Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten
spießte er den Hasen auf einen daumendicken Ast. Eine Doppelgabel aus Zweigen war bald hergestellt, und nach kurzer Zeit lag über der Lichtung eine Duftwolke, die Mythor das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.
Ab und zu spähte er unauffällig hinüber zu den Büschen des Unterholzes. Noch rührte sich da nichts.
Der Sohn des Kometen aß und trank mit Genuss, dann rollte er sich neben dem leise knisternden Feuer zum Schlafen zusammen.
*
Sie kamen wie aufs Stichwort. Es mussten mindestens zehn sein, also ein ansehnlicher Haufen, mit dem Mythor seine liebe Not haben würde, wenn es zum Kampf kam. Mythor konnte sie hören, als sie sich näherten.
Anfänger, dachte er.
Sie stapften heran, als wollten sie den Weg festtreten. Ihr keuchender Atem war weithin zu hören, und zu allem Überfluss näherten sie sich auch noch von der Windseite, so dass ihr Schweiß- und Schnapsgeruch Mythor in die Nase steigen musste .
Mythor war nach dem ersten knackend zertretenen Zweig hellwach. Pandor gab ein schwaches Geräusch von sich.
»Ruhig!« sagte er. »Mit dem Gesindel werde ich fertig.«
Er formte seine Bettrolle so, dass sie im Schein des Feuers einer menschlichen Gestalt glich, dann schlich er sich in Deckung.
In unmittelbarer Nähe des Schläfers wurden die Räuber ein wenig leiser, doch zu laut für dieses Gewerbe waren sie allemal. Einer schien der Anführer zu sein, seine Befehle überschlugen sich, und sie kamen, wie Mythor deutlich hören konnte, vom Ende der Gruppe.
»Macht ihn nieder!« sagte dieser wackere Anführer.
Mythor grinste still in sich hinein. Er konnte sie genau sehen, die Schrecken des Waldes, wie sie sich heranschlichen. Sie trugen Schwerter und Keulen, aber weder Speere noch Bögen. Das war beruhigend, gab es doch Mythor die Zuversicht, dass er es mit dem Haufen im Nahkampf werde aufnehmen können.
Der Tapferste der zwölf – so viele waren es, wie Mythor leicht zählen konnte, weil sich die Gruppe deutlich gegen den Halbmond abzeichnete – pirschte sich an den Schlafenden heran.
»Da, nimm!« schrie er und rammte der Bettrolle die Klinge in den Leib.
»Mit Vergnügen«, sagte Mythor und trat vor.
Eine Handbewegung genügte, die Fackel aufzunehmen und in den Reisighaufen zu werfen, den Mythor vorsorglich gesammelt hatte. Nach ein paar Augenblicken loderten die Flammen hell auf und leuchteten die Szene aus.
»Wir sind verloren!« schrie einer der Banditen.
»Macht ihn nieder!« brüllte der Anführer aus dem Gebüsch heraus. »Erschlagt ihn, es ist nur einer. Und dass mir keiner das Einhorn verletzt.«
Die Meute erholte sich zusehends von der Überraschung. Es waren junge Burschen. Irgendwie taten sie Mythor sogar leid – sie würden es in dem Gewerbe nicht weit bringen.
Indessen war die Tatsache, dass es sich offenkundig um Stümper handelte, keine Gewähr dafür, dass der Haufen nicht doch in der Lage war, Mythor ans Leben zu gehen. Sehr viel Rücksicht auf das Leben ihrer Opfer nahm diese Bande nicht, das stand zweifelsfrei fest – es gab an den zerlumpten Burschen grausigen Schmuck zu bewundern, Trophäen des Abscheus.
»Was wollt ihr?« fragte Mythor.
Er lauschte angestrengt hinter sich. Noch war keiner auf die Idee gekommen, ihn vom Rücken her zu behelligen. Und wenn, würde Mythor ihn hören – er hatte zwischen den Sträuchern genügend trockene Zweige ausgestreut.
»Wir sind Räuber!« sagte einer der Einfaltspinsel, ein Klotz von einem Kerl, groß, stiernackig, rothaarig, mit blauen Augen und zum Bersten gefüllt mit Dummheit. Die Muskeln allerdings, die er augenfällig spielen ließ, waren nicht zu verachten.
»Das merke ich«, sagte Mythor. Zwei Gefühle stritten sich in ihm – der Ärger darüber, dass es mit dem Nachtschlaf einstweilen nichts wurde, und der insgeheime Spaß, sich mit dieser Horde von Tröpfen und Einfaltspinseln amüsieren zu können.
»Wir werden dich erschlagen«, sagte der Rotschopf wichtigtuerisch.
»Davon wiederum merke ich nichts«, sagte Mythor und lächelte. Aha, da näherte sich schon ein tapferer Meuchler… Es knackte unüberhörbar.
»Ergib dich, oder du bist des Todes«, sagte ein hagerer Bursche neben dem Rotschopf. Ihm fehlten das linke Auge und eine ansehnliche Schar seiner schwarzen Zahnstummel.
»Und wenn ich mich ergebe, was dann?«
»Dann nehmen wir dir alles, was du hast«, antwortete der Rotschopf. Er schielte zwischendurch gierig zu dem Braten hinüber, den Mythor übriggelassen hatte.
»So ist das«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher