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Der letzte Vampir

Der letzte Vampir

Titel: Der letzte Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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1. Einsatzbericht von Special Deputy Jameson Arkeley, 4.10.83
(Tonbandprotokoll):
    Der Regen erschwerte die Sicht. Das 24-Stunden-Diner lag an der Kreuzung zweier Durchgangsstraßen. Die Panoramafenster ließen etwas Licht auf den Bürgersteig fallen. Ich gab meinem Partner Webster das Fernglas. »Siehst du ihn?«, fragte ich.
    Das fragliche Subjekt, ein gewisser Piter Byron Lares (vermutlich ein Deckname), saß nach vorn gebeugt an der Theke des Diners und unterhielt sich angeregt mit einer Kellnerin mittleren Alters. Im Stehen war er sicher groß, aber wie er sich so nach vorn beugte, sah er nicht besonders imposant aus. Er hatte ein ausgesprochen blasses Gesicht, sein schwarzes Haar war ein wilder Lockenschopf. Ein voluminöser roter Sweater hing förmlich an ihm runter – vermutlich ein weiterer Versuch, seine Größe zu kaschieren. Er trug eine Hornbrille mit dicken Gläsern.
    »Ich weiß nicht, was sie dir auf der Bundesbullenschule beigebracht haben, Arkeley, aber ich habe noch nie gehört, dass einer von denen eine Brille braucht«, sagte Webster und gab mir das Fernglas zurück.
    »Halt die Klappe.« Eine Woche zuvor hatte ich sechs tote Mädchen in einem Keller in Liverpool, West Virginia, gefunden. Sie hatten eine Pyjamaparty veranstaltet. Sie waren in so viele Stücke gerissen worden, dass drei Labortechniker Tag und Nacht in einer zur Verfügung gestellten Turnhalle damit beschäftigt gewesen waren, herauszufinden, mit wie vielen Leichen sie es hier eigentlich zu tun hatten. Ich war mies gelaunt. Ich hatte einen der Laufburschen von diesem Arschloch mit bloßen Fäusten zu Staub geprügelt, nur um seinen Decknamen herauszufinden. Jetzt würde ich nicht mehr aufgeben.
    Lares stand auf, den Kopf noch immer gesenkt, und zog eine Lederbrieftasche hervor. Er fing an, kleine Scheine abzuzählen. Dann schien ihm etwas einzufallen. Er schaute auf, ließ den Blick durch das Diner schweifen, richtete sich zu voller Größe auf und schaute auf die Straße.
    »Hat er uns entdeckt?«, wollte Webster wissen. »Bei diesem Wetter?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte ich.
    Etwa drei Liter hellrotes Blut spritzten auf die Fensterscheibe des Diners. Ich konnte drinnen nichts mehr erkennen.
    »Scheiße!«, schrie ich und sprang aus dem Wagen, rannte über den Bürgersteig, augenblicklich bis auf die Haut durchnässt. Ich stürmte in das Diner, den Stern meiner Dienstmarke hell auf dem Jackettrevers, aber er war bereits weg, und es war kein Lebender mehr da, um sich davon beeindrucken zu lassen. Die Kellnerin lag auf dem Boden, ihr Kopf war fast vom Körper gerissen. Man liest darüber und würde erwarten, dass Vampirwunden harmlose kleine Dinger sind, so wie Knutschflecken. Lares hatte der Frau fast die halbe Kehle herausgebissen. Ihre Halsschlagader lugte hervor wie das Mundstück eines geschrumpften Luftballons.
    Blut tropfte von der Theke und war bis an die Decke gespritzt. Ich zog die Dienstwaffe und ging an der Leiche vorbei. Hinten war eine Tür. Ich musste mich dazu zwingen, nicht darauf zuzurennen. Wenn er sich im hinteren Teil des Raumes aufhielt und ich ihm in den Schatten der Männertoilette über den Weg lief, würde ich das nicht überleben. Ich eilte zurück in den Regen, wo Webster bereits mit laufendem Motor wartete. Er hatte schon die örtliche Polizei alarmiert. Ein Helikopter donnerte tief über unsere Köpfe hinweg; wegen des Lärms würde es mit Sicherheit am kommenden Morgen Beschwerden hageln. Der Suchscheinwerfer des Helikopters riss Löcher in die Finsternis um das Diner. Webster trat aufs Gas, brachte uns in die Gasse hinter dem Restaurant. Ich spähte durch den Regen auf die Müllcontainer und den sich auftürmenden Abfall. Nichts passierte. Wir hatten eine solide Rückendeckung, die den Eingang im Auge behielt. Ein Scharfschützenkommando war im Anmarsch. Der Helikopter konnte, falls nötig, die ganze Nacht dort oben bleiben. Ich versuchte mich zu entspannen.
    »Das SWAT-Team kommt«, sagte Webster. Er hängte das Mikrofon wieder ans Armaturenbrett.
    Der Müllcontainer in der Gasse ruckelte kaum wahrnehmbar. Als hätte sich ein Obdachloser darin im Schlaf umgedreht. Eine Sekunde lang erstarrten wir. Lange genug, um sicher zu sein, dass wir es beide gesehen hatten. Ich hob die Waffe und überprüfte sie. Ich hatte JHPs für eine maximale Gewebezerstörung geladen und die Pistole selbst eingeschossen. Hätte ich sie von einem Priester segnen lassen können, hätte ich auch das getan.

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