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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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Hätte mein Sohn die Möglichkeit gehabt, erwachsen zu werden, hätte ich gewünscht, er wäre so geworden wie er … oder wie du: vom Schicksal grausam geprüft und doch so sanft und gütig im Herzen!«
    Sie seufzte tief, und zahlreiche Strudel kräuselten die Wasseroberfläche. »Geh jetzt und versiegele die Quelle, damit das Wasser für alle Zeiten unerreichbar bleibt!«
    Er stutzte und starrte verwirrt auf das durchscheinende Gebilde. »Nein! Das will ich nicht, das kann ich nicht, und das werde ich nicht tun. Vernichte die Siegel!«
    Die darauffolgende lange Stille wurde schließlich von ihrem erneuten Seufzen unterbrochen, und er meinte plötzlich, die ganze Höhle würde mit ihr seufzen. »Ich würde es so gern tun. Glaub mir, nichts täte ich lieber, aber ich kann es nicht. Sieh dir den schwarzen Strom an! Weit im Inneren des Berges stürzt er in die Unendlichkeit. Dort verschwand mit meinem Körper das Siegel der Liebe – verloren für alle Zeit. Ich wollte sterben, aber ich konnte es nicht. Zu stark war noch die Kraft der anderen Siegel.«
    Weit breitete sie ihre rauchigen Arme aus. »Jetzt ist es zu spät. Ich bin weniger als ein Geist und kann sie nicht mehr vernichten. Sieh mich an, Rhonan! Wie sollte ich etwas tragen können? Ich besitze nicht einmal mehr die magischen Fähigkeiten, diese Siegel auch nur anzuheben. Wie gern würde ich sterben und meinen Sohn und meinen Gatten wiedersehen, aber ich vermag nicht mehr zu tun, was dafür nötig ist.«
    »Eine andere Möglichkeit besteht nicht?«
    »Zumindest weiß ich von keiner anderen. Geh, Neffe! Meine Wünsche und Gebete werden dich begleiten.«
    Rhonan sah gedankenverloren vor sich hin. Er sah Caitlin vor sich, spürte ihre Hände, nahm ihren Duft wahr und hörte sie fröhlich plaudern, über den Namen, den ihr Sohn einmal tragen sollte. Er sah ihre flehenden Augen und hörte ihre Stimme: Wenn du stirbst, werde ich vor Kummer vergehen! Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte sein Entschluss ihn nur wenig Überwindung gekostet. Zu leer und düster war sein Leben gewesen, um ernsthaft daran zu hängen, aber jetzt war es völlig anders. Er wollte so gern leben und jeden neuen Tag an Caitlins Seite genießen. Doch er dachte auch an Palema und hörte auch Derea, wie er davon sprach, dass das Licht erneut verlöschen würde. Mit Mühe riss er sich von seinen Gedanken los, nickte entschlossen und sammelte die Siegel wieder auf. »Wenn du es nicht mehr kannst, muss ich die Siegel eben vernichten.«
    »Nein! Ich verbiete es dir!«
    Freudlos lachte er auf. »Du kannst mir nichts verbieten, denn du kannst mich nicht daran hindern.«
    »Von diesem Weg gibt es kein Zurück, Rhonan.«  
    »Das hatte ich auch nicht angenommen. Aber ich bin nicht gekommen, um erneut Unrecht zu begehen und die Welt in Dunkelheit versinken zu lassen. Und wenn ich auch dir endlich Frieden bringen kann, werde ich es tun.«
    »Was ist mit Caitlin?«
    Seine Miene blieb unbewegt, aber ein unwillkürliches Zittern durchlief seinen Körper. »Sie hat Freunde, die ihr beistehen werden.«
    »Und dein Kind?«
    »Meinem Kind könnte ich nichts Schlimmeres antun, als die Quelle erneut zu versiegeln und ihm ein solches Erbe zu hinterlassen. Salia, bitte, ich will nicht mehr reden, ich will gehen.«
    »Ein schneller und heldenhafter Entschluss! Aber du solltest ihn doch noch einmal überdenken. Glaube mir, nicht die Siegel haben die Welt verändert, sondern nur ihre Trägerinnen. Da mein Siegel unwiederbringlich verloren ist, können meine Schwestern nicht wieder zurückkehren. Die Welt würde nicht erneut in Düsternis versinken. Diese Angst ist unbegründet. Geh, Kind, und versuche, dein Glück zu finden.«
    »Nein!« Er atmete tief durch. »Mach es mir nicht schwerer als es ohnehin schon ist! Ich bin kein Held, ich wähle nur das kleinere Übel. Lass uns gehen!«
    »Willst du dein Kind denn nicht aufwachsen sehen?«
    »Das fragst ausgerechnet du?« Seine Augen wurden feucht, und er rang mühsam um Beherrschung. »Caitlin und mein Kind bedeuten mir alles, aber auch sie werden niemals Ruhe haben, bevor die Siegel nicht vernichtet sind. Du hast deinen Sohn getötet, um ihn vor größeren Leiden zu bewahren, mir bleibt zumindest das erspart. Ich würde gern …« Ihm versagte die Stimme, und eine Träne lief ihm über das Gesicht.
    Erneut straffte er sich und wischte sie in einer heftigen Bewegung weg. »Aber ich weiß, dass ich es nicht kann und darf. Und du weißt auch, dass ich es nicht darf.

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