Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Wasseroberfläche. Er ließ sie los und mit einem herzerfrischenden Lachen fiel sie zurück und tauchte unter.
»Ich kriege dich!«, quiekte sie und hastete hinter Brad her, der ihr eine lange Nase machte und mit einem Hechtsprung flüchtet. Er tauchte unter, machte einige Schwimmzüge und tauchte schnaubend wieder auf. Grace hastete hinter ihm her und tatsächlich bekam sie ihn zu fassen. Sie stemmte beide Handflächen auf seinen Kopf und tunkte Brad zurück in den Pool. Schniefend und schnaufend machte er sich frei und richtete sich auf wie ein Monster.
»Ha - ich werrrrde dich frrrressen«, gurgelte er und lachte.
Brad konnte so komisch sein. Richtig lustig. Da konnte man Stan, der aussah wie ein Filmvampir, fast vergessen. Aber auch nur fast. Schließlich war Brad schon uralt!
»He, kleine Lady.« Brad schniefte tausend Wassertropfen aus seinem Gesicht. »Wie wär’s mit einer Pause? Sonst kann ich morgen meine Knochen einzeln zählen.«
»Okay.« Grace stemmte ihre Hände auf den Rand des Pools und schwang sich auf den Rand. Ihre Beine baumelten im Wasser. Sehr genau beobachtet sie Brad. Er stieg die drei Stufen hoch und wischte sich seine dunklen Haare zurück.
Wenn ich Mom wäre ..., verlor Grace sich in Vermutungen. Ich würde keine Sekunde zögern!
Mom! Sie hatte sich hingelegt und ruhte sich aus. Das war gut so. Immerhin hatte sie Schlimmes erlebt. Ein paar Stunden Ruhe würden ihr gut tun. Grace seufzte und schwang die Beine über den Rand.
Brad machte es sich in seinem Liegestuhl bequem. Die Sonne brannte. Jedermann wartete, dass die Fahrt weiterging. Dass sich das Schiff endlich wieder bewegte. Sie wollten auf dem Nil fahren und nicht stundenlang im Hafen liegen.
Überhaupt war etwas sehr seltsam. Dann fiel es Grace auf. Sie waren seit drei Tagen auf diesem Schiff, und seitdem hatte sie noch nicht einen der anderen Touristen im Pool schwimmen sehen. Das war wirklich merkwürdig. Ja - bisher hatten nur Brad, Mom und sie im kristallklaren Wasser geplanscht. Mochten die anderen Frauen und Männer so etwas nicht? Grace amüsierte sich und musterte die Faulenzer aus den Augenwinkeln. Es waren ungefähr dreißig Männer und Frauen. Sie lagen in ihren Stühlen und schwitzten in der Sonne oder im Schatten unter den Sonnenschirmen. Hatte von denen denn niemand Lust auf eine Abkühlung?
Oh je!, dachte Grace. Wenn man sich die Gäste ansah, konnte man zu dem Schluss kommen, dass älter zu werden nichts Gutes verhieß.
Brad winkte ihr zu und erlöste sie von ihren deprimierenden Wahrnehmungen, die mit plötzlicher Wucht über sie hergefallen waren.
Grace ging zu ihm. Sie hatte die freie Auswahl. Drei Liegen waren reserviert. Auf einer davon lag Brad, die anderen zwei waren mit Handtüchern gekennzeichnet. Grace schwang sich in eine bequeme Position.
»He, Grace. Man hat den Eindruck, du schläfst mit offenen Augen.«
»Was weißt du eigentlich über die alten Ägypter?«, fragte sie.
Brad grunzte und drehte seinen Kopf. Feine Schweißtropfen glitzerten auf seiner Stirn. »Wenig. Warum?«
»Ich hatte heute einen seltsamen Traum.« Grace staunte darüber, dass sie Brad den Traum erzählte. Aber sie konnte nicht anders. Dieser Mann war - freundlich! Er hatte ihr sofort das »Du« angeboten und gesagt, er habe schon viel von ihr gehört. Grace hatte erwidert, dass auch sie schon viel von ihm gehört hatte. Immerhin arbeitete Mom schon seit einigen Jahren mit ihm zusammen. Sie hatten sich sofort verstanden.
Brad hörte aufmerksam zu. Hin und wieder schnellten seine Augenbrauen in die Höhe. »Dieser Hund, von dem du erzählst, ist in der ägyptischen Mythologie ein Totenwächter. Man nennt ihn Anubis. Er bewacht die Gräber der Pharaonen.«
»Und wer war ...« Grace überlegte. Der Name war so fern. »Sephrete - oder so?«
Brad grinste. »Keine Ahnung. Vermutlich eine Göttin oder wer weiß was.«
»Der Typ in meinem Traum hatte schwarze Fingernägel.«
»Damals hatte man andere Schönheitsideale als heute. Da waren schwarze Fingernägel überhaupt nichts Besonderes.« Brad richtete sich etwas auf. »Könnte es sein, dass auch deine Generation schwarze Fingernägel ziemlich angesagt findet?«
»Das war früher ... Grufties .«
»Früher?«
»Vor meiner Zeit.«
Brad seufzte und ließ sich auf die Liege zurückfallen. »Manchmal können Träume ziemlich verwirrend sein.« Wieder stahl sich ein nachdenklicher Zug auf sein Gesicht. »Manche Träume können so realistisch wirken, dass man meint, man
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