Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
reflektierte.
»Wir sind da. Wir sind im Inneren des Bösen«, murmelte Peter.
»Nein ...« Rita drückte seine Hand und öffnete blinzelnd und vorsichtig ihre Augen. »Es ist auch das Gute.«
»Wie so oft verstehen sich Gut und Böse nicht.«
»Ja, leider ...«, sagte Rita. »Nur der Himmel weiß, was diese Menschen bewirken könnten. Es gibt so viele Krankheiten, so viel Leid auf dieser Welt.« Sie blickte Peter an. »Gibt es denn keinen anderen Weg? Gibt es nur ein entweder ... oder?«
Peter zog hilflos seine Schultern hoch. Anstatt einer Antwort wies er über den Platz hinweg, der sich vor einer abschüssigen schneebedeckten Wand erstreckte, die so weit in die Höhe führte, dass man den Gipfel nur ahnen konnte. Auf dem Platz hatte man Satellitenschüsseln errichtet, ein Helikopter stand bereit, eine kleine Bühne war aufgebaut worden und vor einem Rednerpult lag ein dunkelblauer Teppich auf dem Schnee. Mitten auf dem Platz stand eine Art Altar.
Peter erklärte: »Dort liegt für gewöhnlich der Kristall und saugt das Sonnenlicht - die Energie auf. Da man den Kristall weggenommen hat, wird das Ritual schon begonnen haben. Sie küren wieder einige zu Oberen!« Seine blauen Augen bohrten sich in Ritas. »Noch kannst du gehen. Falls ich sterbe, wird der Einfluss, unter dem du stehst, beendet sein und du wirst darüber lachen, mich jemals geliebt zu haben. Du wirst bereuen, mir gefolgt zu sein. Ich bitte dich, Rita ... t ue es mir zuliebe: Warte hier, bleibe in Sicherheit.«
»Lass den Unsinn! Glaubst du, ich habe seit drei Stunden diese verdammte Wanderung gemacht, um jetzt aufzugeben?«
Peter schüttelte seinen Kopf, sein Blick verschleierte sich , und Trauer zeichnete sein Gesicht.
Er vermutet, dass er sterben wird!, dachte Rita. Er würde sich opfern, um die Pläne dieser Sekte zu vereiteln - und er will sich bestrafen. Welches düstere Geheimnis trug Peter mit sich herum?
Der Gedanke, Peter zu verlieren, war viel zu erschütternd, als das Rita ihn zu Ende denken wollte. Si e würde an seiner Seite bleiben und ihn notfalls mit ihrem eigenen Leben verteidigen. Himmel - sie waren zwei Verrückte, zwei Mäuse, die sich einem Rudel Raubtiere entgegen stellten!
»Sieh mal an, der verlorene Sohn kehrt zurück!« Der Mann in der blauen Kutte erhob sich von seinem Thron, breitete seine Arme aus und verneigte sich spöttisch grinsend. »Und er hat eine hübsche junge Dame mitgebracht!«
Rita traute ihren Augen nicht. Die Höhle wirkte wie ein überdachtes Fußballfeld, auf dem klein und verloren mehr als vier Dutzend in Kutten gekleidete Menschen beisammenstanden und aufgeregt tuschelten. Ihre Gesichter waren unter den großen Kapuzen kaum zu erkennen, trotzdem kamen Rita einige davon bekannt vor, und als sie zwei berühmte amerikanische Schauspieler unter den Anwesenden entdeckte, stockte ihr der Atem. Sie waren Stars, die normale Sterbliche bestenfalls auf der Kinoleinwand zu Gesicht bekamen.
Der untersetzte Mann schritt auf sie zu, das böse Grinsen wie eingemeißelt. Er blieb nur zwei Schritte vor ihr stehen, legte seinen kahlen Schädel schief und wischte sich mit der Handfläche über ein Amulett, das er vor seiner blauen Kutte trug.
Das musste er sein - der große Dragus! Er wirkte ganz anders, als Rita ihn sich vorgestellt hatte - weniger imposant, eher wie die missratene Karikatur des Schauspielers Danny de Vito. Aus dem Hintergrund schälte sich eine hochgewachsene Gestalt, die eine flammend e, rote Kutte trug. Er war, abgesehen von Dragus, der einzige, der barhäuptig war. Seine raubvogelartigen Gesichtszüge waren verzerrt vor Hass. Von diesem Mann hatte Rita geträumt.
Wir sind deine Freunde! Komme zu uns! Du wirst nie mehr alleine sein!, hatten die Traumstimmen gewispert.
Und nun war sie hier - genauso, wie es ihr der Traum vorher gesagt hatte, mit dem Unterschied, dass dieser Mann weder etwas Freundliches an sich hatte, noch Rita ihn sich als Freund gewünscht hätte.
Sie versuchte, Dragus’ Blick standzuhalten, obwohl ihre Furcht wuchs. Die Atmosphäre war beängstigend. Der Hagere stellte sich neben Dragus. War das Licitus, die rechte Hand?
»Hallo, Licitus«, sagte Peter. »Du hast dir ja viel Mühe gegeben, um mich zu töten. Aber wie du siehst, hat sogar Richard versa gt. Du wirst dich fragen, warum. I ch bin zu Euch zurückgekehrt, um Abbitte zu leisten. Ich weiß, dass ich einen Fehler beging. Richard wollte das nicht begreifen - er war ein guter und fähiger Mann. Nun ist
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