Nachruf auf eine Rose
sehr neugierig und alles andere als leichtgläubig, wie Alan uns das glauben machen wollte.»
«Er ist eben ein Wainwright, da kann er nur ein elender Scheißkerl sein. Als wir uns damit einverstanden erklärten, dass er, wenn Alan im Ruhestand wäre, sein Nachfolger als Geschäftsführer werden sollte, hatten wir eigentlich angenommen, dass der Alte den Posten von George als Vorsitzendem einnehmen würde, um seinen Neffen in Schach zu halten. Jetzt ist er tot, und ihr müsst selbst dafür sorgen. Ich werde euch beide in den Vorstand bringen.»
James wartete, welche Reaktion seine Worte auslösen würden. Keiner von den beiden war aus demselben Holz geschnitzt wie ihr Vater, und in einem plötzlich aufkommenden Gefühl der Wehmut vermisste er seine alten Partner. Mit Alans Tod war er der einzige Überlebende aus der alten Garde, die seinerzeit Wainwright Enterprises umstrukturiert hatte, so dass es ihren Zwecken dienlich war. Fred Doggetts Vater hatte im stattlichen Alter von neunzig das Zeitliche gesegnet und damit einem Schwächling von Sohn, der in seiner Freizeit mit kleinen Jungen spielte, die Buchhaltung übertragen. Einen Monat später war Jeremys Vater einem Herzanfall erlegen.
«Ich glaube nicht, dass ein Sitz im Vorstand eine angemessene Lösung darstellen würde, James. In meiner Eigenschaft als euer Buchprüfer würde ich nur misstrauische Blicke ernten.»
«Da könntest du Recht haben. Was ist mit dir, Jeremy?»
Der Rechtsanwalt errötete und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Kristallglas.
«Ich, also … Wir sind ziemlich eng miteinander verbunden, und als Rechtsbeistand von Wainwright …»
«Ich verstehe. Kein Interesse.» James hatte gar nicht erwartet, dass einer von ihnen so eng mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden wollte, er hatte nur die Probe aufs Exempel machen wollen. Schwungvoll stellte er sein leeres Glas auf den Beistelltisch und erhob sich, um zu gehen.
«Wir tun erst mal gar nichts. Warten wir ab, wie er sich macht. Fred, du schaust ihm auf die Finger, und Jeremy, du kümmerst dich um seine reizende Gattin. Das dürfte keine zu schwierige Aufgabe sein, nicht einmal für dich!»
Ohne ihre Antworten abzuwarten, wandte er sich um und überließ sie ihrem Feierabend, der sowohl von den Geistern der Vergangenheit als auch von der Furcht vor einer ungewissen Zukunft überschattet sein würde.
9B 3
Graham zog einen vergoldeten Polsterstuhl heraus, und Julia nahm graziös darauf Platz. Gegenüber am Tisch rückte Colin Jennys Stuhl zurecht, ließ sich selbst schwer auf einen Stuhl daneben sinken, hob sein Glas und nahm einen großen Schluck Martini mit viel Gin.
Das Restaurant war gut besucht, doch das Stimmengewirr um sie herum entschädigte für die lange Wartezeit, denn die Geräuschkulisse gestattete ihnen eine Unterhaltung ohne ungebetene Zuhörer.
Graham bestellte Champagner und lächelte, als er die missbilligende Miene seiner Tante gewahr wurde.
«Vater zu Ehren. Nach dieser Gedenkfeier wäre das ganz in seinem Sinne, und wir wollen doch wenigstens etwas für den alten Dreckskerl tun.»
«Es war sehr …», Julia suchte nach Worten, «bescheiden.»
«Der Gottesdienst war in Ordnung. Ich denke, Alexander hat gut daran getan, es in einem kleinen Rahmen zu halten. Die Beerdigung ist schließlich erst drei Wochen her. Es war dieser schreckliche Leichenschmaus, der mir zugesetzt hat. Schaumwein und Schinken-Sandwiches, du meine Güte!»
«Das dürfte auf Sallys Konto gehen, sie ist unglaublich geizig.» Julias Tonfall verriet ihre Gefühle.
«Du magst sie wohl wirklich nicht, Tante Julia?»
«Ich finde sie abscheulich. Ein billiges, kleines Flittchen mit Flausen im Kopf, das ist sie.» Julia zog Graham dichter zu sich heran und senkte ihre Stimme.
«Ich bin überzeugt, sie … Wie soll ich es vornehm ausdrücken?» Julia machte eine Pause, offensichtlich unangenehm berührt von dem Gedanken, den sie in Worte kleiden wollte. «Also, Graham, offen gestanden, ich glaube, sie hat deinen Vater dazu verführt, sein Testament zu ändern.»
«Interessant. Ein paar seiner Freunde versuchten mich davon zu überzeugen, dass es auf keinen Fall Selbstmord gewesen sein konnte.»
«Es wird wohl kaum ein Unfall gewesen sein!»
«Ganz meine Meinung.»
Julia warf Graham einen anerkennenden Blick zu, dann beugte sie sich noch ein wenig weiter zu ihm herüber und flüsterte ihm ins Ohr: «Es war also kein Selbstmord …?» Sie verstummte, als ihr bewusst wurde, dass Graham
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