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Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut

Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut

Titel: Naechte der Leidenschaft + Berlins Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Anderson
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entgegen. Misstrauisch schauten sie mich an, gingen aber wortlos vorbei.
    Ein Mann verriegelte gerade seine Tür.
    „Sie sollten sich beeilen!“, warnte er mich. „Die Sperrstunde beginnt gleich!“
    Ich nickte ihm zu und beschleunigte den Schritt. Laufen könnte verdächtig erscheinen. Das Ziel war eines der guten Hotels im Zentrum. Nicht das beste, denn dort bestand die Gefahr, dass mich vielleicht doch jemand erkannte.
    Ein offenes Pferdegespann kam von vorn entgegen.
    „Nehmen Sie mich mit?“, erkundigte ich mich bei dem Wagenlenker.
    Er trug sogar einen traditionellen Kutscheranzug und bot offensichtlich seine Dienste an.
    „Können Sie auch bezahlen?“, fragte er misstrauisch.
    Ich zückte einen Silberrubel und hob ihn hoch.
    Er hielt an, stieg ab und reichte mir die Hand.
    „Für einen Swosniak hätte ich Sie um diese Zeit nicht mehr mitgenommen.“
    So bezeichnete man scherzhaft das wertlose Notgeld, welches die Bolschewiken gedruckt hatten.
    „Machen Sie schnell, die Sperrstunde beginnt! Wohin soll ich Sie bringen?“
    „In das zweitbeste Hotel der Stadt!“
    Er wusste offensichtlich genau, welches zu wählen war, und drehte eiligst sein Gespann auf der Straßenkreuzung.
    Auf unserer Fahrt kamen wir immer wieder an kleineren Trupps von Soldaten vorbei. Sie durchsuchten die Häuser einzeln. Manchmal klopften sie an eine Haustür und verschafften sich freiwillig Einlass, andere Male mit Gewalt. Sie suchten wohl nach Bolschewiken.
    An einer Hauswand erschossen sie gerade zwei von der Sorte. Diese sangen die Internationale und streckten ihre Fäuste kämpferisch in die Luft. Wie lächerlich das im Angesicht des Todes wirkte. Ich fühlte Genugtuung.
    Das Hotel hatte die Kämpfe recht gut überstanden und verstrahlte noch etwas vom Glanz der guten alten Zeit. Sogar ein grün livrierter Portier öffnete die Tür.
    Nachdem ich den Kutscher bezahlt hatte, machte er sich eiligst davon. Laut knallte die Peitsche über dem Pferderücken.
    Es schien fast so, als wäre die Welt hier noch heil. In der vornehmen Eingangshalle standen und saßen einige tschechische Offiziere und Soldaten. Sie rauchten viel und sahen mich etwas erstaunt an. Weibliche Gäste ohne Begleitung waren eine Seltenheit.
    Ich ging ruhig zur Rezeption, als erwartete man mich. Der mit einem schwarzen Frack bekleidete Rezeption-ist bemühte sich, Normalität zu zeigen.
    „Ich benötige ein Zimmer.“
    „Sie sind allein?“
    „Ja.“
    „Wir sind leider komplett ausgebucht. Es tut mir leid, meine Dame.“
    „Wissen Sie, wo ich um diese Zeit noch eine Unterkunft finde?“
    „Das wird schwer sein. Überall wurden Offiziere und Unteroffiziere untergebracht.“
    Er schaute auf die Uhr. „Zudem hat die Sperrstunde gerade begonnen. Sie können das Hotel nicht mehr verlassen.“
    Er wurde nervös.
    „So bin ich also gezwungenermaßen Gast Ihres Hauses?“, scherzte ich.
    „Können Sie sich ausweisen? Haben Sie Geld?“, lenkte er ab.
    Der livrierte Mann wusste selbst nicht so recht weiter. Die Vornehmheit des Hotels verbat ihm jedoch, mich einfach auf die Straße zu setzen.
    Ich wies die Registrierkarte vor, die mir der tschechische Offizier im Wald gegeben hatte, und zeigte etwas altes Zarengold.
    „Das … das ist kein gültiges Dokument“, stotterte er herum.
    Ein großer tschechischer Offizier trat gelassen zu uns.
    „Gibt es ein Problem?“, erkundigte er sich höflich in gebrochenem Russisch.
    Der Hotelangestellte begann zu schwitzen.
    „Die Dame hat nur dieses Papier!“, stellte er stammelnd fest.
    Der Offizier schaute es sich neugierig an.
    „Das wurde von uns ausgestellt. Wir geben es nur Personen, die wir überprüft haben. Das dürfte doch sicher mehr Wert als ein Bolschewikenpass haben!“, stellte er energisch klar.
    „Sehr wohl, Eure Exzellenz, das wusste ich nicht. Es ist das erste Mal, dass ich diesen Ausweis sehe. Die Dame sucht ein Zimmer, nur sind leider alle mit den Offiziersherren belegt, die hier gütigerweise einquartiert wurden. Andererseits kann ich die Frau zur Sperrstundenzeit nicht auf die Straße werfen. Was sollte man von unserem Haus dann denken? Das ist ein Kreuz! Ich weiß nicht, was ich tun soll.“
    Der Offizier wandte sich galant an mich.
    „Würden Sie mir die Ehre erweisen, mein Zimmer anzunehmen, und dafür die Güte haben, mit mir und einigen Kameraden auf unsere Kosten zu Abend zu speisen?“
    „Sofern es sich wirklich um Ehrenmänner handelt und auch andere Damen geladen sind, würde ich Ihr

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