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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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das stimmte. Jemand anders vielleicht? Ein Traum? »Ich dachte, Sie wollten sich um mich kümmern«, hatte sie gesagt.
    Sofort hatte er den Wohnwagen verlassen und war mit einem Stück alten Sackleinens wiedergekommen, das er ihr über die Beine geworfen hatte. »Bitte.«
    Als er beim Hinausgehen die Tür öffnete, hatte sie das Geräusch deutlicher gehört, dieses monotone Brummen. Möglicherweise ein Generator, hatte es in dem Bericht über die Hintergrundgeräusche auf dem Tonband geheißen. Sie brauchte nur ein wenig den Kopf zu verdrehen, um die Schrift auf dem alten Sack erkennen zu können:
Knochenmehl   – Saddleworth & Söhne .
    Michael kam eine halbe Stunde später leise vor sich hin pfeifend wieder zurück. Er zog sich einen der billigen Klappstühle heran und setzte sich, das eine Bein lässig über das andere geschlagen. »Tut mir leid«, sagte er, »dass ich die Beherrschung verloren habe.« Er lächelte. »Das kommt bei mir selten vor. Ich mag das nicht. Diese Unkontrolliertheit, der man ausgeliefert ist, wenn es passiert. So will ich das zwischen uns nicht. Es wäre mir lieber, wir würden Freunde bleiben.«
    »Die hätten wir sein können, Michael. Das wissen Sie. Deshalb ist das hier so schade.«
    »Und jetzt sind wir keine Freunde mehr? Willst du das damit sagen?«
    »Nein, jetzt nicht mehr, Michael.«
    Sein Gesicht zeigte Enttäuschung. »Ja, aber warum denn nicht?«
    »Nach dem, was hier passiert ist? Nach dem, was Sie getan haben?«
    »Was habe ich dir denn   –«
    »Nicht nur mir.«
    »Ich war die ganze Zeit nett zu dir. Ich mag dich.«
    »Wirklich?«
    Er stand vom Stuhl auf und setzte sich dicht neben sie auf den Boden.
    »Sie haben eine merkwürdige Art, das zu zeigen, kann ich da nur sagen.«
    »Aber es ist wahr, ich mag dich wirklich.« Sie spürte den Hauch seines Atems auf ihrem Schenkel.
    »Wie sehr, Michael?«
    Er sah sie fragend an.
    »Genug, um mich gehen zu lassen?«
    »Vielleicht.« Seine Hand lag auf ihrem Schenkel, etwas oberhalb des Knies. Mit dem Daumen zeichnete er Muster auf ihre Haut. »Ich muss darüber nachdenken. Ich weiß es nicht.«
    »Was ist die Voraussetzung, Michael? Was muss ich dafür tun?«
    »Wofür?«
    »Dass Sie mich frei lassen.«
    Er blickte zu seiner Hand hinunter, als gehörte sie einem anderen, bevor er sie wegzog. »So ist das doch überhaupt nicht.«
    »Nein?«
    »Drohungen. Versprechungen. Das haben wir nicht nötig.«
    »Ach, nein?«
    »Ich könnte dich haben   …«
    »Glauben Sie?«
    »Ich hätte dich haben können   …«
    »Das stimmt, Michael.«
    »Was   …?«
    »An dem Abend bei mir. Da hätten Sie mich haben können. Da hätten Sie alles haben können, was Sie wollten.«
    Er schaute weg, die Schultern gekrümmt, den Kopf gesenkt.»Glaubst du, das hätte ich nicht gemerkt? So, wie du dagelegen hast   …«
    »Warum haben Sie dann nichts getan? Was hat Sie davon abgehalten?«
    »Nichts hat mich abgehalten. Ich wollte eben nicht. Ich   …«
    »Macht keinen Spaß so, oder? Einfach und normal. Normaler Sex zwischen zwei Menschen. Zwischen mir und Ihnen, Michael. Zwischen mir und Ihnen.«
    »Hör auf.«
    »Liegt da der Hund begraben, Michael? Ist das das Problem?«
    »Hör auf.«
    »Ein Teil des Problems?«
    »Hör auf!« Er trat mit dem Fuß gegen den Stuhl, dass er an die Wand flog. Zitternd hielt er sich die Ohren zu.
    »Michael«, sagte Lynn. »Ich könnte Ihnen helfen. Wirklich. Aber Sie müssen mir vertrauen. Sie müssen mir einfach vertrauen.«
    Sie hatte keine Ahnung, ob er sie gehört hatte. Ohne einen Blick zu ihr lief er aus dem Wohnwagen und schloss die Tür hinter sich ab. Lieber Gott, dachte Lynn, plötzlich völlig erschöpft, hoffentlich habe ich ihn nicht zu weit getrieben.
    Erst nach mehr als einer Stunde kam er wieder, leise vor sich hin summend, ein kleines Tonbandgerät in der Hand. »Ich könnte mir denken, dass du deinen Freunden eine Nachricht schicken möchtest. Diesem Inspector   – Resnick, hieß er nicht so?«
     
    Robin und Mark waren weiter stetig bergan gegangen. Ein-, zweimal hatten die Verhältnisse sie gezwungen, die vorgezeichnete Route zu verlassen und einen Umweg zu machen, jetzt aber waren sie wieder auf Kurs zum Striding Edge. Links und rechts, wohin sie auch sahen, waren die niedrigerenGipfel mit Schnee bedeckt. Grau und weiß erhob sich der Berg vor ihnen.
    Sie hatten einmal angehalten, um zu trinken und etwas Schokolade zu essen, und Mark hatte einen Müsliriegel angebrochen.
    Unvermittelt sagte

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