Nachtgespenster
daß die andere Kraft von Doreen Besitz ergriff. Sie schlug um sich. Ihre Hände klatschten auf den Steinboden. Furchtbar klingende Geräusche wehten aus ihrem offenen Mund, aus dem der Schleim ebenso rann wie aus den beiden Löchern der Nase.
Die junge Frau war völlig verwirrt. Sie wußte nicht mehr, was sie tat, warf sich hart auf den Boden, drehte sich schwungvoll auf den Rücken, und es sah so aus, als wäre sie dabei von fremden Kräften geleitet worden.
Hin und wieder drang ein schreckliches Heulen aus ihrer Kehle. Ich wußte nicht, wie ich die Schreie deuten sollte. Es war möglicherweise der Ruf nach Hilfe.
Er traf mich ratlos.
Es gab eine Möglichkeit, ihre Qualen zu beenden. Wenn ich ihr das Kreuz abnahm, endeten die Schmerzen. Dann aber war sie schutzlos. Nichts konnte sie mehr davon abhalten, zu einer Blutsaugerin zu werden. Noch hielt Doreen sich. Sie war tapfer, sie wollte auch nicht, und sie trampelte auf dem Rücken liegend mit den Beinen wie ein Baby auf dem Wickeltisch.
Für mich war es schlimm, ihr zuschauen zu müssen. Das Kreuz würde nicht aufgeben. Es stemmte sich gegen das aufziehende Grauen. Es war tödlich für Vampire, aber auch tödlich für Doreen?
Ich hatte den Earl of La Monte und auch die mich umwehenden Nachtgespenster vergessen, ich wollte mich um Doreen kümmern, deren Toberei nicht aufhörte. Aus verborgenen Quellen erhielt sie immer neue Kraftschübe, die wie Peitschen ihren Körper malträtierten.
Ich ging auf sie zu. Noch war mir nichts eingefallen, wie ich sie beruhigen sollte. Neben ihr fiel ich auf die Knie und umklammerte ihre Schultern. Ich drückte sie härter gegen den Boden, um ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken.
Sie röhrte mich an.
Ja, es war so etwas wie ein wildes Röhren, das da aus ihrem Mund drang. Speichel sprühte gegen mein Gesicht. Dann hörte ich sie fluchen, und sie schaffte es auch, ihre Beine anzuziehen und die Knie in meinen Rücken zu stoßen.
»Du mußt durchhalten!« brüllte ich sie an. »Verdammt noch mal, halte durch!«
Sie spie mir ins Gesicht.
Ich ließ den Speichel kleben, weil ich beide Hände brauchte, um Doreen zu halten.
Dann lachte sie gellend. Für mich war es kein Lachen, das von ihr selbst stammte. Ein böser Geist schien in ihrem Innern zu hocken. Er hatte dieses fürchterliche Geräusch ausgestoßen.
Allmählich fand ich mich damit ab, daß mein Kreuz einfach nicht stark genug war, um die Verwandlung zu stoppen. Oder es würde Doreen umbringen, falls sie zu einer Blutsaugerin geworden war.
Die Gedanken rasten durch meinen Kopf. Und der Kopf war genau das, mit dem mich Doreen überraschte. In einer unglaublichen Kraftanstrengung brachte sie ihren Oberkörper trotz meines Gegendrucks in die Höhe und stieß dann mit dem Kopf zu.
Ihre Stirn traf mein Gesicht dicht unterhalb der Nase. Es war ein gemeiner Stoß, hart und brutal zugleich. Ich war davon völlig überrascht worden und kippte nach hinten. Dabei lockerte sich der Griff, und das war Doreens Chance.
Während ich zurückfiel und gegen Tränen ankämpfen mußte, hörte ich ihr tierisches Brüllen und bekam schattenhaft die heftige Bewegung mit.
Ich konnte mich nicht um sie kümmern. Als ich wieder klar sah - wenige Sekunden später -, da bemerkte ich die Gestalt, die rechts vor mir stand.
Dunkel und düster.
Umgeben von den Gespenstern der Nacht. Mit einem kalten, bleichen Gesicht, das gelblich schimmerte. Der Mund des Mannes verzog sich zur rechten Seite hin, und ich erblickte seine gelblichen Vampirhauer.
Da wußte ich, daß der Earl of La Monte gekommen war!
***
Auch ich bin keine Maschine und erlebe und durchlebe Überraschungen wie alle anderen Menschen. Ich hatte mir zuvor kein Bild von La Monte gemacht. Nun sah ich ihn, und er hielt sich in der nahezu klassischen Vampirpose. Sogar seinen Umgang hatte er nicht vergessen. In der Innenseite schimmerte das rote Futter.
Er wollte Blut. Er mußte Blut haben, um überleben zu können, denn ich sah vor mir einen schwachen Untoten. Jemand, der aussah, als wäre er dabei, zu verwesen und das bei lebendigem Leib. Eine furchtbare Vorstellung und auch nur auf Vampire zutreffend.
Umtanzt oder umweht wurde er von den Gespenstern der Nacht. Sie hatten hier die Initiative übernommen. Sie waren diejenigen, die den Reigen des Grauens eröffneten. Ich spürte sie auch in meiner Nähe, denn sie strichen wie Eis an meinem Gesicht entlang und hinterließen einen Schauer auf der Haut.
Meine Lippen saugten ebenfalls die
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