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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nehme ich an.«
    »Und was ist mit dem Mann?«, fragte Divine weiter. »Kannten Sie den auch?«
    Corin Thomas schüttelte den Kopf.
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut. Es war zwar dunkel, aber da unten sind genug Lampen. Wenn ich den schon mal gesehen hätte, hätte ich ihn wiedererkannt.«
    »Aber Sie können ihn beschreiben?«
    Thomas zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. So genau habe ich nicht hingesehen. Ich meine, ich wollte nicht neugierig sein. Aber er hatte vielleicht meine Größe, so um die eins siebzig vielleicht. Dunkle Haare, soweit ich mich erinnere. Wird etwa vierzig gewesen sein. Sein Gesicht konnte ich nicht richtig erkennen.«
    »Würden Sie ihn wiedererkennen?«
    Thomas überlegte, den Blick auf die brodelnde Fritteuse gerichtet. »Vielleicht. Mit Sicherheit kann ich’s nicht sagen.«
    »Tut mir leid«, sagte Divine, »aber Ihr Frittensandwich müssen Sie ein andermal essen.« Er drehte das Gas aus. »Ich bin sicher, Sie möchten uns gern helfen. Und Ihr Bestes geben.«
     
    Resnick und Skelton standen auf dem Außengang vor Lynn Kelloggs Wohnung, während drinnen die Spurensicherung alles unter die sprichwörtliche Lupe nahm. Die meisten Fenster rund um den Hof waren erleuchtet. Männer und Frauen, in Uniform und in Zivil, gingen zielstrebig von Tür zu Tür, treppauf, treppab.
    »Das bringt doch nichts, Charlie.« Skeltons Atem stand weiß in der Luft. »Es gibt nicht mal entfernt einen Anhaltspunkt. Sie ruft bei Ihnen an, möchte mit Ihnen über Nancy Phelan sprechen. Und irgendwann in den nächsten – na, sagen wir mal, fünfundvierzig Minuten verschwindet sie.«
    »Und Sie glauben nicht an einen Zusammenhang?« Es fiel Resnick schwer, ruhig zu bleiben.
    »Wir
wissen
nichts von einem Zusammenhang. Was immer auch passiert ist, könnte reiner Zufall sein   …«
    »Wir
müssen
gar nichts von einem Zusammenhang wissen, wir können ihn selbst erschließen. Das ist doch genau unsere Aufgabe, Zusammenhänge aufzudecken. Oder haben Sie vergessen, dass wir angeblich gottverdammte
Detektive
sind?«
    Skelton drehte an seinem Ehering. »Charlie, muss ich jetzt fürchten, dass Ihre Gefühle mit Ihnen durchgehen?«
    Resnick starrte ihn ungläubig an. Sein Atem ging schnell und war deutlich hörbar. »Wir sollen nicht denken, wir sollen nicht fühlen, ja, was zum Teufel, sollen wir
denn
tun? Außer uns fit halten und im Dienst eine saubere Krawatte tragen?«
    »Charlie.« Skelton legte Resnick die Hand auf den Arm und senkte die Stimme. »Charlie, ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Sie halten große Stücke auf sie, das weiß ich doch. Ich sage nur, dass wir jetzt nicht den Kopf verlieren dürfen. Damit würden wir ihr nur einen Bärendienst leisten.«
    Resnick senkte den Kopf. »Ja, natürlich, ich weiß. Es tut mir leid. Vergessen Sie, was ich gesagt habe.«
    »Das Wahrscheinlichste ist«, fuhr Skelton fort, »dass sie heute Abend Besuch hatte und die Sache nach ein paar Gläsern Wein ausgeartet ist. Oder aber es ist jemand in die Wohnung eingedrungen, es gab einen Kampf   …«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Warum wäre der Einbrecher nicht schleunigst getürmt?« Resnick blickte Skelton direkt in die Augen. »Das Erste vielleicht, ja, das wäre möglich.«
    »Aber Sie sind immer noch überzeugt, dass mehr dahintersteckt?«
    »Ja.«
    »Sie glauben, dass er es war. Der Mann, der Nancy Phelan getötet hat.«
    »Ja.«
    »Aber wie soll das denn zugegangen sein, Charlie? Wie denn, um Gottes willen? Glauben Sie wirklich, dass er ihr durch einen verrückten Zufall über den Weg gelaufen ist und sie dann entdeckt hat, wer er ist? Da muss man die Phantasie schon arg strapazieren.«
    »Und wenn es gar kein Zufall war?«, entgegnete Resnick. »Wenn er sich ganz bewusst an sie herangemacht hat?«
     
    Wenn man Corin Thomas einmal zum Reden gebracht hatte, konnte man ihn nur schwer wieder zum Schweigen bringen. Die ganze Fahrt zurück zum Canning Circus plagte er Divine und den Fahrer mit ermüdenden Berichten darüber, was er an diesem Abend unternommen hatte (einen planlosen Streifzug durch die Pubs im Zentrum in der Hoffnung, irgendwo eine Frau aufzugabeln), wie er seinen letzten Urlaub verbracht hatte (zwei Wochen, in denen er tagsüber unter glühender Sonne das Material an den diversen Stränden inspizierte und abends planlose Streifzüge durch die Nachtlokale unternahm in der Hoffnung, irgendwo eine Frau aufzugabeln), und wie es war, den ganzen Tag einen Bus zu fahren. Armer Hund, dachte Divine,

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