Neptuns Tochter 3
schlüpfte aus den Schuhen und entledigte sich ihrer Jeans.
»Aha. Dann darf ich mich geehrt fühlen, wenn du in meiner Gegenwart explodierst.«
Mika musste ein seltsames Bild abgeben. Das Hemd halb ausgezogen, das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt. Bewegungslos. Bis auf den Brustkorb, der sich mit Luft vollsog und dann ebenfalls stockte.
»Ich meine«, sagte Timea rau. Stoppte. Fuhr hastig fort. »Was war denn mit deinem Vater?«
»Er ist manchmal einfach nur ätzend«, schimpfte Mika. Sie schaffte es endlich, die Alltagsklamotten aus- und einen bequemen Pyjama anzuziehen.
»Wenn du darüber reden willst«, bot Timea an.
»Ein anderes Mal vielleicht.«
»Was treibst du eigentlich die ganze Zeit, Mika?«, fragte Timea. »Ich höre nur rascheln, dann bist du kaum zu hören, ganz weg und wieder da.«
»Ich hab’ mich nur bettfertig gemacht«, antwortete Mika. Um kein Kribbeln aufkommen zu lassen, redete Mika schnell weiter. »Dein Tag war wohl auch nicht so besonders. Oder warum warst du vorhin so genervt?«
»Ach, ich hab’ einen Termin gehabt, der etwas unangenehm war. Aber jetzt geht es wieder.«
Insgeheim hatte Mika die Hoffnung, dass ihr Anruf dafür verantwortlich war, dass es Timea wieder besser ging. Ein schöner Gedanke.
~*~*~*~
L ächelnd betrachtete Timea ihr Handy, bevor sie es auf den Schreibtisch legte. Sie hatte jetzt geschlagene zwei Stunden mit Mika geredet. Gelacht. Sich wohlgefühlt. Und sich gewünscht, dass Mika bei ihr wäre. Das Überraschende war, dass Timea keine Sekunde an Sex gedacht hatte. Sie hätte nur gern in Mikas Augen geschaut, als die ihr in bunten Farben von ihrer Kindheit erzählt hatte. Hätte so gern Mikas Mund gesehen, als sie lachend einzelne Anekdoten aus ihrem Arbeitsleben zum Besten gegeben hatte. Dabei hatte es Mika tatsächlich geschafft, dass Timea auch ein wenig von sich selbst preisgegeben hatte. Kleinigkeiten nur, aber Timea merkte, dass es gutgetan hatte, über ihre Eltern zu reden.
Immer noch lächelnd fuhr Timea den Computer herunter. Morgen war auch noch ein Tag fürs Arbeiten. Auf dem Weg in ihr Schlafzimmer begegnete ihr ihre Großmutter.
»Wieso bist du noch auf, Nagyi?«, fragte Timea erstaunt.
»Du hast doch heute einen Termin mit Werner Grossmann gehabt«, stellte die Großmutter fest, »und hast mir noch nicht erzählt, was ihr besprochen habt.«
»Er hat mich gebeten, zwei Zimmer auszuräumen, weil nächste Woche die ersten Möbel geliefert werden.« Die Bitte hatte Herr Grossmann freundlich, aber bestimmt formuliert. So, dass Timea im Grunde keine Wahl geblieben war als zuzustimmen.
»Welche?«
»Egal«, sagte Timea. »Sie sollen nur als Zwischenlager fungieren.«
Die Großmutter tastete nach Timeas Hand. »Lass uns in die Küche gehen. Ich habe Lust auf einen heißen Grog.«
»Alkohol ist keine Lösung, Großmutter«, bemerkte Timea.
»Das weiß ich auch«, machte die alte Dame klar. »Aber in meinem Alter muss man manchmal härtere Geschütze auffahren, um die Nerven zu beruhigen.«
Am liebsten hätte sich Timea in ihr Büro geflüchtet und Mika angerufen; um die Unbeschwertheit der letzten Stunden zurückzuholen. Aber es ging nicht. Mika schlief vermutlich schon. Außerdem – warum sollte Timea sie mit ihren Sorgen und Nöten belasten? Darum musste sie sich schon selbst kümmern.
»Das alles hier wird dir langsam zu viel, Nagyi. Stimmt’s?«, stellte Timea leise fest.
Sie waren mittlerweile in der Küche angelangt. Wortlos ging die Großmutter zum Esstisch, setzte sich und wartete, bis sie sich offenbar sicher war, dass Timea den Grog zubereitete. »Mach dir keine Gedanken, Liebes«, sagte sie. »Das fühlt sich zwar seltsam an, ist aber nichts, womit ich nicht umgehen könnte.« Ihre Lippen kräuselten sich leicht. »Außerdem bringt das Bewegung in mein Leben. Und das ist besser, als nur so dahinzuvegetieren.«
Timea hockte sich neben ihre Großmutter. »Manchmal frage ich mich, wie du das schaffst. Egal, was passiert, du verlierst nie die Beherrschung.«
»Das ist die Gelassenheit des Alters, Kind. Und ab und zu ein Schnäpschen oder so«, erwiderte die alte Dame. »Vor sechzig Jahren war ich aber viel heißblütiger. Das kannst du mir glauben.« Ihr Gesicht begann zu strahlen.
Kopfschüttelnd und gleichzeitig grinsend erhob sich Timea. Sie wollte ihre Großmutter in ihren offensichtlichen Erinnerungen nicht stören, ging zur Anrichte und machte den Grog und einen Tee für sich selbst fertig.
»Hast du
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