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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Zweck hergestellt worden, so hätte sie nicht besser passen können. Mit einigen wuchtigen Schlägen trieb er sie durch die Ösen des abgerissenen Riegels. Robin hörte das Hämmern, erriet dessen Bedeutung und sprang zur Luke; er versuchte, sie zurückzureißen, aber sie gab keinen Zoll nach.
    »Leg deine Hände über die Ohren«, flüsterte er.
    Und dann hörte er vom Verdeck über sich die verhaßte Stimme.
    »Hallo, ›Penner‹!«
    ›Rotbart‹ lag flach über der Luke und machte aus seinen beiden Händen eine Trompete.
    »Glaubst du, daß du auf dieser Reise nach Kanada kommst? Beim Satan wirst du landen!«
    Neben ›Rotbarts‹ Ellenbogen splitterte das Holz und flog hoch. Eine zweite Kugel streifte die Spitze seines Ohres … sein Gesicht schmerzte an ein Dutzend Stellen von den Holzsplittern. Er sprang mit einem Wutgebrüll auf die Füße und zog rasch seinen Revolver. Vor ihnen lag eine weite Wasserfläche, und im Augenblick, als ›Rotbart‹ feuerte, wurde der Schlepper vom schnellströmenden Wasser des St.-Lawrence-Stroms gefaßt und herumgedreht. Vom Deck des kleinen Dampfers schrie ihm der Kapitän aufgeregt etwas zu; die Sirene heulte, aber ›Rotbart‹ hörte nicht, noch begriff er. Halb wahnsinnig vor Wut tanzte er auf dem kleinen Deck auf und nieder und fuchtelte mit seinem Revolver.
    »Dich krieg’ ich schon … Dich krieg’ ich schon!«
    Der Revolver knallte, aber jetzt hatte Robin mit dem Mädchen hinter dem dicken Brett Deckung genommen.
    »Nach achtern!« An dem erschreckten Bud vorbei verschwand der Bandit in der kleinen Kajüte. Der Steuermann hörte das Krachen der umgeworfenen Werkzeugkiste, und dann erschien der Verbrecher wieder mit einer verrosteten Axt in der Hand.
    »Um Gottes willen, Boß, was haben Sie denn vor? Das kostet mich meinen Posten!«
    »Aber ›Rotbart‹ schob ihn beiseite. Der Schlepper keuchte gegen den Strom; das Kabel, das den Kahn hielt, war straff gespannt. Mit zwei Schlägen durchhieb er es und ohne Zaudern warf er sich hinunter in den breiten flachen Boden des Kahns. Die Axt schlug in das Holz. Als er sie wieder herauszerrte, riß er ein dünnes Bodenbrett los. Darunter sah man die Rippen des Bootes, seine schwarze, verwitterte Außenwand.
    Bud tanzte hin und her, drehte das Ruder erst in der einen Richtung, dann in der anderen, zitternd vor Todesangst, während der Kahn kreisend mitten in den Strom hinaustrieb. Die Axt war nutzlos, das eingedrungene Wasser stand bereits zu hoch. ›Rotbart‹ kletterte aufs Vordeck hinauf, suchte die kurze Brechstange, fand sie, kehrte nach unten zurück und stemmte sie durch das Wasser gegen den Boden des Bootes.
    Erst jetzt begriff der schwarze Steuermann, was der andere vorhatte. Er ließ das Ruder mit einem Schrei fahren und sprang mit einem wilden Satz in den Kielraum.
    ›Rotbarts‹ Rücken richtete sich auf, und sein Revolver schoß hervor.
    »Neger, bleib, wo du bist!«
    »Um Gottes willen, Boß … Ich kann ja nicht schwimmen.«
    »Zurück mit dir, schnell!« Er feuerte in der Richtung der schwarzen Beine, und Bud kletterte mit einem furchtbaren Geheul nach oben.
    Das Holz war alt und morsch; jeder Stoß des scharfen Brecheisens bohrte sich tief hinein. Keuchend und in Schweiß gebadet, der bei dieser ungewöhnlichen Anstrengung über sein Gesicht herabrann, schob ›Rotbart‹ die Stange hinunter und spürte, wie sie durch die Fugen drang. Geräuschvoll gluckerte Wasser herauf. Er stieß wieder zu, brach eine Planke los … Das Wasser stand schon über seinen Knöcheln, als er auf das Achterdeck kletterte.
    Er schob den vor Schreck erstarrten Steuermann beiseite und richtete das Ruder so, daß die Barke gegen das Ufer trieb. Der Kahn rollte seitwärts und drehte sich mehrmals um sich selbst, erst mit dem Heck nach vom, dann mit der Breitseite dem Strom zu, aber jedenfalls trieb er gegen das dunkle Ufer. Im Kielraum stieg langsam das Wasser und trug die Bretter des Zwischenbodens mit sich.
    »Ich kann nicht schwimmen, ich kann nicht schwimmen«, schluchzte Bud.
    »Halt’s Maul«, fuhr ihn ›Rotbart‹ wütend an. »Wenn wir am Ufer anstoßen, spring!«
    Näher und näher gegen das Ufer kreiste das lecke Fahrzeug. Es war derart leck, daß es schon nicht mehr dem Ruder gehorchte. ›Rotbart‹ kalkulierte schnell und rechnete sich aus, daß die beiden in der Vorderkoje jetzt bereits bis zur Hüfte im Wasser stehen müßten. Ein noch stärkerer Strudel faßte sie und drehte das Achterende des Kahnes bis auf wenige

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