Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Eigentum beanspruche. Dies ist mein Recht; denn wie mein Lord ohne Zweifel noch weiß, habe ich über der Großen Roten Wüste eine meiner Kreaturen geopfert, um seiner Hunger leidenden Armee Nahrung zu geben, weshalb meine eigene Streitmacht nun dezimiert ist – oder vielmehr war. Dies sollte als Ausgleich genügen. Doch sieh selbst!«
Unter der Aufsicht eines dienstälteren Knechts lagen Turkur Tzonov und Alexei Yefros zusammengekauert im Schatten der Felswand. Letzterer hatte die Augen geschlossen, und der Kopf hing ihm auf die Brust. Tzonov dagegen war hellwach, auf der Hut und ließ seine Blicke ringsum schweifen. Als er den Lord und die Lady erblickte, erhob er sich, senkte den Kopf und behielt ihn unten, indem er auf den Boden zu ihren Füßen starrte.
»Er ist unterwürfig!«, meinte Vormulac beifällig.
»Nicht im Geringsten.« Devetaki fasste Tzonov unters Kinn und hob seinen Kopf an. »Eher schlau!«
Der Krieger-Lord starrte ihn an. Tzonov erwiderte den Blick und sah ihm direkt in die Augen! Innerhalb eines Lidschlags befand Devetaki sich im Geist des Russen. Indem sie ihre Gedanken sorgfältig auf ihn ausrichtete – was kaum notwendig war, denn Vormulacs telepathische Fähigkeiten waren nicht der Rede wert –, ermahnte sie ihn: Es wäre meinen Absichten nicht dienlich, wenn dieser mächtige Lord erfahren sollte, dass du ein Mentalist bist. Und auch du hättest nichts davon, wenn man dir deine ach so wissenden Augen aussticht!
Tzonov senkte den Blick.
»Schlau?«, fragte Tzonov. »Wie kommst du darauf?«
»Ach, nur so ein Gedanke. Aber ...«, wechselte Devetaki das Thema, »... fällt dir an ihnen nichts Merkwürdiges auf?«
»Doch, eine ganze Menge! Diese Männer sind weder Trogs noch Szgany. Zudem sah ich in meiner Jugend auf der Sonnseite – ach, das ist lange her! – einmal einen toten Wüstennomaden, darum weiß ich, dass sie auch nicht zu den Thyre gehören. Woher kommen sie also?«
»Keine Ahnung«, log Devetaki, Unwissenheit vorschützend. »Dies ist eine merkwürdige Gegend, in der sonderbare Menschen leben!« Sie zuckte die Achseln. »Irgendwann werde ich schon noch alles über sie herausfinden!«
Vormulac musterte Tzonov von oben bis unten: die durchdringenden grauen Augen (die der Russe klugerweise abermals rasch senkte), die silberblonden Brauen und die sonnengebräunte, gesunde Gesichtsfarbe, die hohe, gewölbte Stirn, die auf eine außergewöhnliche Intelligenz schließen ließ. Die ausgeprägte Hakennase war zwar nicht so lang wie diejenige Vormulacs, aber ebenso streng und verlieh seinem Aussehen eine gewisse Härte. Die kleinen, schmalen Ohren lagen eng am Kopf an. Insgesamt vermittelte er den Eindruck einer allzu perfekten Symmetrie. Die beiden Gesichtshälften wirkten, als würden sie einander spiegeln. Dazu kam sein Körperbau: athletisch, mit kräftigen, geschmeidigen Muskeln und dennoch gespannt wie eine Feder.
Ein imposantes Exemplar. Wenn es auf der Sonnseite derartige Stämme gab, dann waren sie es wirklich wert, dass man darum kämpfte! Vormulac konnte nur zu gut verstehen, weshalb Devetaki alles daransetzte, ihn zu behalten. Er würde einen prächtigen Leutnant abgeben und wahrscheinlich auch einen hübschen Gespielen, wenn er erst ein bisschen an Größe und Gewicht zugelegt und sein Fleisch die graue Farbe des Untods angenommen hatte. Und sein Gefährte?
Wie beiläufig stieß der Krieger-Lord Tzonov beiseite, sodass dieser ins Stolpern geriet, sich aber sofort wieder fing. Vormulac beugte sich hinab, packte den bewusstlosen Yefros am Kragen und zerrte ihn hoch, sodass seine Beine über dem Boden baumelten, damit er ihm direkt in das offenbar verzerrte Gesicht blicken konnte. Doch ... die beiden glichen sich in keinster Weise! Sah der eine aus wie ein Wolf, wirkte der andere wie ein Wiesel. War dies der Unterschied zwischen Herr und Diener? Und während Tzonov vollkommen unversehrt schien, noch ganz ein Mensch, sprangen Vormulac bei dem anderen die vertrauten Male am Hals, zwei klaffende Löcher, sofort ins Auge. Zumindest diesen hatte Devetaki sich bereits vorgenommen. Er schlief den Schlaf der Wandlung.
Als Yefros in Vormulacs Griff zu würgen begann, senkte der Krieger-Lord den Arm und ließ ihn los. Tzonov sprang herbei, um den Lokalisierer aufzufangen, und ließ ihn behutsam zu Boden sinken. Immerhin steckten sie gemeinsam in dieser Sache, und zwar bis zum Hals!
»Was sie da anhaben«, wandte Vormulac sich an Devetaki, »ist nicht so grob wie das Zeug,
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