Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
nicht sehen würde, aber so weit vorn, dass ich die Brise spüren konnte.
»Sonny kommt jeden Moment da drüben raus. Dann setze ich dich wieder ins Auto, bevor er dahinterkommt.«
Ich nickte. Er hatte einen Arm um mich gelegt und stützte mich mit der freien Hand, als ich mich an den Pfeiler lehnte.
»Es tut mir leid, Hope. Es tut mir wirklich leid. Es war übel, dir das anzutun, aber ich hatte keine Wahl. Wenn ich dir gesagt hätte, was ich vorhabe, dann wärst du jetzt meine Komplizin bei Paiges Tod. Das hätte ich dir niemals angetan.«
Und du glaubst, jetzt bin ich keine Komplizin? Ich habe sie zu dir gebracht.
Er betastete die tiefen Kratzer auf seiner Wange. »Ich hab jede einzelnen verdient. Und noch mehr. Aber wenn du mal drüber weg bist, wirst du verstehen, dass es einfach keine andere Möglichkeit gegeben hat. Sie ist jetzt auf der anderen Seite, und es ist alles in Ordnung. Nach allem, was sie hier für andere Leute getan hat – sie muss jetzt doch am besten Ort sein, den die dort haben. Und Lucas wird bald auch bei ihr sein, und sie können zusammen glücklich sein. Meinst du, die andere Möglichkeit wäre ihr wirklich lieber gewesen? Entführt und verängstigt und allein, und wenn sie endlich gerettet wird, stellt sie fest, dass der Mann, den sie geliebt hat, zu jemandem geworden ist, den sie nicht wiedererkennt? Sie ist so besser dran.«
Ich hörte keine Rechtfertigung in seiner Stimme. Er glaubte wohl wirklich daran, dass Paige im Tod glücklicher war und dass es nur eine Frage der Zeit sei, wann ich »drüber weg« sein würde.
Ich widerstand der Versuchung, ihn wegzuschieben und fest auf den eigenen Füßen zu stehen. Ich hätte es gekonnt. Die letzten Nachwirkungen des Betäubungsmittels waren verflogen, nachdem ich aufgewacht war. Ich hatte ihn hier draußen, allein, und jetzt musste ich nur noch …
Was?
Wegrennen? Wohin? Ihn umbringen und wie eine Trophäe bei der Kabale vorbeibringen, mich ihnen ausliefern?
Ich schämte mich dafür, aber es gab einen kleinen Teil von mir, der am liebsten gar nichts tun wollte. Einfach nur resigniert die Achseln zucken und mitmachen. Die Verantwortung abgeben. Das Gewissen ausschalten. Mich Jaz anschließen und an seine irrwitzigen Träume glauben.
Es war ein winziger Teil, aber ich musste sein Vorhandensein anerkennen. Das war es, was Karl mir letzte Nacht zu erklären versucht hatte. Ich konnte nicht einfach so tun, als gäbe es diesen Teil nicht. Ich hatte meinen Dämon, und er war ebenso wenig böse wie Karls Wolf. Er war einfach nicht menschlich. Ihm fehlte die Fähigkeit, andere als Wesen mit eigenem Bewusstsein zu begreifen. Er hungerte und begehrte und kannte nichts anderes, wollte nichts anderes als die Befriedigung seines Hungers und seines Begehrens.
Der Mensch in mir würde nie imstande sein, am Schauplatz eines Verkehrsunfalls vorbeizukommen und einen abgedeckten Körper dort liegen zu sehen, ohne einen Stich der Trauer über das verlorene Leben zu verspüren. Der Dämon aber sah nur, was er sich von diesem Tod verschaffen konnte: Chaos. Genau so wie bei dem Wolf, der nur eine bereits erlegte Beute sah. Nicht böse. Einfach nur nicht menschlich.
Wenn mir der Dämon jetzt ins Ohr flüsterte und mir mitteilte, es wäre doch einfacher, Jaz nachzugeben, das chaotische Festmahl anzunehmen, das er mir wie eine Opfergabe zu Füßen legte, dann konnte ich nicht einfach entsetzt sein über meinen Wunsch, es wirklich zu tun. Ich würde zuhören, ablehnen und mit dieser Entscheidung weitermachen müssen.
»Ah, da ist er ja! Machen wir besser, dass wir dich wieder ins Auto kriegen.«
Meine Gelegenheit ging gerade vorbei. War ich schon kräftig genug, um ihn bewusstlos zu schlagen? War ich überhaupt jemals kräftig genug, das zu tun? Das Element der Überraschung – das war meine einzige Hoffnung.
Ich ließ mich zurück zum Auto führen. Ich sah seine Pistole auf dem Vordersitz liegen; er musste sie dort abgelegt haben, als er mich hinten in den Wagen bugsiert hatte. Wenn ich die Tür aufreißen könnte, sie ihm vor die Brust knallen, die Waffe packen …
Das Aufblitzen von Reißzähnen. Ein Knurren, das an meinem Rückgrat entlangzustreichen schien. Ich erstarrte, einen Namen auf den Lippen. Karl. Ich sah mich um, aber natürlich war er nicht zu sehen. Eine Vision. Was bedeutete, dass er in der Nähe war.
»Hope?« Jaz’ Stimme. Seine Hand drückte meine, der andere Arm lag immer noch um meine Taille.
Wo ist sie?
Die gefauchte Frage
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