Nächstenliebe: Thriller (German Edition)
Lippenbekenntnissen zufriedengeben würde. Dies war auch auf den Vatikan bezogen. Er würde weitreichende Zugeständnisse machen. Ihm war bewusst, dass dies viel Unmut bei den Unverbesserlichen im Vatikan hervorrufen würde, doch er war bereit seinen Willen gegen jeden Widerstand durchzusetzen. Ein Scheitern würde er nicht dulden, dafür war die Angelegenheit zu ernst und die Zeit zu knapp.
Das 21te Jahrhundert sollte nicht als das Jahrhundert der Umweltkatastrophen, Rohstoffknappheit oder Glaubenskriege in die Geschichtsbücher eingehen, sondern als das Jahrhundert, das den Menschen ihren lang ersehnten Frieden brachte. Als das Jahrhundert der Toleranz und Nächstenliebe, sollte es die nächsten Jahrhunderte prägen und beeinflussen.
Johannes war sicher, dass die Menschen, wenn sie einmal lernen würden, einander zu respektieren und zu tolerieren, dass dann alle anderen Probleme auch gelöst werden könnten.
Auch wenn die Presse die Aktion weltweit feierte, fragte sie sich, wie es dem Papst gelungen war, weltweit alle großen Religionen dazu zu bewegen, diesen symbolischen Akt gleichzeitig zu vollbringen. Zumal Gerüchte kursierten, dass es sich hierbei nicht um eine von langer Hand vorbereite Aktion handelte, sondern um eine kurz entschlossen. So viel Einfluss hatten sie dem Papst nicht zugetraut. Bei dieser Nachricht gingen die plötzliche Genesung des Papstes sowie der Tod der Kardinals in den Medien unter, was dem Papst nur recht war.
Der Papst antwortete auf Fragen der Presse immer mit demselben Satz.
„Der Glaube an die Nächstenliebe kennt keine Grenzen, das hat mich eine gute alte Freundin gelehrt.“
Eine halbe Stunde nachdem Papst das Schlafzimmer verlassen hatte, traten Rebecca und Nick ins Wohnzimmer. Rebecca wirkte noch immer sehr traurig.
Nick hatte das Tagebuch in den Händen.
„Ich glaube es ist nicht angebracht, jetzt daraus zu lesen“, sagte Nick, dem es sehr schwer fiel, Rebecca so traurig zu sehen.
„Nein, du hast es ihr versprochen. Wenn nicht jetzt, wann dann?“, antwortete Rebecca und hielt Nicks Hand fest.
„Sie hat Recht. Selbst in unserer Trauer müssen wir stark sein. Sie hätte es sich gewünscht. Sie war ein Mensch der Freude, der Liebe und des Lebens. Kommt, setzt euch auf die Couch.“
Rebecca und Nick setzten sich zum Papst. Nick reichte Seiner Heiligkeit das Tagebuch.
Und noch immer hatte er ein schlechtes Gewissen dabei. Schließlich lag Esther im anderen Zimmer tot in ihrem Bett und sie lasen nun in ihrem intimsten, ihrem Tagebuch.
Der Papst schenkte Nick ein Lächeln und schlug das Tagebuch auf. Nick spürte die ungeheure Präsenz des Buches. Als ob positive Energie sich des Raumes annahm. Ohne Nick zu fragen, schlug der Papst eine Seite auf.
Und Nick wusste, dass es die Stelle war, wo Andreas aufgehört hatte zu lesen. Warum? Das war eine weitere dieser Fragen, die er nicht beantworten konnte, aber diesmal, weil sie keiner Antwort bedurfte.
Also begann Johannes zu lesen …
… Für mich war das Warten unerträglich. Ich weiß nicht, wie lange wir warteten, aber nichts geschah. Von Zeit zu Zeit fühlten Josef und Juda Joshuas Puls. Sie schauten seine Pupillen an und tasteten seinen Körper ab.
Doch keine Antwort. Kein Wort zu uns. Ich verzweifelte an dieser Ungewissheit.
Und dann sah mich Juda mit Tränen in den Augen an.
„Er ist von uns gegangen“, schluchzte er kaum wahrnehmbar. Dieser Satz schien für diesen großen starken Mann von solch einer Schwere, dass Josef ihn stützen musste.
„Ich konnte nichts für ihn tun. Wo er doch so viel für uns tat“, fügte er in Tränen aufgelöst hinzu.
Josef versuchte ihn zu tröstete. Und ich? Ich war trotz dieser traurigsten aller Nachrichten gefasst. Viel gefasster, als bei seiner Gefangennahme, oder Kreuzigung.
Vielleicht, weil ich keine Hoffnung gesehen hatte, vielleicht aber, weil ich wenigstens seinen Wunsch erfüllen konnte. Vielleicht aber war ich einfach noch zu traurig, um noch bekümmerter zu werden. Ich kenne die Antwort bis heute nicht, liebes Tagebuch.
„Juda, er mag tot sein, aber dennoch war dies hier nicht vergebens. Denn wir können Joshuas Wunsch erfüllen, den ich dachte, nicht mehr erfüllen zu können“, sagte ich.
„Letzten Wunsch? Was meinst du?“, fragte Josef.
„Wenn ich geahnt hätte, dass es einen Geheimgang zum Grab gibt, hätte ich euch schon vorher davon berichtet, aber so will ich es dann jetzt tun.“
Ich erzählte ihnen, wie ich vor nicht allzu langer Zeit
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