Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Angst. Sein Magen schien zu brodeln, und Schweiß tropfte ihm in die Augen.
Immer größere Unruhe entstand unter den Kriegern, und das erste nicht mehr zu unterdrückende Stöhnen ging auch durch die Reihen der Reichsfürsten, während sich die Führer der Horde die Hände rieben und ihren Feinden geringschätzige Blicke zuwarfen. Morwena atmete nur noch stoßweise und drückte Canons Hand so fest, dass es schon schmerzte. Er selbst leckte sich die trocknen Lippen.
Jede Schnelligkeit und jede Geschmeidigkeit hatten den Prinzen längst verlassen, er schien am Ende seiner Kräfte, hielt sich offensichtlich nur noch mühsam auf den Beinen und ächzte und keuchte bei jeder Bewegung. Sein Hemd war schweißnass und rot von Blut, die Axt hatte er längst verloren. Krampfhaft umklammerten seine Hände das Schwert und wehrten immer schwächer und oft im letzten Augenblick die ständigen Angriffe ab. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er zusammenbrechen würde.
Derea glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Er kannte Rhonan mittlerweile viel zu gut, um anzunehmen, dass der schlicht erschöpft war. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen! Er hätte sich ohrfeigen mögen. In plötzlichem Verstehen suchten seine Augen die Zuschauerreihen ab, aber er konnte den Hexenmeister nirgends entdecken.
Er wollte aufspringen, aber Canons Hand hielt ihn zurück. »Ich muss …«
»Nichts!«, unterbrach sein älterer Bruder. »Jede Kampfhandlung außerhalb des Zweikampfs wird gegen uns gewertet.«
»Aber …«
»Bleib gefälligst ruhig!«
Derea starrte auf den Kampfplatz, und Verzweiflung und Wut kochten in ihm hoch.
»Bald wirst du deine Familie wiedersehen«, höhnte Camora auch gerade. »Freust du dich?«
Gerade noch schaffte Rhonan es, den nächsten Schwertstreich zu parieren. Er blinzelte den Schweiß aus den Augen, schüttelte benommen den Kopf und taumelte rückwärts. Der Schwarze Fürst setzte sofort nach, warf jetzt sogar seinen Schild weg und schlug beidhändig in geradezu wilden Attacken auf die Waffe seines nahezu kampfunfähigen Gegners. Der schwankte wie ein Betrunkener, ging in die Knie, hielt sein Schwert jetzt nur noch in der rechten Hand, und es sah so aus, als ob es ihm gleich ganz entglitte. Schwer atmend sackte er immer weiter in sich zusammen.
Ein genüssliches Lächeln überzog Camoras Gesicht. »Das war’s jetzt. Ich bin am Ziel. Da wollte ich dich immer schon gern sehen, Thronerbe: im Dreck zu meinen Füßen!«
Noch während er ausholte, sah er das Funkeln in Rhonans Augen, aber er konnte nicht mehr reagieren. Blitzschnell war der wieder sicher auf den Füßen, griff das Schwert mit beiden Händen und rammte es seinem Gegner in den nun ungeschützten Leib. Fassungslos taumelte Camora zurück. Das Schwert entglitt seinen Händen.
Der Prinz setzte jetzt seinerseits nach und schlug ihm die Klinge quer über die Brust. »Der Erste war für meine ermordete Familie, der Zweite war für meine neue Familie und der Letzte wird für mich sein. Und deinen Kopf kriegen die Freien Reiche. Du hast ehrlos gelebt, du hast ehrlos gekämpft, du wirst ehrlos sterben. Du wirst nicht verbrannt, Thronräuber, dich kriegen die Aasfresser.«
In den Augen des Fürsten war neben Schmerz immer noch Unglauben, als er auf die Knie sackte. Sein schon trüber Blick glitt unwillkürlich über die Zuschauer.
»Suchst du deinen Helfer, den Hexenmeister?«, höhnte Rhonan. »Der hat aufgegeben, schon vor einiger Zeit. Das musstest du nur nicht wissen, denn zu siegessichere Kämpfer werden leichtsinnig und sind daher viel leichter zu schlagen. Deine Herrschaft ist vorüber.« Er holte kurz aus und trennte ihm mit einem gewaltigen Hieb den Kopf vom Rumpf.
Der Kopf des Schwarzen Fürsten rollte über den Kampfplatz, und ein erleichterter und wahrhaft ohrenbetäubender Jubel setzte ein.
Die Führer der Freien Reiche stürmten auf den Platz, aber Gideon war der Erste, der Rhonan erreichte. Der lächelte dünn und bemerkte heiser. »Du musst mich schon wieder einmal stützen, mein Freund. Ich glaube …« Er brach besinnungslos in den Armen des Gelehrten zusammen.
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25. Kapitel
Rhonan hörte Stimmen, öffnete die Augen und sah noch leicht verschwommen Gideon, Derea, Canon, Morwena, Marga und Darius um sich herumstehen.
»Oh, mein Junge, du bist endlich wach? Es ist alles halb so schlimm«, erklärte der Gelehrte mit feuchten Augen. »Nur zwei Wunden mussten genäht werden. Wie fühlst du dich? Erschöpft, nicht
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