Nahkampf der Giganten
rauschte die Strömung wie ein Wildwasser, und für die müden, schwitzenden Ruderer gab es deshalb keine Rastchance.
Rasch blickte er sich im Boot um. »So, Jungs. Wir lassen uns jetzt also wie besprochen vom Strom treiben. Wir nehmen die Großrüsten; Mr. Fowler entert über die Back auf.« Leise zog er seinen Degen und deutete über Bord. »Abfallen, Allday! Bleiben Sie klar von der Gig – wir wollen Mr. Fowler nicht in die Quere kommen, er hat genug zu tun.«
Allday drückte die Pinne herum, die Riemen wurden leise eingezogen, und das Boot nahm direkten Kurs auf die schlanke Schaluppe. Alle hielten den Atem an, als das Wasser an der Außenhaut, das Kratzen von gezogenem Stahl erschreckend laut klangen. Selbst das Bilgewasser unter den Bodenbrettern schwappte so vernehmlich, daß mancher Mann erschrocken zusammenfuhr.
Plötzlich dräute die
Fairfax
über ihnen. Fast schienen die Masten mit den angeschlagenen Segeln an die Sterne zu rühren. Dann, als Allday die Pinne noch stärker umlegte und die Jolle schwerfällig auf die Rüsten zuschwang, zerriß eine Stimme direkt über ihnen die Stille.
»Qui v a lá?«
Schwarz hoben sich Kopf und Schultern des Mannes vom festgemachten Großsegel ab. Mit einer zügigen Bewegung riß Bolitho Midshipman Seton hoch und zischte: »Los, Junge! Antworte ihm!«
Seton fühlte sich noch schlapp von der Seekrankheit, und in der plötzlichen Stille klang seine Stimme gebrochen und schwankend.
»Le patrouilleur.«
Er würgte, als Bolitho ihn nochmals rüttelte.
»L’officier de garde!«
Bolitho fühlte sich krampfhaft grinsen und flüsterte: »Gut gemacht!« Von oben her war ein Gemurmel zu hören, das nun, da alles in Ordnung schien, eher ärgerlich als besorgt klang.
Dumpf stieß der Bootssteven gegen den Schiffsrumpf, die Enterhaken flogen über das Schanzkleid. Bolitho sprang in die Rüsten, der Degen baumelte ihm vom Handgelenk, irritiert von den ungewohnten Aufbauten zog er sich hoch und über die Schanz. In der Dunkelheit hörte er unter sich einen scharfen Schrei und den scheußlichen Laut, mit dem sich ein Entermesser in Fleisch und Knochen grub. Dann war außer schwerem Atmen und dem Klatschen nackter Füße an Deck nichts mehr zu hören.
»Allday! Nehmen Sie mit zehn Mann das Logisdeck! Wahrscheinlich schlafen sie alle, verlassen sich auf die Ankerwache.« Bolitho deutete mit dem Degen zum Niedergang.
Unten in Höhe des Wasserstags war jetzt das Aneinanderschlagen von Riemen und ein ärgerlicher Ruf zu hören; Bolitho eilte über das finstere Deck und sah Fowlers Leute auf der Back, die gerade den Festmacher der Gig belegten.
»Still da! Was, zum Donnerwetter, fällt euch ein?« zischte er. Ungeschickt kletterte Fowler über den Kranbalken und keuchte: »Tut mir leid, Sir! Einer ist auf mich gefallen. Geht alles klar, Sir?« Trotz seiner nervösen Spannung mußte Bolitho grinsen. »Sieht so aus, Mr. Fowler.« Er wandte sich um, denn ein riesiger Ire namens O’Neil kam eben übers Deck und tippte sich grüßend an Stirn.
»Was ist?«
»In der Kapitänskajüte is’ keiner, Sir. Aber Ihr Bootsmann hat unten ‘n paar Franzmänner gefunden.« Er deutete zum Niedergang und wiegte dabei unternehmend das Entermesser in der mächtigen Hand. »Vielleicht sollt’ man sie erledigen?«
»Kommt nicht in Frage, O’Neil«, sagte Bolitho scharf und wandte sich wieder Fowler zu. »Gehen Sie mit Ihren Männern sofort an die Arbeit. Jedes Stück Tuch, jede Spiere, überhaupt alles Brennbare, am Vormast aufstapeln!«
Fowler erschauerte leicht und blickte über Bord, als die Schaluppe zur Strommitte hin schwojte. »Aye, aye, Sir. Ein paar Männer schaffen schon das Öl aus der Gig herauf. Mein Gott, das Schiff wird bei diesem Wind wie ‘ne Fackel brennen!«
»Ich weiß«, nickte Bolitho. »Schlimm. Ich tu’s wahrhaftig nicht gern.«
Schon kamen die Männer mit den kleinen Ölkanistern vom Bug herbeigeeilt. »Muß es denn wirklich sein?« fragte Fowler.
»Das Schiff ist nicht so viel wert wie das Leben unserer Leute, Mr. Fowler. Vorausgesetzt, daß der Wind nicht umschlägt, können wir die Trosse kappen und es auf die
Saphir
zutreiben lassen.« Er ließ den Degen in die Scheide gleiten und schloß: »Nichts richtet solche Panik an wie ein Brander.«
Midshipman Piper spähte aus dem Niedergang zu ihm hoch, seine Augen glitzerten vor Erregung. »Sir – da unten!« Anscheinend war er so durcheinander, daß ihm die Worte fehlten. »Allday hat was gefunden…« Er brach
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