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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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einer Kreditkarte knacken läßt. Nun gut, Signora, wenn niemand eingebrochen ist und auch nichts fehlt, wieso glauben Sie dann, daß jemand in Ihrer Wohnung war?«
    »Das glaube ich nicht, ich weiß es.«
    »Und woher?«
    »Verschiedenes war nicht an seinem Platz. Ich bin nicht übertrieben ordentlich, aber man spürt es, wenn gewisse Dinge nicht mehr so sind, wie man sie zurückgelassen hat. Jeder hat so sein System, nach dem er seine Sachen einräumt… Aber ich merke schon, Sie denken doch, ich stehle Ihnen Ihre Zeit.«
    »Nein, nein. Ich halte Sie für eine intelligente und vernünftige Frau, die ihre Zeit nicht vergeudet und die meine schon gar nicht. Ich glaube nicht, daß Sie hier wären – daß Sie sich Angst einjagen ließen –, wenn es nur um eine vage Vermutung ginge. Ist Ihnen etwas aufgefallen, ein Geruch, irgendeine Spur, die auf einen Fremden hindeutet, Zigarettenrauch zum Beispiel, falls Sie selbst Nichtraucherin sind?«
    Sie schien für einen Moment den Atem anzuhalten. Man sah förmlich, wie eine Welle der Furcht ihren Körper überlief. Seine großen Augen waren unverwandt auf sie gerichtet, und jetzt erwiderte sie seinen Blick wie gebannt.
    »Beim erstenmal.« Er konnte sie kaum verstehen.
    »Hier drinnen hört uns niemand, Signora. Sie können ruhig lauter sprechen. War es Zigarettenrauch? Asche? Irgendein Geruch.«
    »Ein Geruch, ja. Aber nicht nach Zigaretten. Eher wie Zigarren.«
    »Und die anderen Male? Haben Sie da auch einen fremden Geruch bemerkt?«
    »Ein Messer.«
    »Ein Messer?« War sie am Ende doch verrückt, wie so viele, die mit ähnlichen Verdächtigungen zu ihm kamen?
    »Was für ein Messer? Ein Dolch? Ein Jagdmesser? Ein Brotmesser?«
    »Kein Brotmesser, aber es war ein Küchenmesser.«
    »Verstehe. Und gehörte dieses Küchenmesser Ihnen?«
    »Ja.«
    »Und es war nicht an seinem angestammten Platz.«
    »Sie glauben mir nicht, oder? Ich wollte Ihnen nichts von dem Messer sagen. Ich wußte, Sie würden mich für verrückt halten. Aber es lag in der Diele, gleich hinter der Tür, so daß ich es beim Reinkommen sofort sehen mußte. Ich bin nicht verrückt, Maresciallo, ich bin in Gefahr!«
    »Aber, aber, Signora, niemand hat etwas von Verrücktsein gesagt.«
    Sie hatte sich so sehr bemüht, ruhig zu bleiben, aber nun brannten hektische rote Flecken auf ihrem Gesicht, und die Augen waren blutunterlaufen. Der Maresciallo erhob sich.
    »Bitte! Sie hören mir ja gar nicht zu!«
    Offenbar war er zu rasch aufgestanden. »Ich höre Ihnen zu, Signora. Ich will nur einen meiner Carabinieri bitten, Ihnen ein Glas Wasser zu bringen, und dann beruhigen Sie sich und erzählen mir Ihre Geschichte zu Ende.«
    Als er zurückkam und sich wieder hinsetzte, war sie schon etwas gefaßter, aber ihr Gesicht zeigte jenen ergebenen Ausdruck, den der Maresciallo schon hundertmal gesehen hatte, wenn ein Delinquent endlich bereit war, ein Geständnis abzulegen. Doch er war ziemlich sicher, daß diese Frau nichts zu gestehen hatte, was in sein Ressort fiel, und er sollte recht behalten.
    »Ich sage Ihnen lieber gleich, daß ich in einer psychiatrischen Klinik war. Sie würden es ja doch herausbekommen. Aber das war nur wegen schwerer reaktiver Depressionen nach dem Tode meiner Mutter. Ich bin sehr einsam… aber nicht paranoid oder so was. Wenn Sie sich erkundigen, werden die Ärzte Ihnen das bestätigen.«
    Ein Carabiniere brachte das Glas Wasser und flüsterte: »Es ist niemand mehr draußen. Kann ich dann zum Essen gehen?«
    Der Maresciallo sah auf die Uhr und erhob sich. »Meinetwegen, aber erst sorgen Sie dafür, daß diese Dame sich mit ihrem Glas Wasser ins Wartezimmer setzt und dort bleibt, bis sie sich wieder erholt hat und heimgehen kann. Signora, geben Sie meinem Carabiniere Ihre Adresse und machen Sie sich weiter keine Sorgen. Ich werde persönlich bei Ihnen vorbeikommen.«
    »Warten Sie, da ist noch etwas.«
    Es kam immer noch irgend etwas nach. Wenn die Leute seine Hilfe wollten, ohne ihm die ganze peinliche Wahrheit zu enthüllen, dann lockten sie ihn solange mit immer neuen kleinen Anreizen, bis sie sich seine Aufmerksamkeit gesichert hatten. Die Frau kramte fahrig in ihrer Handtasche. »Ich habe einen Drohbrief bekommen. Da. Schauen Sie sich das an.«
    Der Maresciallo nahm den Umschlag entgegen. Er enthielt eine Ansichtskarte, einen dieser geschmacklosen Scherzartikel, auf denen die Genitalien von Michelangelos David in Großaufnahme prangten und die in allen Bars der Stadt vertrieben

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