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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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gute Arbeit. Ich lasse dir wie versprochen für tausend Mark BMW-Aktien gutschreiben.«
    »Ähm, Chef … Könnten wir Daimler-Aktien draus machen, ich weiß nicht, ob du heute schon die aktuellen Börsenberichte gelesen hast, aber …« Hinter dem Frack war ein Heinzelmann zum Vorschein gekommen, als selbiger den Anzug an einen dicken Kabelstrang hängte. Es handelte sich um keinen Geringeren als Luigi Bügler, den allgemein anerkannten Topdesigner unter den Kölner Heinzelmännern, der vor rund hundert Jahren sein großes Coming-out gehabt hatte, als er hochmoderne Anzüge aus schottischem Clanstartan mit passenden Zipfelmützen in Schottenmustern kombinierte. Luigi hatte heute sein langes Haupthaar zu einem Zopf geflochten. Auch sein Bart war in drei Zöpfe gedreht, die wie Gabelzinken vor seiner Brust abstanden. Der Gipfel war jedoch, dass er auch noch winzige Zöpfchen aus seinen Augenbrauen geflochten hatte. Wie es schien, stand ein neuer Modetrend bevor. Wallerich überlegte, wie teuer Haarimplantate an den Augenbrauen wohl sein mochten.
    »Kein Problem, das Aktienpaket zu ändern«, antwortete Nöhrgel geistesabwesend, während er noch immer den seidenglänzenden Stoff streichelte.
    Luigi war längst wieder verschwunden und Wallerich tat vom leisen Räuspern schon die Kehle weh, als Nöhrgel endlich aus seinen Tagträumen aufschreckte. »Hast du was gesagt, mein Sohn?«
    »Kann es sein, dass ich irgendwas nicht mitbekommen habe?«
    Der Älteste errötete leicht. »Nö, ich dachte, in meinem Alter sei es an der Zeit, einen vernünftigen Anzug zu besitzen.«
    »Und hundert Seidenblumengestecke?«
    Nöhrgel machte eine weit ausholende Geste. »Findest du nicht auch, dass diese bescheidenen vier Wände ein bisschen geschmückt werden könnten?«
    Der junge Heinzelmann sah sich zweifelnd um. Solange er Nöhrgel kannte, hatte der Alte nie etwas daran auszusetzen gehabt, in einer Kammer zu wohnen, die so viel Charme wie ein stillgelegter Aufzugschacht hatte.
    »Du plünderst also immer noch Aktienfonds im Internet«, wechselte Wallerich das Thema.
    »Nein, seit ich im Lotto gewonnen habe, habe ich diese Robin-Hood-Spielchen nicht mehr nötig.«
    »Im Lotto gewonnen?«
    Nöhrgel grinste verschwörerisch. »Ich sagte doch schon, dass der Wahrscheinlichkeitskalkulator das Leben aller Zwergenvölker revolutionieren wird. Es ist der Durchbruch im Computerzeitalter. In Metaphern gesprochen könnte man sagen, wir Heinzelmänner haben es wieder einmal geschafft, die Büchse der Pandora zu öffnen und …«
    »Entschuldige, wenn ich dumme Fragen stelle«, unterbrach Wallerich Nöhrgels Redefluss, »aber was zum Henker ist ein Wahrscheinlichkeitskalkulator?«
    Der Alte stockte und sah ihn an, als hätte er gefragt, warum eins und eins zwei ist. »Der Wahrscheinlichkeitskalkulator ist die technologische Innovation des beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts! Er ermöglicht es, den Schleier der Zukunft zu zerreißen.«
    »Ein Rechenprogramm, das Horoskope schreibt?«, fragte Wallerich vorsichtig.
    »Nein, du Banause! Der Wahrscheinlichkeitskalkulator hat nichts mit Astrologie oder faulem Hokuspokus zu tun. Er basiert auf der konkreten Anwendung höherer Mathematik! Je weiter man in die Zukunft blickt, desto unschärfer wird allerdings die Perspektive«, fügte Nöhrgel etwas weniger enthusiastisch hinzu. »Aber seine Aussagen über die Entwicklungen in den letzten zwei Wochen haben sich als größtenteils richtig erwiesen.«
    Wallerich begutachtete die Maschine misstrauisch. »Meinst du, er könnte berechnen, wann Neriella meine Braut wird?«
    »Für solchen privaten Unsinn werde ich doch nicht den intelligentesten Rechner der Welt bemühen!« Der Alte packte ihn und zerrte ihn zum Bildschirm, um mit seinen ölverschmierten Fingern auf das Porträt zu deuten. »Das ist Alessandro Graf von Cagliostro, alias Giuseppe Balsamo! Laut Aussage des Wahrscheinlichkeitskalkulators wird er uns zu Samhaim gefährlich werden.«
    »Sprichst du von dem Cagliostro? Der ist doch vor über zweihundert Jahren in einem Kerker der Inquisition gestorben. Vielleicht solltest du deine Programme noch einmal überarbeiten!«
    »Mein Rechner irrt sich nicht! Wenn er sagt, Cagliostro wird uns Ärger machen, dann kannst du dich darauf verlassen, dass es so sein wird! Alles, was ich von dir will, ist, dass du die Augen offen hältst. Du hast einen wacheren Geist als die meisten Torwächter. Ich möchte, dass du diese Nacht in der Zentrale sitzt und alle

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