Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
zweckmäßig, sie anders zu behandeln. »Wenn die Franzmänner drüben nicht stocktaub sind«, bemerkte Fowler sachlich, »dann müssen sie merken, daß irgendwas in Gange ist, Sir.« Bitter fügte er hinzu: »Vielleicht hatte dieser Charlois doch recht!«
    Nachdenklich blickte Bolitho ihn an. »Würden Sie das Schiff mit all diesen hilflosen Menschen da unten in Brand stecken?«
    Fowler trat von einem Fuß auf den anderen und entgegnete schließlich: »Wenn es mir befohlen wird – ja.«
    »Danach habe ich nicht gefragt«, erwiderte Bolitho kalt. »Befehle auszuführen, ist immer leichter, als sie zu erteilen. Wenn Sie so lange leben, daß Sie selbst kommandieren, werden Sie sich daran erinnern.«
    Betreten murmelte der Leutnant: »Entschuldigung, Sir.«
    Ein dumpfes Geräusch, ein Schmerzensschrei, und der erste Verwundete wurde durch den Niedergang heraufgeschafft. Bolitho vernahm Setons Stimme; besänftigend, beschwö rend, versuchte er, den Ausbruch einer Panik unter den erschreckten Franzosen zu verhindern. Bolitho verstand nicht recht, was der Junge sagte, aber er schien Erfolg zu haben, denn der Mann lag jetzt ganz still beim Schanzkleid, als das erste Boot aus seinen Halterungen gehoben und an knarrenden Taljen ausgeschwenkt wurde. Piper tanzte fast vor Aufregung: »Leise! Hol an!« Und als das Boot über der Reling verschwand, krächzte er: »Fier ab – sachte!«
    »Nehmen Sie die Gig«, sagte Bolitho, »und machen Sie sie achtern fest. Wir müssen die Jolle zur Küste schicken, fürchte ich.«
    »Sie war schon vorher überladen«, sagte Fowler. »Wenn jetzt noch Ihre Abteilung dazukommt…«
    Allday rannte heran. »Bloß noch drei Mann, Sir. Einer ist tot, den lasse ich liegen.«
    Das zweite Boot klatschte längsseit ins Meer, und die Matrosen der
Hyperion
begannen, die Verwundeten über die Reling zu heben. Gefesselt, verängstigt, von mehreren Bewaffneten bewacht, stand die französische Ankerwache am Großmast, und ihr toter Kamerad lag noch an der Schanz als Warnung für jeden, der etwa an Widerstand dachte.
    Die Männer arbeiteten rasch und leise, doch mit der Zeit wurde die Spannung unerträglich. Bolitho versuchte, nicht zum Himmel aufzusehen, denn der war jedesmal heller. »Mr. Seton«, sagte er, »machen Sie diesen Franzosen klar, daß sie in den Booten mausestill zu sein haben! Ein Laut, und ich spicke sie mit Schrapnell, ehe sie eine halbe Kabellänge weg sind!«
    »Aye, aye, Sir«, nickte Seton, schwankend vor Erschöpfung und Schrecken. »T-tut mir leid, daß es nicht l-leiser ging, Sir.«
    Bolitho legte ihm die Hand auf die Schulter. »Sie haben das sehr gut gemacht, mein Junge! Ich bin stolz auf Sie.«
    Allday trat zur Seite, als Seton an ihm vorüberrannte, und meinte gelassen: »Der ist gar nicht so übel, Captain.«
    »So sagten Sie schon.« Die Kirchturmuhr schlug vier, und Bolitho schob den Hut zurück. »Es wird spät, Allday. Wie viele noch?«
    Der Bootsführer blickte übers Deck. »Nur noch die beiden da an der Schanz. Ich schaff’ sie hinunter.« Doch als er herzutrat, geriet einer der beiden Hilflosen ins Rollen und stieß einen schrillen Schmerzensschrei aus, so plötzlich und unerwartet, daß alle erstarrten. Doch dann warf sich Allday über ihn, preßte die Hände auf den Mund des armen Kerls, und der Schrei riß ab, als sei eine Tür zugeschlagen worden.
    »Tot, Captain«, sagte Allday leise und stand auf. Bolitho be obachtete die vor Anker liegende
Saphir.
Auf ihrem Achterdeck waren einige schattenhafte Gestalten erschienen. Laternen bewe gten sich. »Spielt keine Rolle mehr, Allday«, entgegnete er. »Er hat sie geweckt.«
    Alle versteinerten, als von drüben der schneidende Ton einer Trompete über das schwarze Wasser schallte; und gleich darauf wirbelte eine Trommel. Überall im Hafen wurden Fenster hell.
    Hunde bellten, Seevögel schrien verschlafen.
    Als Bolitho sich umwandte, sah er, daß seine Leute zu ihm aufsahen; seine Verzweiflung wich einer verzehrenden, bitteren Wut. Diese Männer hatten ihm vertraut, hatten seinen Befehlen ohne zu fragen gehorcht, auch angesichts des überwä ltigenden Risikos. Nun standen sie da und warteten, während man dort, jenseits des Wassers auf dem französischen Schiff zu den Waffen griff. Aus dem Augenwinkel sah er, wie einer aus seiner Bootsmannschaft sich bekreuzigte; ein anderer lehnte an der Reling und starrte zum Land hinüber, als sähe er es zum letztenmal. Irgend etwas hakte in Bolitho aus; und als er sprach, erkannte er

Weitere Kostenlose Bücher