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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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hätten. Was allerdings stets als Spinnerei und Wichtigtuerei einzelner abgetan wurde. Ein idealer Platz für meine Spezies! Der Fels überdauerte als Naturdenkmal unverändert Jahrhunderte, war leicht zu erreichen und dennoch zu den meisten Zeiten einsam und verschwiegen. Und selbst wenn jemand Zeuge merkwürdiger Vorkommnisse werden sollte, bestand wenig Gefahr. Unheimliche, mythische Orte regten eben die Phantasie an.
    Wir fuhren etwa zwanzig Minuten durch die Dunkelheit. Dann lichtete sich der Wald, und schließlich sahen wir ihn vor uns: den Felsen des Vlad. Die zwei steil aufragenden Steinmassen wirkten tatsächlich wie ein von Riesenhand in den Boden gerammtes V. Sie erhoben sich auf einem Hügel, der zuerst sanft anstieg und dann immer steiler wurde. Im Mondlicht erkannte ich Zäune, die den Weg zur Hügelspitze versperrten. Ich erinnerte mich, da ss Gregor irgend etwas von seltenen Pflanzen und Tieren gesagt hatte. Und tatsächlich. Der untere Bereich der beiden Felsen war zum Teil dicht bewachsen. Ich sah verschiedene Sträucher, Bäume, Vogelnester und Erdlöcher.
    Eine merkwürdige Stille lag in der Luft.
    Wir starrten aus dem Autofenster. Wie es schien, waren wir noch rechtzeitig gekommen. Von Var, Dinah und den anderen war weit und breit nichts zu sehen.
    Schließlich stiegen Gregor und ich aus dem Auto. Es war kalt.
    Hier war er also, der Platz, an dem wir neues untotes Leben erschaffen wollten. Aber warum spürte ich nichts? Auch Gregor blickte etwas verwirrt umher.
    Mein Blick wanderte von der Spitze der beiden Felsen hinunter zu dem Punkt, wo beide am Erdboden zusammentrafen. Und dann begann es. Ich glaubte, plötzlich ein undeutliches Schimmern zu sehen. Und tatsächlich: da war es. Ein pulsierendes Licht, anfangs so schwach, da ss ich es kaum erkennen konnte, und dann immer deutlicher wahrnehmbar vor dem Hintergrund der schwarzen Steinmassen.
    Wir gingen auf den Hügel zu und stiegen langsam hinauf. Das Leuchten schien uns zu rufen. Kein akustisches Signal, eher so etwas wie eine Schwingung, die mich bis ins Innerste traf. Schließlich standen wir vor dem Zaun, der den Zugang zum eigentlichen Berg versperrte. Ein Verbotsschild erklärte die Notwendigkeit, diesen Bereich im Interesse des Naturschutzes unangetastet zu lassen. Die beiden Steinsäulen waren noch etwa fünfzig Meter entfernt. Jetzt erkannte ich, da ss das Leuchten aus drei verschiedenen Quellen zu stammen schien. Es kam aus dem Innern jedes Felsens, etwa einen Meter über dem Boden, und außerdem direkt aus der Erde, am Schnittpunkt beider Steinsäulen. Zusammen bildeten die übernatürlichen Strahlenquellen eine Art Lichthof.
    »Dorthin«, flüsterte Gregor. »Dorthin müssen wir Michael schaffen.«
    Ich rannte zurück zum Auto, zog Michael heraus und trug ihn auf meinen Armen den Hügel hinauf. Gregor wartete am Zaun und riss mit bloßen Händen eine Lücke in den Stacheldraht, um Platz für Michael und mich zu schaffen.
    Noch lebte Michael. Mich schauderte bei dem Gedanken, da ss ich von diesem menschlichen Wrack trinken sollte. Wie um alles in der Welt sollte nur aus ihm, einem Sterbenden, ein Vampir werden?
    Wir gingen den Hügel hinauf. Gregor wollte mir helfen, Michael zu tragen. Aber ich lehnte ab. Ich wollte ihn ganz allein spüren. Vielleicht das letzte Mal in meinem Leben.
    Jetzt wurde das Leuchten stärker. Es war ein sonderbares blaues Licht. Schöner als alles, was ich bisher in meinem Leben gesehen hatte. Klar, rein und voller Kraft.
    Ich schöpfte Hoffnung. Hier würde Michael neu geboren werden.
    Doch dann geriet die Luft um uns herum in Bewegung.
    Sie kamen hinter den Felsen hervor. Lautlos und schnell: Var, Dinah und die anderen. Ehe wir auch nur reagieren konnten, waren wir eingekreist. Sie hatten uns aufgelauert. Ich sah das grausame Lächeln in Dinahs Gesicht. Es war bestimmt ihre Idee gewesen, uns so kurz vor dem Ziel abzufangen.
    Niemand bewegte sich. Die »Dunklen Schwestern« standen um uns herum. Dicht an dicht. In Gregors Gesicht war keine Regung zu erkennen. Er wirkte seltsam gefasst.
    Dann sprach Dinah: »Wie gut, da ss deine kleine Freundin Pia sich doch noch erinnert hat, wo ihr Platz ist, Ludmilla. Es wäre sonst eine lange Jagd geworden. So haben wir jetzt alle zusammen hier an dem Ort, an dem du geboren wurdest. Und es wird der Ort sein, an dem du auch wieder sterben wirst. Aber diesmal gibt es kein Erbarmen. Es sei denn in der Hölle.«
    Ich legte Michael vorsichtig auf den Boden. Dinah belauerte

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