Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
nicht in eine Statue verwandeln kann«, entgegnete sie und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen, als sie sah, wie sich sein Gesicht verfinsterte.
»War das alles, was Ihr wissen wolltet, Empousa? Ich muss nämlich zur Rosenmauer und die Grenze überprüfen.«
»Ja, ich hole die Frauen und treffe dich am Tor.« Den letzten Teil ihres Satzes musste Mikki ihm nachrufen. »Gern geschehen«, murmelte sie dann. Gott, er machte sie wirklich konfus! Im einen Moment wirkte er auf eine erregende Art gefährlich, und im nächsten war er plötzlich distanziert und zynisch. Es schien fast, als hätte er zwei völlig unterschiedliche Persönlichkeiten.
»Was für ein Unsinn …« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat keine zwei Persönlichkeiten, er ist ein Mann und ein Tier, und ich muss aufhören, ihn mir als jungen Marlon Brando mit Hörnern vorzustellen, und mir klarmachen, dass er kein Mensch ist.« Menschen einer anderen Rasse zu daten war ja völlig in Ordnung. Aber eine andere Spezies? »Also bitte, Mikado, reiß dich zusammen und kümmere dich einfach um die Rosen.« Seufzend ging sie los, den Pfad entlang, dem auch Gii ins Zentrum der Gärten gefolgt war. Sie wusste schon jetzt, dass dieser Tag nicht leicht werden würde.
Die Menge der Frauen teilte sich wie ein Meer zart gefärbter Blumen, um Mikki den Weg zu Hekates Tempel freizumachen, wo ihre Dienerinnen schon auf sie warteten. Viele der Frauen begrüßten sie, allerdings um einiges zurückhaltender als in der Nacht zuvor. Mikki hoffte, dass sie in der richtigen Stimmung zum Arbeiten waren. Sie stieg die Stufen zum Tempel empor, lächelte den Elementaren kurz zu und wandte sich dann der Menge zu. Bitte lass mich nicht so nervös klingen, wie ich bin, betete sie stumm. Sofort erklang aus ihrer Erinnerung Hekates strenge Stimme. Wenn du sprichst, ist es meine Macht, die antwortet. Der Gedanke stärkte ihr Selbstbewusstsein. Ohne auf ihre schmerzenden Muskeln und die vage Übelkeit zu achten, die sie einfach nicht loswurde, ließ sie ihren Blick über die Frauen schweifen und sah ihnen direkt in die Augen, während sie sprach.
»Die Rosen sind krank.«
Ängstliches Gemurmel lief durch die Reihen, und Mikki musste die Hand heben, um für Ruhe zu sorgen.
»Aber deswegen bin ich ja hier. Ich verstehe etwas von Rosen. Ich weiß, was sie brauchen, und mit eurer Hilfe kann ich sie wieder gesund machen.« Zufrieden nahm Mikki zur Kenntnis, wie aufmerksam die Frauen ihr zuhörten. »Als Erstes müssen wir sie düngen. Deshalb bitte ich euch, Dinge zu sammeln, die Rosen zum Gedeihen benötigen.« Sie machte eine Pause, um ihre Gedanken zu ordnen. Sie wusste bereits, dass ihr nur organisches Material zum Düngen und zum Schutz vor Schädlingen und Krankheiten zur Verfügung stand, und das war auch nicht unbedingt schlecht. Manchmal war der natürliche Weg der beste. Letzte Nacht hatte sie Schinken gegessen, also musste es hier irgendwo Schweine geben. Das war ein Anfang …
»Schweinemist«, sagte sie, und auf den erwartungsvollen Gesichtern um sie herum erschien ein kollektives Stirnrunzeln. »Es gibt hier Schweine, oder nicht?«
Ein paar Frauen nickten zögernd.
»Gut. Ich möchte, dass ihr den Mist von den Schweinen in Körbe füllt.« Mikki wandte sich Nera zu. Die Dienerin des Wassers sah sie mit großen Augen an. »Nera, gibt es in der Nähe ein Meer oder einen See?«
»Ja, Empousa, im Reich der Rose gibt es einen großen See.«
»Sehr gut.« Sie drehte sich wieder zu den Frauen um. »Ich brauche Fischköpfe, Eingeweide – alles, was ihr normalerweise wegwerfen würdet. Genau genommen …«, fuhr sie fort, als würden die Frauen um sie herum sie nicht mit offenen Mündern anstarren, »… genau genommen brauche ich alles verwesende organische Material, sowohl von Pflanzen als auch von Tieren. Gii, ich nehme an, dass der Wald außerhalb der Rosenmauer dicht und dunkel ist?«
»Das ist er, Empousa.«
»Dann sollte es auf dem Waldboden reichlich Lehmerde geben. Holt Eimer und Körbe und was ihr an Gerätschaften habt, mit denen wir den Boden um die Rosen herum auflockern und den Dünger in die Erde mischen können.«
»Aber wohin sollen wir das alles bringen, Empousa?«, fragte Gii.
»Oh, entschuldigt bitte.« Mikki sprach so laut, dass alle sie hören konnten. »Bringt die leeren und die mit Dünger gefüllten Körbe und auch die Gartengeräte zum Tor in der Rosenmauer. Dort werden wir anfangen.«
Niemand rührte sich.
»Am besten sofort«, sagte
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