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Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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gelacht, zumindest so lange, bis ihre Mutter starb. 
    Mutter hatte die Familie überrascht. » Ich kann es kaum glauben, aber ich bin schwanger. «
    Mutter war nicht mehr jung und Vater starrte sie an, als sei sie ein Geist.
    Emily lachte und freute sich, und Richard grinste wie ein Schneekönig. » Ich kriege ein Brüderchen. «
    Das Kind kam tot auf die Welt, und Mutter überlebte die Geburt nicht.
    Danach änderte sich das Leben auf Gut Blackmore.
    Das Haus wurde kleiner, die Wände erdrückten Emily schier, und die nächtlichen Eskapaden ihres Vaters waren nicht angetan, sie glücklich sein zu lassen.
    Sie schreckt hoch, als sie den Schatten durch den Nebel kommen sieht. Er steigt vom Pferd und ruft nach Richard, der absatteln soll, sich aber nicht blicken lässt.
    Bei Gott, sie verabscheut diesen Mann.
    Seine Gestalt ist zu groß, sein Gesicht zu schön, seine Hände zu mächtig und seine Stimme zu laut. Seine Ausstrahlung ist wie ein Hammerschlag, und vieles von dem, was man sich über ihn erzählt, mag stimmen.
    Unsinn, sagt sie sich. Das sind Ammenmärchen. Er ist Besitzer mehrerer Güter, und noch nie hat jemand davon gehört, er habe eine Dienstmagd verführt oder sich anderweitig schlecht benommen, sogar wenn er spielt, trinkt er nur wenig und wurde noch nie berauscht gesehen.
    Sie erkennt, dass sie neugierig ist.
    Wer ist Clifford Gald wirklich?
    Sie richtet ihre Haare. Sie weiß, dass sie hübsch ist. Ihre Haare sind blond, lockig und schulterlang. Ihr Gesicht hat, was eine Seltenheit ist, reine Haut, ihre Nase ist schmal, ihre Lippen sind weich und ihre Augen groß und grün. Sie hat eine feine Figur, bei der sie sich das Korsett sparen könnte, ihre Brüste sind fest und ihr Bauch flach. Sie wäscht sich regelmäßig und reinigt sich sogar die Zähne mit Schlämmkreide. Obwohl sie auf dem Gut eines Schafzüchters lebt, hat sie viele Bücher gelesen, denn darauf legte Mutter wert.
    Sie kennt Shakespeare, hat sich an einfacher Philosophie versucht, liest regelmäßig in der Bibel und stellt vieles daraus in Frage, beherrscht die Schönschrift, kocht besser als viele andere Frauen und liebt die Handarbeit, vor allen Dingen den Stickrahmen, in den sie wunderschöne Bilder sticht. Sie reitet im Männersitz und schert ein Schaf in nur vier Minuten. Sie schießt Rebhühner wie ein Mann und zieht Kaninchen den Mantel aus, wie ein Koch. Sie fährt einen Zweispänner und tanzt wie eine Göttin, zumindest sagt man ihr das nach. Sogar ein paar Lieder auf dem Klavier spielt sie, nicht besonders begabt, aber immerhin ...
    Sie ist keine Dienstmagd.
    Und das wird Clifford Gald lernen müssen.
    Die Tür öffnet sich, ein kühler Wind weht durch das Haus , und die Hunde tapsen herein und werfen sich hechelnd vor den Kamin. Gald folgt ihnen und mustert Emily, die aufgestanden ist und ihr Kleid richtete. Von seinen hohen Reitstiefeln tropft Schlamm und beschmutzt den Boden. Er macht eine herrische Handbewegung, mit der er sie hinausjagt, aber sie regt sich nicht. Er legt den Kopf schräg und kräuselt die Lippen.
    » Damit habe ich gerechnet « , sagt er. » Ihnen ist klargeworden, wer Sie sind, nicht wahr? «
    Es scheint, als lese er ihre Gedanken, und das verunsichert Emily. Oder besitzt er so viel Menschenkenntnis?
    » Mich hätte gewundert, wäre es nicht so. « Er schüttet sich Whiskey ins Glas, hebt es vor die Augen und betrachtet sie durch die braune Flüssigkeit. Dann trinkt er und verzeiht das Gesicht. » Es wärmt, aber es schmeckt nicht. «
    » Dann sind Sie der einzige Mann in dieser Gegend, der keinen Whiskey mag. «
    » Stört Sie das? «
    » Nein, warum sollte es mich stören? «
    » Vielleicht weil es nicht zum Bild passt, das Sie von mir haben. «
    » Ich habe kein Bild von Ihnen « , lügt Emily.
    » Dann sind diesmal Sie die Einzige in dieser Region. « Er sieht sie an, und Emily weiß nicht, was sie sagen soll. » Bitte lassen sie mich alleine. Wenn ich Sie brauche, rufe ich. «
    Emily schnappt nach Luft.
    » Bitte gehen Sie. «
    Sie wollte so viel fragen, wollte aufbegehren, aber nun sieht er sie an, und in seinen Augen schimmert etwas, das Emily nicht begreift. Es ist ein feuriges Licht, das alles bedeuten kann, aber Zorn ist es auf keinen Fall. Also gehorcht sie und geht hinaus. Sie schließt die Tür hinter sich und überlässt Gald jenen Raum, in dem ihr Vater sich wohl fühlte. Die Tür springt auf. Sie dreht sich um.
    » Ihr Vater ist gut untergebracht. « Als sei es ihm soeben eingefallen.

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