friedhöfe am Rande der Stadt
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