Neobooks - Transalp 11
Unwillkürlich blickte er sich um, aber niemand im Umkreis machte den Eindruck, als hätte er den Gegenstand geworfen. Klar, es musste Spindler gewesen sein. Wo war er? Im Wachspapier lag ein zusammengefalteter Zettel, den sie gemeinsam lasen.
»Nicht nach oben schauen! Ich bin über euch. Geht unauffällig zur Seufzerbrücke.« Die Anweisung, nicht nach oben zu schauen, war ebenso eindeutig, wie sie schwer einzuhalten war.
»Nicht raufschauen, Stephanie!«, sagte Plank noch, zu spät. Die hatte schon den Kopf nach hinten geworfen, für einen winzigen Augenblick nur, und sah nach oben. Ein Schatten huschte dort übers Dach. Das musste Spindler sein. Gleich senkte sie den Kopf wieder nach unten, tat so, als sähe sie angestrengt auf ihre Schuhe. Es war ihr peinlich, hoffentlich hatte sie niemand bei diesem Versehen ertappt.
Aha, ein Friedensangebot, dachte sich Plank. Es war keine Zeit, groß über die Bedeutung des Angebots nachzudenken, sie mussten Spindler folgen, und das möglichst unauffällig. Er legte seinen Arm um Stephanie, und gemeinsam versuchten sie, so rasch zu schlendern, wie man schlendern kann, ohne dass die Tauben erschreckt auffliegen. Es ging zurück zur Piazzetta, an der Promenade entlang, linker Hand tauchte die Seufzerbrücke auf. Zwischendurch ein verstohlener Blick nach oben – niemand zu sehen. Sollten sie über die Brücke weiter an der Mole entlanggehen? Während sie noch überlegten und sich umblickten, öffnete sich wie von Geisterhand eine der schweren Türen, die in den Palast führte. Im Inneren war es dunkel, zu sehen war niemand.
»Was soll das bedeuten, Stephanie?« Es war beiden unheimlich. Sollten sie hinein?
Gärtner fasste als Erste einen Entschluss. »Anselm, jetzt oder nie.« Mit diesen Worten zog sie ihn zur Tür hinein. Die Tür ging wieder zu.
Die zwei Männer, die den beiden in einiger Entfernung gefolgt waren, standen vor der verschlossenen Tür. Es war ein schweres, eisenbeschlagenes Tor, das man nicht eben mit einem Schuss öffnen konnte. Das andere Kommando war auf den Schatten auf dem Dach angesetzt. Über den Innenhof drangen sie schließlich in den Dogenpalast ein. Der Wächter musste ihnen noch die Schlüssel aushändigen, dann war er tot. Im Inneren des Palastes mit seinen verwirrenden Gängen fanden sie sich schwer zurecht. Das Licht konnten sie nicht anmachen, ohne halb Venedig zu alarmieren. Und mit ihren Nachtsichtgeräten vor den Augen war es doch bedeutend umständlicher. Sie fanden schließlich die Rückseite der Tür, die sich vorhin geöffnet hatte. Mit Kreide hatte dort jemand Zahlen auf den Boden geschrieben. Die Botschaft. Sie musste von heute Abend stammen, nachdem der Palast für die Besucher geschlossen hatte. Sie bestand nur aus ein paar Zahlen:
Auf einen Blick – die Rätselfragen aus Buch 11:
Wo tauchen die Zahlen 26 3 35 12 28 7 29 in dieser Reihenfolge auf?
Wen traf der Tod in Venedig im gleichen Gebäude, in dem diese Zahlen eine wichtige Rolle spielen?
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Über Marc Ritter / CUS
Marc Ritter, geboren 1967 in München, wuchs in Garmisch-Partenkirchen auf. Während des Zivildienstes schrieb er dort die Lokalzeitung mit Berichten aus Politik, Sport und dem Nachtleben voll. Zum Studium der Germanistik ging er nach München zurück. Er arbeitete als Standfotograf für das Fernsehen, als Tankwart, Dachdecker, Hilfsskilehrer und Bereiter. Ohne Auftrag und Genehmigung gründete er 1995 den ersten Online-Auftritt des Süddeutschen Verlages. In Folge war er als Manager für große amerikanische Online-Medien tätig. Er baute das Haus der Gegenwart in München, das 2005 von Bill Gates und Christian Ude eröffnet wurde. Seit mehreren Jahren ist Marc Ritter Unternehmensberater. 2011 schränkte er diese Tätigkeit stark ein, um fortan als freier Autor zu schreiben. »Transalp« ist nach »Kreuzzug« (Droemer) sowie »Josefibichl« (Piper) sein dritter Roman.
Marc Ritter hat fünf Kinder. Mit seiner Familie sowie einem Hund und einer wechselnden Anzahl von Süßwasserfischen wohnt er in München. Marc Ritter ist Mitglied im Internationalen Presseclub München und im Hornschlittenverein Partenkirchen sowie in der Vereinigung Deutschsprachiger Kriminalautoren »Das Syndikat«. www.marcritter.de
CUS ist professioneller Verfasser von anspruchsvollen bis sehr schwer lösbaren Rätseln und gilt als gemeinster Fragesteller Deutschlands (taz). Er arbeitet regelmäßig für das Süddeutsche Zeitung Magazin und die Neue Zürcher Zeitung. Das
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