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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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zurückkommen.«
    »Glaube ich nicht«, sagte sie wieder. »Unmöglich.«
    Er war pikiert.
    »Willst du wetten?« fragte er.
    »Mein lieber Robin« - sie machte eine müde Bewegung -, »hab’ ich überhaupt Geld, um wetten zu können?«
    Sie spielte wie gedankenlos mit ihrer Brosche, und er biß an.
    »Ich setze tausend Pfund gegen deine Kamee, daß mir die Reise hin und her gelingt«, sagte er. »Es würde mir einen diebischen Spaß machen. Schon der Gedanke wirkt belebend.«
    Sie sah ihn lange an, ohne ein Wort zu sprechen.
    »Tausend Pfund gegen meine Kamee - ich habe tausend Pfund sehr nötig! Ich nehme die Wette an, Robin!«
    Während dieser ganzen Zeit kombinierte sie mit einer Schnelligkeit, die ihn verblüfft hätte, wenn ihm ihre Gedanken sichtbar gewesen wären.
    Robin machte sich am nächsten Morgen um fünf, kurz nach Tagesanbruch, auf den Weg. Aber Lady Georgina und ihr Sohn waren schon mit dem Nachtexpreß unterwegs nach Chicago. Dort war sie mit einem höheren Polizeibeamten befreundet, der jeden Halunken im Staate Illinois persönlich kannte.

NACHSPIEL
    An der Rückfront des Hauses von Lord Rochford zieht sich eine breite Veranda entlang - sein Haus ist leicht an den großen blauen chinesischen Vasen zu erkennen, die mit blühenden roten Geranien gefüllt sind und vorne an der Balustrade stehen. Von diesem herrlichen, zum Träumen wie geschaffenen Fleck hat man die Aussicht über den Ottawafluß und sieht in der Ferne die Silhouetten der beiden architektonisch modernen Türme von Notre-Dame.
    Es war wieder ein Beweis von Robins Sonderlingsnatur, daß er so weit weg von Rideau Hall wohnte, das doch als Mittelpunkt von Kanada gilt. Sein Haus war ziemlich weit entfernt vom Ministerium, und doch schlief er jetzt jede Nacht dort auf einer Couch in seinem Büro.
    »Was lächerlich ist!« sagte Oktober.
    »… anständig sein, ist meine Lieblingsschwäche«, gab er zu.
    Hierauf runzelte sie ihre Stirn.
    »Nicht daß ich etwas dagegen habe, in diesem prachtvollen kleinen Haus zu wohnen«, sagte sie, »besonders jetzt, wo ich schon daran gewöhnt bin, daß es überall nach Tabak riecht - aber ist es nicht eigentlich töricht, daß du es nicht auch tust? Elsie oder Marie, oder wie sie heißt, die Jungfer, die du gestern engagiert hast, fängt schon an, über unsere ehelichen Schwierigkeiten zu schnattern: wenn ich es zuließe, würde sie mit mir Mitleid haben.«
    »Es ist eben eine langwierige Geschichte«, sagte er. »Ich muß so furchtbar hinten herum meine Erkundigungen einziehen, aber verheiratet sind wir, davon bin ich überzeugt.«
    »Warum dann wieder heiraten?«
    Er zog seinen Stuhl dicht an den ihren heran - sie saßen auf der Veranda. Es war die Stunde, in der die Zwillingstürme der Kirche im Licht der sinkenden Sonne golden wurden und der Ottawafluß wie ein türkisfarbener Nebelstreif aussah.
    »Ich habe sagen hören, daß es Frauen gern haben, sich an ihren Hochzeitstag zu erinnern, ihr Hochzeitskleid in Lavendel wegzulegen und in Zedernschachteln gewisse Blumen getrocknet aufzubewahren.«
    »Na, und?«
    »Männer lieben es auch, Erinnerungen zu haben«, meinte er sanft. »Aber ich kann ja nicht einmal das blaue Auge aufbewahren, das ich an unserem Hochzeitsabend trug! Und wenn es mir auch möglich wäre, mit eifrigem Suchen etwas Sumachgift aufzutreiben, und wenn ich mich auch eine Woche lang nicht rasierte, so daß ich mir eine getreue Fotografie des Bräutigams verschaffen könnte, so fehlte mir doch immer noch die Erinnerung an die Zeremonie.«
    »Du warst grauenvoll«, sagte sie nachdenklich. »Du sahst aus wie ein Strolch, und du warst ein Strolch, und du warst -«
    »Betrunken«, seine Stimme war ernst. »Ich gebe es zu. Das ist es ja gerade, was ich sagen will. Ich möchte einmal in meinem Leben nüchtern getraut werden.«
    Oktober betrachtete ihn interessiert.
    »Es ist schwierig, sich deiner zu erinnern - selbst daran, wie du bei Miss Ellen warst. Als ich dich heute morgen so aufgeputzt sah, mit diesen goldenen Dingern auf deinen Schultern, konnte ich mir gar nicht vorstellen, daß du einmal ein Hemd gewaschen oder dir die Uhr einer Dame geliehen hast, um einen alten Anzug zu kaufen. Hast du an Miss Ellen geschrieben?«
    Er nickte. »Hast du irgend etwas geschickt?«
    »Ich habe ihr das, was ihr Vater auf dem Totenbett unterschrieben hat, zurückgeschickt«, sagte er ruhig. »Ich brauche es nicht mehr, und es hätte seinem Andenken schaden können.«
    »Hast du ihr etwas geschickt?«

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