Neobooks - Die Zitadelle der Träume
anderes sein. Die Götterkette mit all ihrer Macht hat ihn nie gereizt. Dein Sohn ist wie er, und weil er so ist, wirst du ihn nicht ändern können – du nicht und auch nicht Kahandar. Die Geschichte wiederholt sich, aber nicht so, wie wir sie geplant hatten.«
Myrias Gesichtsausdruck war während dieser kurzen Rede immer gehetzter geworden. »Vielleicht wäre es besser, ihn gar nicht mehr gehen zu lassen. Wer weiß, was der Bengel treibt?«
Palema funkelte sie zornig an. »Du warst schon immer selten dämlich. Diese törichte Nebelprinzessin macht dir alle Ehre. Du spürst aber schon, wie das Schwarze Wasser uns allmählich die Kräfte raubt? Die Quelle muss zum Versiegen gebracht werden. Wir haben nichts mehr zu verlieren.«
Sie wandte sich von der eingeschüchtert wirkenden Myria an Dala. »Wie du weißt, habe ich selbst Kahandar geschmiedet. Es ist immer noch an mich gebunden. Solange ich lebe, werde ich daher in der Lage sein, Einfluss auf meinen Sohn zu nehmen. Er wird sich meiner Führung daher beugen … beugen müssen.«
Ihre Schwester lachte freudlos auf und schüttelte den Kopf. »Oh, Palema, wie kannst du nur so blind sein? Du unterschätzt ihn. Ich habe ihn oft beobachtet. Er ist nie den leichteren Weg gegangen, wenn ein anderer ihm richtig erschien. Weder süße Versprechungen noch rohe Gewalt haben ihn jemals dazu gebracht, gegen seine innere Überzeugung zu handeln. Er wird immer nur tun, was er für richtig hält. Und er ist stark, besitzt sowohl innere als auch äußere Stärke. Du kannst ihn nicht biegen, du kannst ihn nur brechen. Aber willst du das?«
»Wenn es sein muss, werde ich auch das tun.« Palema sah sie längere Zeit ohne jede erkennbare Gemütsregung an, stand schließlich auf und verließ den Raum.
Myria saß mit gerunzelter Stirn da und schaute ihr nach. »Er hat gesagt, dass er die Quelle wieder versiegeln will. Er wird es doch auch tun, oder?«
Dala schüttelte seufzend den Kopf. »Wie kann man nur jahrhundertealt sein und immer noch so dumm?«
Der Abschied von den unsterblichen Schwestern war, wenn auch nicht gerade frostig, so doch auch nicht besonders herzlich ausgefallen. Myria war immer noch ratlos, Palema gereizt, nur Dala brachte es fertig, gutes Gelingen zu wünschen. Gideon war ziemlich erstaunt darüber gewesen, dass Rhonan sein altes Schwert trug, und Kahandar stattdessen im Gepäck untergebracht hatte. Die Erklärung seines Gefährten, seine alte Waffe wäre gewohnter, läge besser in der Hand, hatte er zwar verstehen können, hatte aber angemerkt, dass sich daran kaum etwas ändern würde, wenn er das neue Schwert nie zu benutzen gedachte. Der Prinz hatte daraufhin lediglich die Achseln gezuckt.
Der Rückweg selbst war nicht viel weniger beschwerlich als der Aufstieg. Rhonan war allerdings ausgesprochen dankbar dafür, dass er diesmal keine Bolzen einschlagen musste. Sie konnten die alten benutzen. Diesmal ging Gideon als Erster, gefolgt von Caitlin, während Rhonan das Seil sicherte und als Letzter ging. Nach drei Tagen Wanderung war die Prinzessin wieder so weit, dass ihr Gatte sie weitgehend tragen durfte.
Gideon konnte sich nur wundern. Als der Prinz ihm begegnet war, war er erschöpft und durch die Beinverletzung und den Entzug geschwächt gewesen. Trotzdem war er ihm beim Aufstieg schier unverwüstlich erschienen. Aber jetzt, nach der verdienten Erholung, schienen seine Kraft und Ausdauer unerschöpflich. Er trug Caitlin häufig und stützte Gideon, wenn es nötig war. Während seine Begleiter während der Rast eigentlich nur noch liegen konnten, bereitete er die Mahlzeiten zu und baute das Zelt auf oder grub Schneehöhlen.
Eine Nacht verbrachten sie bei einem fremden Horkastamm. Gideons Sprachkünste und Rhonans Stammeszeichen hatten die Jäger rechtzeitig davon abgehalten, sie kurzerhand abzuschlachten.
Bei einer Begegnung mit Schneewölfen stellte Caitlin ihre neu erworbenen Fähigkeiten unter Beweis und vertrieb sie mit einem ansehnlichen Feuerzauber. Rhonan gelang es gerade noch, zumindest einen von ihnen mit dem Bogen zu erwischen, damit sie Frischfleisch essen konnten.
Gideon bemerkte irgendwann, dass sie diesmal einen anderen Weg einschlugen. Sie hielten sich viel weiter westlich.
»Willst du im Westen durch das Gebirge an Kairan vorbei?«, fragte er erstaunt.
»Nein, das dürfte aussichtslos sein – zu viele Gletscherspalten. Wir müssen durch Kairan, gehen aber Richtung Tempelanlage. Die Tempelwächter hatten einen
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