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Mythor - 034 - Drachenflug

Mythor - 034 - Drachenflug

Titel: Mythor - 034 - Drachenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner K. Giesa
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Ghorogh schließlich ab.
    *
    Noch zuckte der Drache, aber er würde schon bald sterben. Vierfaust behauptete es. Das geschuppte Ungeheuer hatte sich in den Boden gebohrt wie ein Pfeil, als es abstürzte, nur mit unendlich mehr Gewicht. Mythor und Vierfaust hatten die Besitztümer Mythors und die Tiere vom Drachen heruntergebracht. An seiner Körperseite war es eine halsbrecherische Quälerei gewesen, zumal Mythor immer noch nicht vollkommen bei Kräften war.
    Zu zweit trugen sie endlich Dreifingerauge vom Drachen fort und in Sicherheit. Der Weise Große war kaum noch fähig, sich zu bewegen.
    Durch seine Magie hatte die Lichtglocke lange genug gehalten, um die Reisenden zu schützen. Erst als der Drache aufgeschlagen war, war die Glocke erloschen. Dreifingerauge lag jetzt völlig erschöpft da.
    Er stirbt, signalisierte Vierfaust.
    Mythors Kopf flog herum. Entgeistert sah er den Stummen Großen an. »Was?«
    Seine Kräfte sind erschöpft, zu lange musste er den Bestand der schützenden Magie sichern, teilte der Stumme ihm mit. Er wird sterben, in sehr kurzer Zeit.
    Mythor erbleichte. »Das ist unmöglich!« keuchte er erschrocken. Erst Mistra, jetzt Dreifingerauge… immer wieder opferten Menschen ihr Leben, um ihm zu helfen. »Ich will es nicht«, sagte er leise.
    Du kannst es nicht ändern.
    Blass sah Mythor den vor ihm liegenden Dreifingerauge an. Es war, als schimmere die goldene Robe nicht mehr, sondern sei jetzt matt. Die Schatten des Todes lagen über ihr.
    Da bewegte sich Dreifingerauge. Der Weise Große zerrte mit ersterbender Kraft die Vermummung beiseite, und dann geschah das Unfassbare. Seine Hände fassten zu, rissen den vor langer Zeit vernähten Mund auf…
    Kein Laut kam über seine Lippen, aber Mythor sah die großen Schweißperlen auf der Stirn des Weisen Großen. Das bräunliche Gesicht war bleich.
    Mythor erschauerte. Und der Stumme sprach!
    Es war mehr ein Lallen, denn seine Stimme war seit Jahrzehnten das Sprechen nicht mehr gewohnt. Ein Leben lang war er stumm gewesen, doch angesichts des nahenden Todes brach er das Tabu und sprach wieder. Es ging schneller als die Zeichensprache.
    »Vierfaust wird dich nach Sarphand bringen«, lallte der Sterbende. Seine Worte waren kaum verständlich, und Mythor musste sich bemühen, sie aufzunehmen und zu begreifen. Dreifingerauge keuchte heftig und kämpfte gegen den Erschöpfungstod. »Dort wird man dich in alle Geheimnisse einweihen und dich so wappnen für den Gang zu den beiden letzten Fixpunkten des Lichtboten… den Koloss von Tillorn und…«
    Der Tod riss ihm das letzte Wort von den aufgerissenen Lippen. Seine immer schwächer gewordene Stimme erstarb, als das Leben aus ihm wich. Sein Körper entspannte sich.
    Mythor stöhnte verzweifelt auf. Warum hatte wieder ein Mensch für ihn sterben müssen?
    Da riss ihn Vierfaust an der Schulter herum. Schnell weg hier! Der Drache! teilte er ihm hastig mit.
    »Der Drache ist tot, wie auch Dreifingerauge tot ist«, knurrte Mythor bitter.
    Aber der Schatten in ihm lebt und tobt, sagte Vierfaust. Wir müssen verschwinden, wenn wir überleben wollen!
    Mythor nickte. Er sah, wie der Schweif des Drachen zuckend herumwirbelte. Jeden Moment konnte er ihn und den Stummen Großen treffen. Der Krieger, stärker als zuvor, raffte seinen Besitz an sich, schob das Schwert Alton in seinen Gürtel und stülpte den Helm der Gerechten über seinen Kopf. Dann schwang er sich auf den Rücken Pandors. Auch Vierfaust saß rasch auf. Mythor trieb das Tier an. Über ihm flatterte Horus, und neben ihm hetzte Hark davon.
    Sie suchten das Weite. Irgendwann würde auch der Schatten vergehen, weil es kein Leben mehr gab, das er in sich aufsaugen konnte. Der Drache, soeben erst erwacht, verging, weil der Schatten sein Leben aufzehrte.
    Endlich hielten sie ein. Aus weiter Ferne beobachteten sie das Sterben des abgestürzten Ghorogh. Sein Flug hatte nicht lange gedauert.
    Und dann sah Mythor auf seine Brust hinunter. Dort war Fronjas Bildnis tätowiert, dessen Anblick ihm bisher in verzweifelten Situationen stets Kraft gegeben hatte. Früher als Pergament, dann als Tätowierung.
    Ein jäher Schreck durchfuhr ihn. Seine Brust war nackt und kahl – die Tätowierung war verschwunden! »Vierfaust!« schrie er verzweifelt. »Die Tätowierung!«
    Der Stumme Große sah ihn überrascht an.
    »Du hast sie mir genommen!« schrie Mythor. »Du! Warum hast du sie mir geraubt?«
    Vierfaust gestikulierte heftig. Aus seiner Zeichensprache ersah Mythor,

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