Nachtklinge: Roman (German Edition)
Zypern, in einer Kapelle der Weißkreuzler, geschworen. Trotzdem hatte Leopold Tycho gefragt, ob er der Vater des Kindes war. Während Giulietta behauptete, sie sei noch immer Jungfrau und ein jüdischer Arzt habe ihr das Kind aus dem Bauch geschnitten. Es war ein unlösbares Rätsel für Tycho.
»Durchlaucht, manches bleibt besser ungesagt.«
Der Prinz sank auf den Stuhl zurück und rückte dicht an Tycho heran. Er legte ihm einen schweren Arm um die Schulter. »Aha«, sagte er. »Allmählich kommen wir der Sache näher. Sie hat dir also gesagt, dass es nicht sein Kind ist?«
»Prinz Leopold selbst hat es mir zu verstehen gegeben.«
Der Regent war verblüfft. »Er wusste es?«
»Wir haben nur einmal darüber gesprochen. Aber er wusste es.«
»Und meine Nichte hat dir nie anvertraut, wer der Vater ist?«
»Wie gesagt, Durchlaucht, über manches schweigt man am besten.«
Der Regent lehnte sich zurück und rief mit einem Wink eine Dienerin herbei. Sie war jung und drall und entsprach genau dem Geschmack des Regenten. Tycho war froh über die Ablenkung, obwohl ihm das Mädchen leidtat. Ihr Blick war angespannt, als der Prinz ihr den Arm um die Mitte schlang.
»Vielleicht habe ich mich in dir getäuscht.«
Die Bemerkung war offenbar an Tycho gerichtet.
Für das, was Alonzo mit dem Mädchen vorhatte, waren keine Worte nötig.
Tycho begriff, dass die Unterhaltung beendet war und er seinen Platz verlassen solle. Er verbeugte sich und ging zur Tür. Als er einen Blick über die Schulter warf, hatte Alonzo das Mädchen bereits auf seinen Schoß gezogen, was alle Gäste geflissentlich übersahen, bis auf Alexa, die vor Wut schäumte.
Dann blickt sie Tycho an. Ihr durchdringender Blick schien ihm die Schuld am zügellosen Benehmen des Prinzen zu geben.
7
A ls die Dienerin am nächsten Morgen auftauchte, ging sie so breitbeinig wie ein venezianischer Junge nach seinem ersten Tag im Sattel. »Trink das«, befahl Alexas Bediensteter.
Das Mädchen beäugte die Flüssigkeit misstrauisch.
»Befehl der Dogaressa.«
Von ihrem Aussichtspunkt musste Alexa feststellen, dass die Medizin dem Mädchen nur wenig half. Obwohl drei Zimmer zwischen ihrem Schlafgemacht und dem ihres Schwagers lagen, hatte sie ihr Jammern, Wimmern und Schreien gehört.
Kein Wunder, dass die Dienerin sich elend fühlte.
Alexas Bote drückte dem Mädchen zwei Golddukaten als heimliche und fünf Silberstücke als offizielle Entlohnung in die Hand. Zum Schluss gab er ihr einige Kupfermünzen für die Überfahrt aufs Festland. Zumindest war dafür gesorgt, dass Alonzos schändliches Vergnügen keine unerwünschten Folgen hatte.
Alexas Probleme mit Marco waren ganz anderer Natur. Er zeigte erst gar kein Interesse daran, mit einer Frau ins Bett zu steigen.
Seufzend beobachtete Alexa, wie das Mädchen die Münzen einsteckte. Dann begab sich die Dogaressa zum Gemach ihres Sohnes. Sie wusste bereits, was sie dort erwartete.
Ein weiteres unberührtes Mädchen.
Niemand hatte sich die Mühe gemacht, den Namen der Schönen in Erfahrung zu bringen. Größte Sorgfalt hatte man hingegen darauf verwendet, ihr klarzumachen, was ihr blühte, falls sie Marco verärgerte.
Das Mädchen hatte alle Anordnungen gewissenhaft befolgt und sich bemüht, den Dogen nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Doch Marco hatte keinerlei Interesse an ihrem reizvollen Körper gezeigt.
»Dogaressa, wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen.«
Sie funkelte Dr. Crow wütend an.
Er war sich seiner Stellung bei Hofe so sicher, dass er sich kaum die Mühe machte, eine geknickte Miene aufzusetzen. Stattdessen fegte er etwas Staub von seinem verlotterten Umhang. Seiner armseligen Kleidung sah man nicht an, wie reich er war. Äußerlichkeiten kümmerten ihn nicht.
»Das Mädchen ist unberührt?«, fragte sie.
»Sie war und ist Jungfrau«, versicherte er munter. »Daran lässt sich nichts ändern, auch wenn Ihr sie splitternackt auszieht, ans Bett fesselt und ein Jahr dort liegen lasst.«
»Womit hat er sich dann in den vergangenen acht Stunden beschäftigt?«
Die Dogaressa war zwar gern bereit, junge Mädchen für ihren Sohn zu beschaffen, weigerte sich aber, bei diesen arrangierten Stelldicheins zuzusehen. Diese Zurückhaltung rief Verwunderung hervor. Man sagte ihr nach, sie habe den verstorbenen Dogen durch unerhörte erotische Raffinesse an sich gefesselt. Doch an diesem Gerücht war kein Körnchen Wahrheit. Es war eine reine Liebesheirat gewesen, was im Grunde noch
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