Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
Vom Netzwerk:
zu verbessern, begannen die Nordstämme alsbald damit, weitreichende Eroberungsfeldzüge zu führen. Von der Stärke blieb nur die Kraft.
    Die letztgeborene Tochter, Salia, lebte mit dem Fragment der Liebe im Osten. Allein die Liebe schien auch getrennt von den anderen Gaben Bestand haben zu können, denn Glück und Zufriedenheit zeichneten Salias Leben aus ... bis hin zu einem folgenschweren Tag.

[home]
    1. Kapitel
    Jahrhunderte später
     
    Stürmischer Wind fing sich in Bretterwänden, zwängte sich durch engste Ritzen und heulte wie schmerzgeplagt. Schwere Wolken ballten sich zusammen und türmten sich auf, schienen die Sterne verschluckt zu haben und bedrohten all die Übermütigen, die es wagten, sich noch unter freiem Himmel aufzuhalten. Es war eine unheimliche Nacht, es war eine klirrend kalte Nacht, es war eine Nacht wie die Nacht zuvor und die davor: eine Winternacht des hohen Nordens.
    »Nich mehr lang hin und ’s dämmert. Glaubt ihr, er kommt noch?«, fragte einer der vier Männer, die sich im Schatten und Schutz eines überhängenden Strohdachs an eine Hauswand drückten, rieb sich die Arme und trat auf der Stelle. Trotz des Mantels aus Fellresten bibberte er, denn Schneematsch drang durch die dünnen Sohlen seiner Stiefel, und Eisregen prasselte auf sein Gesicht.
    Der Mann neben ihm, der als Einziger das Glück hatte, einen Mantel mit Kapuze zu tragen, wies mit dem Kopf auf die Lehmhütten am Ende der Gasse, die noch kleiner waren als die ärmlichen Behausungen um sie herum. »Hat sein Quartier bei Milla aufgeschlagen. Wo soll er sonst hin wollen?«
    »Is ’n großer Kerl«, gab der Erste zu bedenken. »Sicher, dass wir den unterkriegen?«
    Sein Kumpan spuckte Reste seines Kautabaks in den Dreck. »Den versoffnen Krüppel furz ich um. Der kriegt’s nich mal mit, denkt bestimmt, Milla hätt nen Drang. Aber nen gefüllten Beutel hat er. Darauf verwett ich meine Alte. Milla is seit Tagen nich mehr auf der Straße. Zahlen muss der Krüppel also können. Warten wir?«
    »Nur, wenn du deine Alte so oder so behältst!«
    Alle lachten leise, traten weiter auf der Stelle und bliesen in ihre Hände, um die Finger beweglich zu halten.
     
    Etwas zwickte ihn schmerzhaft in die Hand, und Rhonans Oberkörper ruckte hoch. Vier, fünf Ratten quiekten und huschten in sichere Entfernung, blieben jedoch in Sichtweite. Mit beiden Händen hielt er sich den Kopf, in dem ein Schmiedehammer zu wüten schien, und versuchte, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wo er war. Angewidert und verärgert verzog er das Gesicht. Angewidert, weil der unverkennbare, faulig klebrige Gestank des Gerberviertels seinen Magen zum Brodeln brachte; verärgert, weil er sich demnach am falschen Ende der Ortschaft befand. Er betrachtete die Ratten, die nahezu so groß waren wie Katzen. Zwar gab es zurzeit wenig Abfälle, dafür aber reichlich tote Bettler. Er fühlte hier und da Jucken oder Brennen, kümmerte sich aber weder um das eine noch um das andere, wälzte sich auf die Knie und stützte sich an der Hauswand ab. Fest presste er seine Hände dagegen und zog sich langsam Hand um Hand hoch. Kaum stand er, wünschte er sich auf die feste Erde zurück, denn die ohnehin windschiefen Hütten verzerrten sich noch mehr. Wind riss an Haaren und Hemd, Eisregen peitschte auf ihn ein. Er war nass bis auf die Haut. Seine lederne Hose knackte bei jeder Bewegung, und Eisstückchen sprangen heraus. Er schlotterte vor Kälte, schlang die Arme um den Oberkörper, atmete durch und machte sich auf den Heimweg. Das linke Bein schleppte er dabei wie einen Fremdkörper mit, belastete es immer so kurz wie möglich und zog es wieder nach. Die Ratten folgten ihm und hielten nur einmal inne, um in seinem Erbrochenen zu wühlen.
    Er fingerte am Gürtel nach seinem Branntweinbeutel, musste den aber genau wie seinen Umhang irgendwo verloren oder vergessen haben und stopfte sich schließlich eine Handvoll Schnee in den Mund, um die Galle loszuwerden. Es brachte nichts. Der bittere Geschmack war jetzt nur kälter. Gerade einmal halb bei Sinnen torkelte er weiter und nutzte dabei ungewollt die gesamte Breite des Weges ... von links nach rechts und wieder zurück. Mal fand er Halt an einer Hauswand, mal an einem Bretterzaun, einmal hielt ihn ein Tavernenschild aufrecht. Immer wieder hielt er inne, um sich zu orientieren. Weiter brachte ihn das nicht, obwohl er normalerweise über einen hervorragenden Orientierungssinn verfügte. Doch heute hatte er wohl einen Becher zu

Weitere Kostenlose Bücher