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Nachts kommen die Fuechse

Nachts kommen die Fuechse

Titel: Nachts kommen die Fuechse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cees Nooteboom
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Strands, lag ein altes Lokal, in dem man etwas essen konnte, so eines, das die Spanier chiringuito nennen. Drinnen alles weiß getüncht, Plastiktische, eine große Steinterrasse, Aluminiumstühle, die ein hohes, scharrendes Geräusch von sich gaben, wenn man sie verrückte. Bei diesem dunklen Wetter würden die Neonlampen bereits brennen. Neon half, das hielt sie für experimentell bewiesen, ohne ihm das zu sagen. Eine lange weiße, kalte Sonnenattrappe als Placebo, das wirkte.
    Es war das Ende der Saison, das heißt, wenige oder gar keine Touristen. Unterwegs brach das Gewitter los. Die Wolken waren bleigrau geworden, schwere Massen, die über dem Grün der Oleaster hingen, als wollten sie sie verschlingen. Plötzlich leuchtete die Landschaft eigenartig auf, der erste Blitz. Nach dem darauf folgenden scharfen, trockenen Donnerschlag nun auch Hagel in wüsten Schwallen gegen das Auto, Trommelwirbel auf dem Dach. Sie sah zurSeite, wußte sie doch, daß ihn das in eine aufgedrehte Stimmung versetzen würde. Es müßte eine Sprache geben, hatte er mal gesagt, um alle Wolkenarten zu beschreiben. Quader, Kalkstein, Schiefer, weiße Flusen, gefährlicher Grus. Am liebsten, das war ihr bewußt, würde er jetzt aussteigen und ins Gewitter laufen. Hauptsache, es war dramatisch. Was ich brauche, sind große Ereignisse natürlicher Art, hatte er dazu gesagt. Die bekam er nun, aufs Wort bedient wie immer. Sie hatte Mühe, den kleinen Seat auf der Straße zu halten. Ein einsamer Motorradfahrer war abgestiegen und wurde einen Moment lang vom Blitz als Standbild in die Landschaft geätzt. Der Parkplatz beim Lokal war fast leer, als sie ausstieg, stand sie bis zu den Knöcheln im Wasser. Während sie zur überdachten Terrasse rannten, hörten sie das Geräusch der Brandung, noch verschärft durch das Pfeifen des Sturms. Das Grau des Meeres ging über ins Grau des Himmels, die kleine Insel, die dort vor der Küste lag, war kaum zu erkennen.

    Verstreut über die ganze Terrasse fünf Menschen. Zwei Frauen in Regenmänteln etwas weiter weg, ein einsamer schwarzer Mann in gelbem Hemd, der zu lesen versuchte, ein Ehepaar am Tisch neben ihnen. Genug für einen Film.
    Sagte Rudolf. Sie kannte das an ihm, diese Neigung, in allem Filmszenen zu sehen. Meist war sieeiner Meinung mit ihm. Und hier stimmte alles. Einheit von Zeit, Ort und Handlung. Drama genug, bei diesem Gewitter, und offenbar focht das Ehepaar neben ihnen einen grandiosen unterdrückten Streit aus. Das sah man, noch bevor ein Wort gefallen war. Die Frau war schön. Schuhe, Bluse, Regenmantel, alles, was sie trug, war weiß, und als sei das noch nicht genug, schminkte sie sich noch die Lippen mit einem Stift von fast phosphoreszierend heller Farbe, als wolle sie zum Gewitter passen. Ihr schien nicht kalt zu sein. Dem Mann schon, er hatte sich in seine rote Windjacke verkrochen und blickte mürrisch zu Boden, ein großes Kognakglas in der Hand. Rosita fand nicht, daß die Frau Ähnlichkeit mit ihr hatte, sah aber in dem Paar ein Spiegelbild ihrer eigenen Ehe, nicht ganz angenehm. Das sagte sie folglich nicht, allein schon deshalb, weil ihre Strategie funktioniert und Rudolf inmitten aller Düsterkeit des Gewitters seine eigene Trübsal abgelegt hatte. Es schien, als werde er von der Elektrizität draußen aufgeladen. Sie sah, wie er der Frau zuschaute, die jetzt versuchte, mit einer kleinen Digitalkamera den Blitz zu fotografieren. An seinem Blick erkannte sie, daß er an eine Figur dachte, irgend etwas würde eines Tages daraus hervorgehen. Sie wußte nicht, ob man einen Mund runzeln konnte, doch genau das tat er ihrer Meinung nach, eine merkwürdige, gierige, gespannte Art und Weise, die Lippen zusammenzupressen, während erjeder Bewegung der Kamera folgte, die die weiße Frau immer zu spät hochhielt und auf die Blitze richtete. Und was für Blitze. In diesen Breiten war Gewitter ein Phänomen anderer Ordnung. Lange Strahlen grellweißen Lichts, mitunter mehrere zugleich, und die immer lauter werdenden Schläge, die darauf folgten und stetig näher zu kommen schienen.
    Laß doch den Blödsinn, sagte der Mann aus seiner Windjacke heraus. Auf deutsch, und so laut, daß klar war, er ging davon aus, daß niemand ihn verstand. Rosita hatte auf spanisch bestellt und konnte auch für eine Spanierin durchgehen.
    Die Frau schoß ein weiteres Foto und machte ein Gesicht, als habe sie diesmal den Blitz eingefangen.
    Arschloch. Du bist wirklich ein Arschloch. Sie sagte es in ruhigem,

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