Mythica Bd. 5 - Göttin der Rosen
danke dir für diesen wunderschönen Plan. Genau so etwas habe ich gebraucht, um die Frauen morgen zu organisieren.«
»Es war mir ein Vergnügen, Empousa.«
Sie lächelte und kehrte zu ihrem Stuhl zurück. »Ich würde mich freuen, wenn du mich Mikki nennst. Ich bin gern Hohepriesterin, aber es gibt Momente, da bin ich am liebsten einfach nur ich selbst.«
»Wenn es Euch gefällt«, antwortete er mit seiner tiefen Stimme. »Noch lieber möchte ich Euch allerdings Mikado nennen. Das ist eine wunderschöne Rose, und sie erinnert mich immer an Euch.«
Sein Kompliment freute sie. »Meinetwegen. Ich mag es, wie mein Name klingt, wenn du ihn aussprichst – als wäre ein Geheimnis in ihm verborgen.«
»Vielleicht ist es so«, meinte er.
»Vielleicht …«, stimmte sie zögernd zu. Wieder versank sie in seinem Blick, verlor sich darin …
»Ich muss gehen«, sagte er plötzlich, brach abrupt den Blickkontakt zu ihr ab und machte Anstalten aufzustehen.
»Noch nicht!« Mikki beugte sich vor, ergriff seine Hand, und als sie sich berührten, spürte sie, wie ein Ruck durch seinen ganzen Körper ging. »Bleib doch noch ein wenig und trink noch ein Glas Wein mit mir.« Als er sich wieder in seinen Stuhl zurücklehnte, ließ sie widerwillig seine Hand los und machte sich daran, ihre Weinkelche zu füllen. »Ich weiß, ich müsste eigentlich todmüde sein, aber meine Gedanken drehen sich im Kreis – was ich morgen tun muss, was ich heute alles nicht geschafft habe.«
»Ihr habt sehr viel geleistet, Ihr solltet Euch wirklich freuen.«
»Das tue ich auch. Nur kann ich es kaum abwarten, den Rest des Gartens zu bearbeiten.«
Er nickte. »Es ist wichtig, dass die Rosen sich erholen. Sie sind die Grundlage unseres Reichs und unserer Stärke. Es ist gefährlich, wenn es ihnen nicht gutgeht.«
»Kannst du mir sagen, was genau im Wald dir solche Sorgen macht?«
»Traumdiebe.«
»So hat Hekate sie auch genannt, aber ich habe keine Ahnung, was das bedeutet. Ich weiß nur, dass ihr und anscheinend alle Bewohner dieses Reiches sie für gefährlich halten. Ich habe es auch an den Frauen gemerkt, die im Wald gearbeitet haben – wie still und ängstlich sie waren, als sie zurückgekommen sind. Das habe ich begriffen, aber ich weiß nicht, was Traumdiebe eigentlich sind.«
»Traumdiebe nehmen verschiedene Gestalten an, je nachdem, wen sie sich als Opfer ausgesucht haben. Deshalb sind sie ja so gefährlich. Das Gesicht, das sie Euch zeigen, kann ganz anders sein als das, das sie einer Eurer Dienerinnen präsentieren würden.«
»Dann sind es also reale Wesen?«
»Sie können körperliche Form annehmen, ja.« Er hielt inne und musterte sie aufmerksam. »In Eurer alten Welt muss es doch auch Traumdiebe gegeben haben. Vielleicht wählen sie dort noch andere Formen.«
Mikki musste an die jungen Bandenmitglieder denken, die Stammgäste bei der Notaufnahme waren, bis sie unweigerlich im Leichenschauhaus oder im Gefängnis landeten; an die Statistiken, die Oklahoma als einen der Staaten mit der höchsten Zahl von Teenagerschwangerschaften und Kindesmisshandlungen auswiesen; an die hohe Zahl von Frauen in Oklahoma, die unterhalb der Armutsgrenze lebten.
»Ich glaube, du hast recht. In meiner alten Welt gibt es auch Traumdiebe. Junge Männer werfen ihr Leben weg, Mädchen durchlaufen den Teufelskreis von Misshandlungen, bis sie irgendwann keinen Ausweg mehr sehen. Jeden Tag passieren schreckliche Dinge.«
»Und was verursacht all diese Dinge?«
»Hass, Unwissenheit, Gleichgültigkeit«, antwortete sie.
»Genau. Und das sind nur einige der Traumdiebe, die im Wald am Scheideweg zwischen den Welten lauern. Wenn sie in unser Reich eindringen würden, könnten sie nicht nur das Leben seiner Bewohner zerstören, sondern auch die Träume, dank deren Generationen überleben.«
»Du lässt sie nicht herein, richtig?«
»Ich habe einen lebenslangen Schwur abgelegt, das Reich vor ihnen zu beschützen.«
»Du hättest mir das alles schon früher erzählen sollen.« Mikki schauderte, und bei dem Gedanken, dass sie darauf bestanden hatte, das Tor zu öffnen und die Frauen in den Wald gehen zu lassen, wurde ihr ganz flau im Magen. »Nein, es ist nicht deine Schuld. Du hast ja versucht, mir klarzumachen, dass es gefährlich ist, ich hätte auf dich hören sollen.«
»Du hast gedacht, es wäre das Beste für die Rosen. Es ist nichts passiert, ich war ja da, um das Tor zu bewachen. Ich werde immer da sein, um das Tor zu bewachen.«
»Aber wenn
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