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Natalia, ein Mädchen aus der Taiga

Natalia, ein Mädchen aus der Taiga

Titel: Natalia, ein Mädchen aus der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie eine Mutter vor, zu der das Töchterchen mit einer großen Sorge kommt.
    »Sie werden dir alle helfen! Auch der mächtige Genosse Ingenieur! Wir haben nämlich Geologen hier, weißt du, die können mit der ganzen Welt sprechen – über Funk, sagt der Pope. Sie drücken auf einen Knopf und ssst – ist Moskau in ihrem Ohr! So fortschrittlich sind wir hier! Sie werden dir helfen – alle … Leg dich hin und schlafe …«
    Am Morgen holte Anastasia den Popen aus der Kirche.
    »Ein schwangeres Mädchen?« grollte der Riese, und sein Bart sträubte sich gefährlich. »Kommt zu dir aus dem Wald wie eine lahme Füchsin? Und du glaubst ihr? Ha, das muß ich mir alles selbst anhören …«
    Es lief alles so ab, wie man es besprochen hatte. Natalia erzählte nochmals ihre schreckliche Geschichte, der Pope war erschüttert und segnete sie, und Anastasia weinte aus mütterlicher Zuneigung kräftig mit.
    Dann erschienen Petrow, der Dorfsowjet, der Ingenieur Tassburg mit seinem Chefgeologen Pribylow, und Tigran Rassulowitsch unterrichtete sie über das Schicksal des armen Mädchens.
    »Wie sie gelitten hat!« sagte er feierlich. »So kann ein Mensch nur einmal in seinem Leben leiden! Genosse Tassburg, das arme Vögelchen muß sofort in ärztliche Hände. In gute ärztliche Hände, um festzustellen, ob es keinen körperlichen Schaden davongetragen hat. Und wo gibt es solche Spezialisten? Nur in Omsk! Sagen Sie, Genosse Tassburg, fliegt Ihr Hubschrauber nicht nach Omsk zurück? Und dazu noch leer? Na, kommt Ihnen nicht ein Gedanke?«
    »Das ist die Lösung, Tigran Rassulowitsch!« rief Tassburg, als habe er gerade erst begriffen, was der Pope wollte. »Natürlich bringen wir die arme Genossin nach Omsk! Ich selbst werde sie begleiten und im Krankenhaus abliefern! Ich kenne den Chefarzt gut … er gehört meinem Schachklub an!«
    »Wie sich das Schicksal rundet!« bemerkte Tigran völlig unnötig. »Es paßt alles, wie das Gürtelende in die Schnalle! Wann fliegen Sie, Genosse Tassburg?«
    »Übermorgen.«
    »Aber bis dahin bleibt sie bei mir!« sagte Anastasia laut und blickte die Männer scharf an. »Bei mir, nicht bei euch! Von Männern hat sie erst einmal die Nase voll! Und du, Petrow, bringst mir auf Gemeindekosten ein großes Stück Fleisch für das Vögelchen!«
    Petrow nickte stumm. Welch ein schönes Mädchen, dachte er. Und die Nomaden mißbrauchen es. Wehe, wenn in den nächsten Tagen einer der schlitzäugigen Jäger hier auftaucht! Mit Wasser übergießen wir ihn und lassen ihn erstarren! Er brummte wie ein Bär, schielte Natalia an und machte sich dann auf den Weg, um das Dorf von dem neuen Ereignis zu unterrichten und um tätige Hilfe zu bitten.
    Mit keiner Silbe dachte er daran, daß hier das Mädchen stand, auf dessen Ergreifung der tote Kassugai tausend Rubel ausgesetzt hatte.
    Nur einer dachte daran: Jefim, der Idiot.
    Kaum wußte er, was vorgefallen war, rannte er schon in die Kirche und fand Tigran neben der Ikonostase. Er wechselte gerade heruntergebrannte Kerzen aus.
    »Väterchen!« schrie Jefim mit seiner hohen Narrenstimme. »Deine Glocke ist angekommen! Und der neue Anstrich für die Kirche! Das Mädchen, das sie für tausend Rubel suchten, ist im Dorf!«
    Tigran Rassulowitsch starrte Jefim an, hob die Hand … Und dann kam etwas, woran sich Jefim später nur sehr lückenhaft erinnerte. Er flog durch die Luft, von einer so gewaltigen Ohrfeige getroffen, daß er gegen die Kirchenwand prallte, dort zusammenbrach und eine Viertelstunde lang schmerzlos schlief.
    Als er aufwachte, sagte der Pope zu ihm: »Vergiß alles, was du gedacht hast, Jefim – oder ich schlage dir das Hirn aus dem Kopf. Verstehen wir uns?«
    »Ja, mein gutes Väterchen«, antwortete Jefim und schlich nach Hause.
    Der Abflug des großen Hubschraubers war ein neues Ereignis von großer Tragweite im dörflichen Geschehen.
    »Mach Natalia glücklich, mein Junge«, sagte Tigran am Abend zuvor, als er und Tassburg zum letztenmal am Schachbrett saßen. »Die Hölle verschlinge dich, wenn du sie nicht sorgsamer behandelst als dein Augenlicht!« Er räusperte sich und starrte auf das Schachbrett. Er wollte sich seine tiefe Rührung nicht anmerken lassen. »In vier Zügen matt, Michail Sofronowitsch! Mein letzter Sieg! Verdammt, du wirst mir fehlen. Ihr werdet mir alle fehlen!«
    »Hinterlassen wir euch nicht … kleine Nachkommen!« Tassburg lachte gepreßt. Auch ihm fiel der Abschied von Satowka plötzlich schwer. »Ich wette, daß einige

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