Neobooks - Die Zitadelle der Träume
kundzutun.
»Danke«, erklärte er daher mit tonloser Stimme. »Ich werde ihn Euch nach dem Kampf zurückgeben.«
Morwena lachte auf. »Dummer Junge, ich will ihn nicht zurück. Und hör endlich auf, mich wie eine Fremde zu behandeln. Ich bin fast so etwas wie eine Verwandte. Mathew starb zwar, bevor wir uns verbinden konnten, aber ich sehe mich trotzdem als deine Tante an. Wenn du mich nicht so nennen willst, sag nur Morwena zu mir, aber lege deine Förmlichkeit endlich ab. Betrachte unser Heim auch immer als das deine.«
Sein Lächeln war so zurückhaltend und scheu, dass sie seinen Kopf zu sich herunterzog und ihn mütterlich auf die Stirn küsste. »Mögen die Götter dir in deinem Kampf beistehen, Kind!«
Die ungewohnte Zärtlichkeit ließ ihn erröten. »Danke … Tante Morwena«, murmelte er und räusperte sich ausgesprochen unbehaglich.
Sie strahlte ihn glücklich an, und Derea bewahrte ihn davor, dass sie ihn erneut an sich zog, indem er ihn mit sich zerrte und erklärte: »Komm jetzt ins Zelt! Wir sollten die Kratzer vor dem Kampf doch besser noch verbinden.«
Kaum außer Hörweite flüsterte er ihm grinsend zu: »So ist sie nun einmal. Du stehst als Heerführer vor deiner Truppe, und sie herzt dich vor deinen Männern und nennt dich Junge oder Kind. Aber sie hat es ernst gemeint, hat dich wirklich in ihr Herz geschlossen. Du hast sie eben sehr glücklich gemacht. Ihr heißgeliebter Mathew starb nur drei Tage, bevor sie sich verbinden wollten, und deine Eltern taten dann so, als ginge sie sein Tod gar nichts an. Nicht einmal zur Totenfeier der Familie wurde sie eingeladen. So, wie sie immer darüber sprach, hat sie sehr darunter gelitten. Sie sagte immer, Mathew sei nicht nur gestorben, man hätte ihr auch noch das Andenken an ihn gestohlen.«
Rhonan sah ihn verständnislos an, und Derea lachte auf. »Hast recht. Dummer Zeitpunkt für solche Gespräche! Diese Gefühlssachen sind bei euch ohnehin mehr Sache deiner Frau, nicht wahr? Na, ein bisschen Zeit ist ja noch. Die solltest du nutzen, um dich etwas hinzulegen und zu entspannen.«
Rhonan drehte sich zu Canon um, aber der Hauptmann zog ihn unbarmherzig mit. »Nicht jetzt! Siege meinetwegen für Caitlin, aber denke nicht an sie. Ich erzähl dir besser, was ich über Camora und seine Art zu kämpfen weiß. Das könnte dir gleich sicher mehr helfen. Du solltest nicht den Fehler machen und ihn unterschätzen.«
»Das macht er doch nie«, erklärte Gideon, der sich mit seinem Medizinbeutel zu ihnen gesellt hatte, mit freudlosem Lachen. Ziemlich grimmig fuhr er fort: »Genauso wenig, wie er auf jemanden hört, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Man hätte auf eine Verlegung des Kampfes bestehen müssen, aber nein, er muss es ja hinter sich bringen, um möglichst schnell zu Caitlin zu kommen. Sie wird ihm die Ohren abreißen, wenn sie davon hört – zumindest, wenn er noch so lange lebt.«
Am Zelt angekommen, ergriff er den Oberarm des Hauptmanns und bat: »Dreh eine Runde, oder mach etwas anderes Sinnvolles! Ich muss kurz allein mit unserem großen König reden.«
Derea nickte sichtlich verstört, und Gideon drängte Rhonan schon ins Zelt und schubste ihn auf einen Schemel.
»Zieh rasch Hemd und Hose aus, damit ich noch in aller Eile ein paar Kräuterverbände anlegen kann, bevor du dich ungestüm in einen Kampf wirfst, der, wie immer er auch ausgehen mag, einen fünfundzwanzig Jahre währenden Krieg beenden wird.« Er wühlte schon wild in seinem Beutel, und Kräuter und Salben flogen durch die Gegend.
Verwirrt ging der Prinz vor einem Ledersäckchen in Deckung. »Was ist in dich gefahren? So kenn ich dich ja gar nicht.«
»Dann wird es Zeit, dass du mich so kennenlernst.«
»Was ist denn los mit dir? Hab ich etwas falsch gemacht?«
Gideon schlug mit der Faust auf den Beutel, und seine Augen blitzten vor Zorn. »Ja, verdammt noch mal! Du hast den Kampf zu Camoras Bedingungen angenommen.«
»Hast du dir einmal das Schlachtfeld angesehen? Hätte ich vielleicht zusehen sollen, wie das große Töten weitergeht? Du weißt genau, dass ich ihn schlagen kann«, erklärte Rhonan immer noch ratlos wegen der aufgebrachten Stimmung des Gelehrten.
Der schlug erneut mit der Faust auf den Sack und brüllte ihn an: »Ja, ich weiß, dass du jeden schlagen kannst, aber ganz sicher nicht so nebenher. Du bist doch nur furchtbar in Eile, und das wird bei Camora niemals zum Sieg führen. Erzähl mir jetzt ja nicht, dass die Toten da draußen dir so
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