Nachts sind alle Katzen geil.
sie steht da in einem blass-rosa
geblümten Kleid und in hochhackigen weißen Lackschuhen, die
ihre Waden zusätzlich verschönern und beugt sich zum Spiegel
leicht vor. Ihr Gesicht, mit dem stilvollen und dezenten Make-up
lacht frisch, da die hellroten Lippenstiftlippen dem Spiegel ein
Siegel aufdrücken. Bevor der Lift zum Halten kommt, hebt sie
für sich noch schnell das Kleid hoch und betrachtet das schöne
Darunter.
Die weiße Lacklederhandtasche schwenkt mädchenhaft hin
und her, als sich die Lifttür öffnet, und auch weiterhin, den
ganzen langen Gang entlang, bis die Zimmertür Nummer 1848
gefunden ist. Sie klopft das ausgemachte Klopfzeichen und es
wird ihr aufgetan.
Dunkelheit. Für einen kurzen Moment ein wenig durchbrochen
durch das Öffnen der Tür – und doch erkennt sie nichts, und
dann, beim Schließen – Dunkelheit. Jetzt erinnert sie sich wieder
der weiteren Details aus dem Brief: Sie würde in ein Dunkel
eintreten und er würde sie nicht ansprechen, würde während der
gesamten Zeit dieser Begegnung nicht mit ihr sprechen, und
auch sie dürfe nicht sprechen. Einzig erlaubt wären sämtliche
Laute der Lust. Er würde daliegen, in Erwartung auf sie, und sie
müsse sich herantasten im Dunkeln – zu ihm.
Ein ungekanntes Prickeln macht sich auf ihrer Haut bemerkbar,
es ist, als stellten sich ihr sämtliche Härchen aufrecht, wie auf
der Lauer. Ist er da? Liegt er da irgendwo auf einem großen Bett
und wartet auf sie? Wird auch er es sein und nicht jemand
anders? Liegt da überhaupt jemand? Langsam, fast lautlos,
bewegen sich ihre Füße in kleinen Schritten vorwärts, die Hände
halten die kleine Handtasche vor ihren Bauch gedrückt, und da,
endlich ein vertrautes Etwas, ganz deutlich zu vernehmen – sein
Parfum. Unverkennbar. So intensiv, wie gerade dick
aufgetragen, den körpereigenen Geruch erstmal übertüncht, erst
viel später wird es zu der individuellen Vermischung kommen,
die den einzigartigen Körpergeruch ergibt, die keine zweite
Person hervorbringt. Doch dieses Später scheint noch nicht
eingetreten zu sein, ihre Nase vernimmt nur das alleinige
Parfum. Weitere Schritte vorwärts, noch kleinere, bis sie
plötzlich gegen ein Hindernis stoßen – was ein Bettrahmen sein
könnte. Sie bleibt stehen, riecht und horcht auf. Ja, da ist
jemand, er muss direkt vor ihr sein, denn sie hört einen Atem,
leise, in mäßigem Rhythmus auf und ab gehen.
Ihre innere Anspannung hat einen hohen Grad erreicht, eine
Vermischung von unbehaglicher, ängstlicher Unsicherheit und
behaglichem, lustvollem Schauder. Wie gern hätte sie jetzt
seinen Namen gesagt, damit er antworte, ihr Sicherheit gäbe,
doch wie spannend und lustvoll ist die Atmosphäre dieser
dunklen Unsicherheit! Erotisch!
Ja, sie wird sich gleich herunterbeugen, diesen Mut aufbringen
und sich von ihm in Empfang nehmen lassen, und sie wird bei
all der Dunkelheit seine Griffe spüren, seine Handhabungen, sie
wird die Konturen seines Körpers, seines Gesichtes, seiner
Haare erkennen, sie wird ihn schließlich erriechen!
Da plötzlich greift eine Hand nach ihr, und gleich eine zweite.
Die Hände tasten sich zurecht bis sie ihre Hüften gepackt halten,
rechts und links, nicht zu fest, und wandern höher, gleiten
synchron über ihre Taille, und noch weiter höher bis unter die
Achseln. Ihre Handtasche liegt schon längst irgendwo auf dem
weichen Teppich, als dieselben Hände die feinen Trägerchen
ihres dünnen Kleides über ihre Schultern herab streifen. Die eine
Hand greift sogleich nach ihrem Rücken, und das Geräusch, das
der Reißverschluss ihres Kleides verursacht, verschmelzt mit
dem Gefühl, das an ihrem Körper spürbar ist – wie das so
gleitet, ihren Rücken herunter … – sie spürt ein lustvolles
Aufkommen bis tief in ihren Unterleib.
Und weiter bleibt eine Unsicherheit, weiter dringt durch das
schwere Parfüm nicht der geringste menschlich-männliche
Körpergeruch, und an dem, wie diese Hände sie bisher
behandelten, ließ er sich nicht erkennen. Noch nicht.
Das Kleid ist hinten offen, die Trägerchen hängen rechts und
links über ihren Schultern herab und die Hände haben wenig
Mühe, es in Hüfthöhe zu ergreifen, um es ihr ganz abzustreifen.
So liegt es an ihren Füßen und sie steckt nur noch in ihren
Schuhen, da sie keine Unterwäsche trägt. Ob er es ahnt? Oder
schon gespürt hat? Ja, jetzt weiß er es, da die Hände sich wieder
auf ihre Hüften legen: kein Höschen! – und herauf gleiten,
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