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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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sagte Sir Edward gedehnt, wobei er sich an einen Fenstersims lehnte.
    Alcy konnte sich gerade noch bremsen, bevor sie eine bissige Antwort gab. »Sir Edward«, sagte sie, »wenn Sie je geliebt haben, und ich meine, wirklich geliebt haben, sodass es sie bis in den Kern ihres Wesens trifft, dann verstehen Sie auch, in welcher Hölle ich mich befinde, jede Sekunde, in der ich hier stehe, während er … wo auch immer ist.«
    Sir Edwards Miene veränderte sich kaum. »Und was soll ich jetzt für Sie tun?«
    Alcy starrte ihn nur fassungslos an. Bot er freiwillig seine Hilfe an, oder verweigerte er sie? Und wie hatte er wissen können, dass sie seine Hilfe brauchte?
    Er lachte, als könne er Gedanken lesen. »Meine Liebe, ich war an praktisch jedem Hof in ganz Europa und in halb Asien zu Gast. Sie haben tapfer versucht, sich zu verstellen, und mit der Zeit lernen Sie es vielleicht ja auch noch – Gott behüte allerdings, dass sie dergleichen jemals brauchen. Tatsache ist jedenfalls, dass Sie in Sachen Intrigen eine Anfängerin sind. Die einzigen Menschen in diesem Raum, denen nicht klar ist, worauf sie es angelegt haben, sind Mr. Roux, Mr. Boyd und einige wenige Leute aus dem Gefolge des Sultans, die weder Benehmen interpretieren noch Englisch verstehen können.«
    »Oh«, sagte Alcy und kam sich sehr dumm vor. Sir Edwards Gesicht erschien ihr nicht länger offen und wissbegierig. Genau genommen, war seine Miene unergründlich, von einem gelegentlichen Zucken der Mundwinkel einmal abgesehen.

    »Meine Frage an Sie lautet also: Was soll ich Ihrer Ansicht nach tun, und warum sollte ich das astronomische Risiko auf mich nehmen, das damit verbunden ist?« Er zog fragend eine Augenbraue hoch.
    Alcy glühte vor Scham. Sie hätte sich für Mr. Boyd entscheiden sollen. Er wäre ihrem Zauber verfallen, aber dann wären sie vermutlich alle drei umgekommen. Nein, Sir Edward war ihre einzige Hoffnung.
    Sie holte tief Luft. »Ich will, dass Sie ihn retten. Meinen Ehemann. Den Grafen.«
    »Er ist ein berühmt-berüchtigter Spion. Das macht die Rettungsaktion noch gefährlicher, als wenn er nur ein ungehorsamer Graf wäre.« Er betonte das Wort sarkastisch.
    »Woher wissen Sie das?«, platzte Alcy heraus. »Die Dienstboten -«
    »Nein, die Dienstboten haben von dieser Art von Gerüchten keine Ahnung – und falls doch, habe ich sie jedenfalls nicht gefragt.« Sir Edward pausierte einen Moment, als träfe er eine Entscheidung, dann fuhr er fort: »Ich brauchte sie auch nicht zu fragen, weil ich nämlich beim britischen Innenministerium bin.«
    Alcy gaffte jetzt wirklich. Sir Edward, der Archäologe, war beim Innenministerium? Das Innenministerium kontrollierte den Geheimdienst des gesamten britischen Empire! »Sie sind ein Spion«, flüsterte sie.
    »Nicht … ganz«, antwortete Sir Edward, die Miene immer noch ausdruckslos. »Agent ist wohl das bessere Wort. Aber jetzt, da wir wissen, was Sie von mir wollen, lassen Sie mich noch einmal fragen: Was könnte ein solches Risiko rechtfertigen? Ich sehe keinen Grund, einen Spion zu befreien, der Großbritannien während der letzten sechs
Jahre vermutlich ebenso viel Schaden zugefügt hat wie Nutzen.«
    Alcy stand erstarrt da und rührte sich nicht vom Fleck, das Herz hämmerte in ihrer Brust. »Ich werde Ihnen alles geben, was in meiner Macht steht«, schwor sie.
    Er sah sie langsam und abschätzig an, und Alcy fühlte die Schamesröte aufsteigen, als sie begriff, was er denken musste. »Alles?«, fragte er leise. »Überlegen Sie sich das gut.«
    »Alles«, wiederholte sie entschlossen und hinderte sich mit all ihrer Willenskraft daran, einen Rückzieher zu machen. »Da brauche ich nicht nachzudenken.«
    »Und was würde Ihr Ehemann wohl tun, wenn er wüsste, dass sie … alles gegeben haben?«, fragte Sir Edward mit blitzenden Augen, die Stimme kaum lauter als ein Flüstern.
    »Sagen Sie es ihm nicht«, erwiderte Alcy mit erstickter Stimme. »Was immer Sie auch tun, aber sagen Sie es ihm nicht. Er würde mir vergeben, sich selbst jedoch niemals.«
    Sir Edward lächelte plötzlich, und die Düsternis verschwand so schnell aus seinem Gesicht, dass Alcy blinzeln musste. »Und wegen genau dieser Reaktion ist der Mann es wert, gerettet zu werden«, sagte er. »Nein, ich habe nicht die Absicht, mit Ihnen zu schlafen.«
    »Wie?«, fragte Alcy und war über seine Unverfrorenheit genauso entsetzt wie über den plötzlichen Sinneswandel.
    Seine Miene hatte wieder etwas Ironisches, aber diesmal war

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