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NachSchlag

NachSchlag

Titel: NachSchlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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Durst fast umkam und sowohl Speise als auch köstlich erquickendes Wasser dicht vor der Nase hatte, beides ihm jedoch gnadenlos jedesmal, wenn er danach haschte, entzogen wurde.
    Und doch – damals fühlte ich mich ein wenig so, wie er sich gefühlt haben musste, dieser Tantalus.
    Mein ganz spezielles Problem, das mir diese Qualen verursachte, bohrte sich von Tag zu Tag tiefer in mich hinein und beschäftigte mich immer umfassender.
    Es hatte allerdings nichts mit der Nahrungsaufnahme und nichts mit Getränken zu tun. Allerdings ging es um etwas ähnlich Lebenswichtiges, ich glaube, der geneigte Leser errät das schon.
    Es war manchmal wie ein Traum, der mir im Aufwachen entglitt.
    Wie etwas, das mir auf der Zunge lag, aber einfach nicht über die Lippen kommen wollte.
    Es war eine schattenhafte Gestalt, von der ich gerade noch einen Mantelzipfel wahrnahm, aus dem Augenwinkel … die vor mir flüchtete, die ich um die Ecke herum verfolgte und GLEICH eingeholt haben würde … bog ich aber um diese Ecke, war sie weg.
    Wie ein Gesicht in der Menge, das sich beim Näherkommen auflöste in Hunderte, ja Tausende lächelnder Münder und leuchtender Augen, so dass es nicht mehr auszumachen war …
    Oh, dieser Druck. Es war, als sei ich ein Vulkan, eben vor dem Ausbruch, der nur noch nicht wusste, ob er Konfetti, glühende Lava, Glasperlen oder kleine gefiederte Pfeile himmelwärts schleudern sollte.
    Ich stand schon seit Jahren ratlos vor einer Tür mit einem kunstvoll geformten, altmodischen, schmiedeeisernen Schloss … wohl wissend, dahinter befand sich ein für mich immens wichtiger Raum … doch in der Hand hielt ich manchmal ein Schlüsselbund mit unendlich vielen Schlüsseln, manchmal etwas total Unpassendes wie eine Banane oder einen Schuh, und ab und zu versuchte ich das Schloss mit meinem Finger zu knacken, was natürlich ebenso fehlschlug wie meine anderen Bemühungen.
    Kurz gesagt: Es war zum Aus-der-Haut-Fahren.

Tiefe Nacht oder Vor Tagesanbruch
    29. Oktober 2002
    Der Abend fing wirklich vielversprechend an. Mein Kollege lud mich zum Essen ein, war aufmerksam, ein bisschen frech, er roch gut, lächelte viel, machte mir leicht anzügliche Komplimente, bekam jedesmal, wenn er mir in den Ausschnitt schaute, noch etwas größere Augen (und mit Sicherheit einen Steifen) – kurz, er war voll im Jagdmodus. Und ich genoss es, seine Beute zu sein, ermutigte ihn mit schnellen versteckten Seitenblicken, scheuem Lächeln, Zurechtzupfen meines tief und rund ausgeschnittenen Shirts, um noch ein Stückchen mehr von meinem Brustansatz preiszugeben … denn ich war ausgehungert und sehnte mich nach Sex. Verdammt, ich wollte ficken.
    Ausgehungert, ja; auch ein bisschen aus der Übung und daher sehr verhalten – doch gerade das schien meinen Kollegen magisch anzuziehen. So dass ich die reizvolle Rolle der Scheuen, Unnahbaren einfach noch eine Weile weiterspielte, selbst nachdem ich eigentlich wieder in meine Flirtroutine hineingefunden hatte.
    Er hieß Frankie, war groß, schlank, dabei sehr athletisch, ein Sportler mit einem jungenhaften Grinsen – aber nicht seine äußeren Attribute waren es gewesen, die mich an diesem Abend in die eindeutig-zweideutige Situation in dem Restaurant des Nobelhotels hineinmanövriert hatten. Sondern seine vehement vorgetragene Aussage, er habe schließlich in seiner Heimatstadt K. eine feste Freundin. Intensiv versichert hatte er mir, dass er eine solche Fernbeziehung, bei der die Partner sich nur an den Wochenenden sähen, geradezu liebe, sie sei IDEAL für ihn, das halte die Liebe taufrisch und man würde sich nicht in Alltagsgewohnheiten erschöpfen, sondern … Während er mir im Sekretariat diesen Schmus auftischte, schaute er mich gleißend an, mit Augen wie polierte Untertassen, und die ganze Zeit stand auf seiner Stirn: »Ich will dich vögeln« geschrieben.
    Ah, ich fand sie köstlich, diese zur Schau getragene Treue-Moral. Diese durchdringende Verlogenheit. Genau das reizte mich, ließ meinen Füchsinnen-Blick auffunkeln – und der Funke sprang über.
    Ich war dann bloß ein kleines bisschen verblüfft, wie schnell es ging, wie blitzartig wir im Hotel landeten, nachdem ich ein einziges Mal vage Bereitschaft signalisiert hatte. Im Handumdrehen hatte Frankie alles organisiert.
    Er und ich arbeiteten zusammen bei einem Softwareprojekt namens QUASI, seit ein paar Monaten. Da herrschte die reinste Goldgräberstimmung, denn es ging darum, einen etwas unbedarften Kunden nach allen Regeln

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