Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Armen werde ich ewig das kleine Mädchen von damals sein, und in diesem Moment genieße ich das Gefühl wie selten zuvor.
Nach einer Weile schüttele ich den Kopf. »Daddy, ich will Josie eine gute Mutter sein. Und das kann ich nicht, wenn ich mich Hals über Kopf in eine Beziehung stürze, wie ein hormongesteuerter Teenager. Ben und ich … eine Beziehung zwischen uns wäre von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Es würde nicht funktionieren. Wie könnte es, bei dem Leben, das wir beide führen? Dass so etwas nicht funktioniert, habe ich mir selbst doch schon eindrucksvoll bewiesen. Wenn ich es noch einmal wage, setze ich Josies Glück waghalsig aufs Spiel, nicht nur mein eigenes. So … würde es sich zumindest anfühlen.«
Mein Dad schüttelt den Kopf, aber er lässt es mit einem undefinierbaren Grummeln dabei bewenden. »Du hast nicht nur meine Augen geerbt, Sarah. Du hast auch meinen verdammten Dickschädel abbekommen«, brummt er schließlich.
»Würdest du es an meiner Stelle denn wagen?«, frage ich. »Trotzdem … und gegen jede Vernunft?«
»Liebst du ihn?«, erwidert er leise und zieht mich dabei noch näher an sich.
Meine Antwort kommt als ein zittriges Flüstern über meine Lippen: »Ja!«
Mein Vater seufzt tief und schwer. »Zum Teufel, warum muss ausgerechnet ich derjenige sein, der dich in die Arme eines fremden Mannes treibt, Sarah? Ich bin dein Vater, verflucht!« Er lacht, als ich mit großen Augen zu ihm aufblicke. »Dass man sich verliebt und wiedergeliebt wird … so etwas geschieht im Leben nur sehr selten. Natürlich musst du es wagen, Kind. Und wenn es sein muss, auch gegen jede Vernunft, ja!«
[home]
Ben erzählt.
A pril
, denke ich immer wieder.
April
…
Heute früh setzte ich mich auf meine Couch, die Kaffeetasse in der Hand, wie an jedem Morgen, und klappte meinen Laptop auf. Und hier sitze ich noch immer und starre fassungslos auf die kleine Datumsanzeige am oberen Bildschirmrand. Sie zeigt
April, 01.
Wo ist der Februar geblieben, wo der März? Sicher, im Januar haben sich die Ereignisse überstürzt, aber danach …
Entschlossen trinke ich meinen Kaffee aus, streife mir auf dem Weg ins Bad den Pyjama vom Leib und stelle das Wasser der Dusche an.
»Schluss damit, Ben!«, sage ich laut, drehe den Temperaturregler auf Blau, fast bis zum Anschlag, und stütze mich mit flachen Händen an der Wand ab, um nicht frühzeitig nachzugeben und die Temperatur wieder hochzuregeln. Ich brauche die Abkühlung dringend. Sich an die Ereignisse kompletter Monate nicht mehr erinnern zu können, das ist eindeutig nicht normal.
Nach der selbstgewählten Folter stolpere ich auf meinem Weg ins Schlafzimmer über eine auf dem Boden liegende Jeans und nehme das zum Anlass, sie mir überzustreifen. Schnell schlüpfe ich in ein beliebiges T-Shirt, rufe nach Jack, der im Garten unter den Lorbeerbüschen gescharrt hat und eher einem Erdferkel als einem Hund gleicht, als er Sekunden später auf mich zurast. Ich schlage eine alte Decke um den Schmutzfink, klemme ihn mir unter den Arm und hole meine Gitarre. Dann packe ich beides – Hund und Instrument – in den Mercedes und laufe noch einmal zurück, um mir eine große Flasche Wasser mitzunehmen.
Über drei Stunden wandere ich durch die Berge, verdränge erfolgreich die trüben Gedanken, sobald sie auch nur vage aufflackern, und zwinge mich, zur Mittagszeit eine vernünftige Mahlzeit in einem kleinen Restaurant einzunehmen. Danach fahre ich mit Jack zu meiner Bucht, setze mich auf die Klippen und spiele nach langer Zeit mal wieder ausgiebig Gitarre.
Dabei gestatte ich mir, auf die vergangenen Monate zurückzublicken, und beschließe, dass es genug ist. Dass es reicht. Dass ich mein Leben nicht in Sehnsucht und wehmütigen Erinnerungen verbringen werde. Dass es Zeit ist, etwas Neues anzugehen – wieder zu leben, mit allem, was dazugehört. Ich sehe mich immer wieder um, ertappe mich auf der Suche nach einem Zeichen, einem Wink, dem ich folgen kann … und drifte dabei doch wieder mit meinen Gedanken ab.
Unsere Crew von
›Das Leben in meinem Sinn‹
war nach diesem Morgen, an dem ich das komplette Team nach Hause geschickt hatte, nur noch einmal zusammengekommen.
Achtundfünfzig Tage lang hatte der Streik gedauert. Als Randy Ende Januar einen Rundruf startete, um uns wieder zusammenzutrommeln, sah die Situation in Hollywood allgemein ziemlich chaotisch aus. Filmstarts mussten verschoben werden, Serien und Shows wurden abgesetzt, neue schienen
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