Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Rüstung hat mir heute das Leben gerettet. Ich danke dir dafür. Aber das ist längst vorbei. Weißt du, für Caitlin würde ich mein Leben und meine Zukunft jederzeit, ohne zu zögern, opfern, aber nie das Leben und die Zukunft anderer.«
Gideon drehte sich um und seufzte tief. Eine Weile stand er mit hängenden Armen da, als wüsste er nicht, was er sagen sollte, dann erklärte er mit heiserer Stimme: »Ich weiß, mein Freund. Das wusste ich immer. Verzeih mir meinen Auftritt eben! Mir allein muss ich Vorwürfe machen, denn mir ging es eben nur um dich und mich. Ich … ich … Weißt du, schon seit langem habe ich dich immer mehr als eine Art Sohn betrachtet. Du bist mir so unendlich lieb und teuer geworden … ich will dich einfach nicht verlieren, und mir ist fast schwindelig vor Angst.«
»Ich danke dir auch für deine Liebe, denn sie bedeutet mir viel.« Er schluckte und fuhr sehr leise fort: »Ich wünschte manchmal, ich könnte meine Gedanken besser in Worte fassen, aber du wirst auch so verstehen, was ich meine. Weißt du, zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich um mich sorgen, das ist ein unglaublich schönes Gefühl. Ich habe dieses Gefühl erst vor kurzem kennengelernt, daher bin ich vielleicht besonders dankbar dafür. Du warst mein erster Freund, und ich weiß, du wirst immer mein bester und teuerster Freund bleiben. Ich habe schon Kämpfe gewonnen, bei denen es mir gleichgültig war, ob ich sie überlebte oder nicht, weil niemand auf mich wartete, aber heute werde ich auch siegen, eben weil es Menschen wie Caitlin und dich gibt.«
Er blinzelte und fügte verlegen hinzu: »Aber ich werde nicht nur von dir und Caitlin geliebt, ich bin auch immer noch Palemas Sohn und wurde schließlich nur für den Kampf in die Welt gesetzt. Das sollte … das muss einfach reichen. Hab also Vertrauen, mein väterlicher Freund.«
»Du kannst deine Gedanken wunderbar in Worte fassen, und ich bin mir nun ganz sicher, dass du siegen wirst.«
Gideon konnte gar nicht anders. Er ging zu seinem Freund zurück und umarmte ihn innig. Und der erwiderte die Umarmung genauso herzlich.
Der Platz vor der Zitadelle füllte sich allmählich. Für die Könige, Fürsten und Heerführer hatte man rund um den Kampfplatz schlichte Holzbänke aufgebaut. Die Krieger, die noch stehen konnten, sammelten sich in großen Scharen dahinter. Auch unzählige Verwundete stützten sich auf ihre Kameraden. Diesen Kampf wollte sich niemand entgehen lassen, auch wenn die meisten kaum etwas von ihm zu sehen bekommen würden. Aber zumindest dabei sein wollten sie alle.
Rechts von der Zitadelle sammelten sich die Krieger der Freien Reiche, links davon die der Horden. Nur eine schmale Gasse trennte die erbitterten Feinde jetzt voneinander. Man beäugte sich giftig, aber wie es Brauch war, verhielt man sich ruhig. Keiner der Anwesenden trug jetzt auch nur eine einzige Waffe.
»Er ist zu jung und zu unerfahren. Außerdem scheint er die Bedeutung des Kampfes überhaupt nicht zu begreifen. Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl«, murmelte Darius leise.
»Ich nicht«, entgegnete Morwena mit Bestimmtheit. »Er ist vielleicht kein Heerführer und mit unseren Kriegsbräuchen nicht vertraut, aber unerfahren im Kampf ist er nicht. Das wird dir doch heute auch aufgefallen sein, oder?«
»Ja, schön und gut, aber …«, begann er, wurde jedoch von ihr sofort ungeduldig unterbrochen: »Was willst du eigentlich, Darius? Erst predigst du mir ununterbrochen, ich solle auf die Prophezeiung vertrauen, jetzt ist der Erbe endlich bei uns, um sie zu erfüllen, und mit einem Mal kommen dir Zweifel. Ich habe keine Lust auf wirre Launen. Entweder du bist still, oder du suchst dir einen anderen Platz!«
Marga ergriff die Hand ihres Vaters. »Ich habe schon neben Rhonan gekämpft. Und glaube mir, eine solche Kampfkunst habe ich noch nie gesehen. Ich vertraue voll und ganz auf ihn.«
Er erwiderte den Druck ihrer Finger, sah die Angst in ihren Augen, die im krassen Gegensatz zu ihrer kühnen Behauptung stand, und lächelte sie beruhigend an. »So wollen wir denn alle auf ihn vertrauen, Tochter.«
Unruhe entstand unter den Hordenkriegern, denn Camora betrat gemessenen Schrittes den Kampfplatz. Zwei seiner Heerführer begleiteten ihn. Vereinbarungsgemäß trug er weder Rüstung noch Helm, aber Marga presste beim Anblick seiner wahrhaft gewaltigen Schultern und Oberarme unwillkürlich die Lippen zusammen. Er war tatsächlich nicht viel weniger eindrucksvoll als
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