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Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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ihres Vaters. Noch ein oder zwei Jahre, und die Jungs werden verrückt nach ihr sein. Wenn sie es nicht jetzt schon sind.
    Die Tür schnappte hinter Grace zu.
    Linda reckte sich und ließ sich auf das Bett fallen. Es war hart und bequem. Sie spürte das sanfte Schaukeln der Karnak Dream unter sich. Es war ein ungewohntes und angenehmes Gefühl. Es war einschläfernd. 
    Ihrer Zerschlagenheit zum Trotz ging ihr diese Vogel-Mensch-Gestalt nicht aus dem Kopf. Himmel noch mal, wie konnte sie hier liegen, nachdem sie das tatsächlich erlebt hatte? Sie hatte die Begegnung mit einer Person gehabt, die zweifelsohne kein Mensch gewesen war. Sie hatte Dinge erlebt, von denen sie dachte, dass sie nicht existierten, es sei den in Mythen oder Märchen oder diesen unsäglichen Filmen. Sie war nur mit viel Glück einem Unglück entronnen. Und was tat sie? Sie lag auf ihrem Bett und versuchte zu schlafen.
    Mit einem Ruck schnellte Linda hoch.
    Was hatte die Stimme damit gemeint, sie sei auserwählt? Sie sei IHRE Mutter? Damit konnte nur Grace gemeint gewesen sein! Aber was hatte Grace mit diesen Stimmen, was hatte sie mit dem Vogelmenschen zu tun?
    Es wurde Zeit, dass sie noch einmal mit Brad sprach. Man konnte doch so etwas nicht einfach abtun.
    Linda sprang aus dem Bett und zog die Vorhänge zur Seite.
    Gleißend hell fiel die Mittagssonne in die Kabine. Sie reflektierte auf etwas Metallischem.
    Lieber Himmel - das konnte nicht sein!
    Hinter einer goldenen Maske hervor starrten sie zwei kohlenschwarze Augen an.

 
    Linda stockte der Atem. Oh Gott - sie wollte schreien, schreien! Stattdessen grunzte sie, stolperte zurück und taumelte gegen den Kleiderschrank.
    Die Maske ragte wie ein auf Glas gemaltes Bild über den unteren Rand des Fensters hoch. Dahinter zauberten Sonnenstrahlen Reflexe auf das Nilwasser. Linda hatte so eine Maske schon einmal gesehen. Sie hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit der des Tutenchamun oder einen der anderen Pharaonen, die man vor Jahrtausenden begraben hatte. Die Maske war unterteilt in schmale Reliefs, die mit blauer Farbe ausgelegt waren und das Gelb des Goldes betonten.
    Der Klimaanlage zum Trotz war sie umgehend in Schweiß gebadet. »Was bist du?«
    Tatsächlich zog sich die Öffnung zu einem Grinsen breit. Die schwarzen Augen waren wie glühende Kohlen. Die Ränder der Mundöffnung bewegten sich, schnappten auf und zu. Waren da dumpfe kollernde Worte vor der dicken Scheibe? Versuchte das Wesen, mit ihr Kontakt aufzunehmen?
    Ich bin sicher! Das da kann mir nichts tun. Es ist auf der anderen Seite der dicken Scheibe!
    Das Wesen konnte nicht zu ihr hinein. Es konnte die Fensterscheibe nicht überwinden. Das Fenster ließ sich von außen nicht öffnen. Man schob es, so wie sie es von amerikanischen Fenstern kannte, von unten nach oben auf. Die Griffe befanden sich innen.
    Es platschte, als das Wesen seine Handflächen an die Scheibe schlug. Graue Haut wellte sich vor dem Glas. Hagere Finger krallten sich zusammen. Schwarze Fingernägel machten tick, tick am Glas. Sie kratzten über die glatte Oberfläche und machten ein kreischendes Geräusch, als zöge jemand Kreide über eine Schiefertafel. Linda bekam eine Gänsehaut.
    Sie schloss impulsiv ihre Augen. Sie wollte sich fühlen wie ein kleines Kind. Siehst du mich nicht, sehe ich dich auch nicht! Als es hart an die Scheibe krachte, öffnete sie ihre Augen. Die Maske machte eine nickende Bewegung. Es war unzweifelhaft. Das Wesen begehrte Einlass und nutzte nun die Härte der Maske um die Scheibe zu zerschlagen.
    Woran, um Himmels willen, hielt sich das Wesen fest? Linda hatte schon einige Male den Kopf aus dem Fenster gestreckt und wusste, dass sich am Schiffsrumpf auf dieser Seite nur ein fingerbreiter Vorsprung befand, viel zu schmal, um Füßen Halt zu bieten. Schwebte ES?
    Linda wirbelte herum, riss die Kabinentür auf und war draußen im Gang. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss. Schwer atmend lehnte sie dagegen. Ein fröhlich pfeifender Tourist schlenderte an ihr vorbei, über die Schulter ein Handtuch, in der Hand eine prall gefüllte Badetasche. Im Vorbeigehen streifte sie sein Blick. Er stutzte und blieb stehen.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Es war ein älterer Herr mit schütterem Haar. Sein Bauch hing über einer viel zu kleinen Badehose.
    Linda verneinte.
    Er nickte zur Tür. »Haben Sie den Schlüssel drinnen vergessen?«
    Linda schüttelte den Kopf.
    Noch immer lief ihr der Schweiß in Strömen über den Körper und über das

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