Die Rache. Thriller.
KAPITEL 1
Dienstag nachmittag
Megan fühlte sich ungeheuer glücklich.
Anfang des Monats noch war sie fast sicher gewesen, daß sie den Wrights nicht helfen konnte. Sie würden bestimmt all ihr Kapital, das sie sich gerade in Boston erspekuliert hatten, nach Hamden oder Dutches County schleppen und sich dort mit einem anderen Makler ihren kleinen Bauernhof als Alterssitz suchen. Als sie sich darüber den Kopf zerbrach, fiel ihr das alte Hallidayhaus an der North Road ein. Seit Jahren stand es leer, vermutlich seitdem die alte Mrs. Halliday gestorben war und ihre Erben, Nichten und Neffen, die in Los Angeles und Tucson wohnten, es ausgeschrieben hatten. Alle Makler der Gegend hatten ihre obligatorischen Besichtigungstouren in diese abgelegene Gegend gemacht, hatten das undichte Dach bemerkt, die alten Wasserleitungen, den Altersmoder, und waren zu dem Ergebnis gekommen, daß das Anwesen nicht zu verkaufen war, besonders nicht in einer Umgebung, die einen Bau-Boom erlebte. Danach wurde es vergessen, und der Wald verleibte es sich wie ein lange brachliegendes Feld ein.
Sie hatte die Wrights durch den Wald gefahren und war den letzten Kilometer durch weichen Schlamm bis zur Eingangstür geschliddert.
Spätes Herbstlicht durchbrach die Dunkelheit des Waldes mit besonderer Kraft, so als wolle es jedes der vertrockneten Blätter mit ihren Rissen und Runzeln einzeln ausleuchten. Die regennassen, dunklen Bäume waren vom Sonnenlicht getroffen worden, das schräg durch das Unterholz fiel.
»Nun wird Ihnen wohl klar, wieviel es hier zu renovieren gibt«, hatte sie gesagt, aber zu ihrer Erleichterung hatte das die Wrights nicht beeindruckt, offenbar wirkte auf sie das spätherbstliche Bunt stärker als das kommende Wintergrau. Fast gleich hatten sie zu planen begonnen:
»Hier muß ein Wintergarten hin und auf die Rückseite eine Terrasse. Mit dem Wohnzimmer, das wird kein Problem, sicher kann man die Seitenwand rausreißen …«
Sie redeten immer noch über die geplante Umgestaltung des Hauses, als sie in ihrem Büro das Angebot gegenzeichneten. Megan hatte ihnen, während sie den Scheck entgegennahm, Architekten, Bauleiter und Dekorateure empfohlen. Sicher würden die Wrights diese Empfehlungen aufgreifen und das Haus in ein Schaustück verwandeln. Sie hatten das Geld und die Voraussetzungen dafür, nämlich keine Kinder (nur einen irischen Wolfshund) und zwei große Einkommen sowie genügend Zeit.
Tatsächlich hatte sie dann auch an diesem Morgen den unterschriebenen Vertrag des Verkäufers auf ihrem Tisch vorgefunden.
»Nun ja«, sagte sie laut, als sie mit dem Auto in die Einfahrt ihres eigenen Hauses einbog, »das war auch für mich eine ganz lukrative Sache.«
Megan Richards bemerkte den kleinen roten Sportwagen der Zwillinge, der mal wieder so geparkt war, daß er teilweise den Weg zum Haus versperrte. Sie waren also zurück aus der High School und hockten wohl schon mal wieder am Telefon, Lauren am Zweitanschluß und Karen in Sichtweite im Nachbarzimmer, so daß sie sich bei ihren Dauergesprächen untereinander mit Blicken verständigen konnten. Sie hatten ihren eigenen Telefonanschluß, ein geringer Preis für den Frieden und die Ruhe, die dadurch ihren Eltern entstanden war.
Megan lächelte und sah auf die Uhr. Duncan würde erst in einer Stunde aus der Bank kommen, falls er nicht Überstunden machte. Sie nahm sich vor, mit ihm darüber zu reden, denn auf diese Weise verkürzte er die Stunden mit der Familie, vor allem mit Tommy. Die Mädchen hatten längst ihre eigene Welt gefunden, und solange sie sich nicht in schlechter Gesellschaft herumtrieben oder tranken oder kifften, hatten die Eltern nichts dagegen.
Wenn sie den Vater brauchten, wußten sie selbst, wie sie ihn am besten erreichen konnten. Einen Augenblick dachte sie über die besondere Beziehung zwischen Vätern und Töchtern nach. Bei Duncan war dies schon erkennbar gewesen, als die Zwillinge noch Krabbelkinder waren und sie zu dritt lachend und kreischend auf dem Boden herumrollten. Sie erinnerte sich, daß es mit ihr und ihrem Vater genauso gewesen war. Bei Vätern und Söhnen war es jedoch anders. Da gab es lebenslange Auseinandersetzungen und Wettstreit, Gebiet wurde verloren oder gewonnen wie im alltäglichen und so notwendigen Kampf ums Dasein.
Sie erblickte Tommys rotes Fahrrad, das er einfach ins Gebüsch geschmissen hatte.
Bei meinem Sohn ist aber alles anders, dachte sie be-kümmert. Nichts ist bei ihm so ganz nach der Norm.
Wie
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