Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
scheute nicht davor zurück, kritische anders denkende Menschen zu töte n! So etwas konnte, durfte es einfach nicht geben! Das waren faschistoide, totalitäre Ideen, die nur einem verwirrten Geist entsprungen sein konnten.
Und wo war Peter?
Warum ließ er zu, was man ihr antat?
Sie hatte Angst und kam sich in diesem blauen Fummel unsagbar lächerlich vor. In ihrem Magen rumorte es, aschließlich war sie immer noch nicht auf einer Toilette gewesen. Das Gefühl der Unwirklichkeit nahm wieder Besitz von ihr, denn falls sich das alles als Realität herausstellte, würde sie in weniger als einer halben Stunde tot sein!
Ihr Verstand kreischte. So sehr sie sich gegen diese Vorstellung zu wehren versuchte, es war so klar, als blicke sie in einen kristallenen See, an dessen Grund ein widerwärtiges Monster lauerte, welches mit den Zähnen nach ihr schnappte . Sie war zum Tode verurteilt worden , und gleich würde man sie - auf welche Art auch immer! - hinrichten. Sie würde der grausige Bestandteil einer mysteriösen Zeremonie werden.
Unsichtbare Hände griffen sie, zerrten an ihrem Körper, ihre Zähne schlugen aufeinander wie Kastagnetten , und sie hatte Mühe, ihre Körperfunktionen unter Kontrolle zu halten. Schweiß schoss ihr aus allen Poren , und ihre Beine gaben unter ihr nach, sodass sie schwankte. Sie beugte sich vornüber und verbarg ihr Gesicht in den Handflächen, während heiße Tränen zwischen ihren Fingern hervorquollen. Der Weinkrampf endete so schnell, wie er gekommen war, statt dessen kroch nun widerliche Panik über Ritas Leib, peinigte sie mit quälenden Stichen, als würden tausend Ameisen Gift auf ihre Haut verspritzen. Sie hatte einmal gelesen, dass manche Delinquenten kurz vor ihrer Hinrichtung wahnsinnig wurden - sozusagen ein Trost, den das Gehirn der geschundenen Seele spendete. Davon war sie noch weit entfernt - im Gegenteil war ihre Angst so greifbar und real, dass es in jeder Faser ihres Körpers schmerzte und pochte.
Der Irrsinn dieses Augenblicks war so allumfassend, dass sich ein schleimiges Gemisch aus Panik und Hilflosigkeit wie eine muffige Decke über Rita legte. Vor ihren Augen verschmierten die unwirklichen Farben des von den Fackeln an die Wände geworfenen Feuerscheins, die Gesichter ihrer Wächterinnen verformten sich zu weich fließenden Fratzen und Dunkelheit trug sie davon.
Als Rita erwachte, lag sie auf einer Steinplatte in der Eishöhle.
Liebe Güte! Wie in einem B-Movie!
Die Prinzessin darbt auf dem Altar , und der Held kommt und rettet sie! Und über ihnen, nur durch eine Schicht Eis von ihnen getrennt, TV-Kameras und die Realität. Das war absurd, bizarr, grotesk …
Sie versuchte, sich aufzurichten, was nicht gelang, obwohl ihre Arme und Beine nicht gefesselt waren. Die eisige Wirklichkeit nahm mit solcher Heftigkeit von ihr Besitz, dass sie um Haaresbreite erneut in Ohnmacht gefallen wäre, zumindest drehte sich alles um sie herum , und höllische Kopfschmerzen rissen hinter ihren Ohren.
Wir erwürgen dich mit einer Kordel!
Es gelang ihr, den Kopf zu drehen und was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Um sie herum standen alle Jünger - auch die Schauspieler - und starrten sie erwartungsvoll an. Sie wirkten wie Holzspielzeug, das ein Kind in Reihe und Glied aufgestellt hat. Diese Regungslosigkeit machte die Szene gespenstisch , als stamme sie aus einem Gruselfilm von John Carpenter. Irgendwas aus den 80ern.
»Dein Name is t Rita. Du bist Amerikanerin «, hörte sie die Stimme von Dragus. Ihr Kopf fuhr herum. Direkt vor ihr ragte die Gestalt des Sektenführers auf. »Wir haben noch andere Amerikaner in unseren Reihen. Ihr scheint eine wirkliche Vorliebe für die Schweiz zu haben, ihr und diese Japaner.«
Rita spuckte aus.
Dragus lachte und tänzelte einen Schritt zurück. »Du scheinst eine mutige Frau zu sein, obwohl du offensichtlich durch die Furcht ohnmächtig wurdest.«
»Labern Sie nicht so geschwollen« , sagte Rita. Er hatte Recht. S ie hatte Angst, obwohl dieses Wort ihren Gefühlszustand ebenso wenig traf, als hätte man Dragus einen schönen Mann genannt. Sie hatte Panik und war beseelt von einer allumfassenden Furcht, die jedes Nervenende mit glühenden Schmerzen peinigte, Impulse, zwischen denen der Wahnsinn hervor kroch wie stinkende Kreaturen aus der Hölle. Andererseits regte sich in ihr ein Instinkt, der ihr gebot, nicht ohne Gegenwehr zu sterben. Sie würde sich wehren, wenn sie auch im Moment noch keine Ahnung
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