Neptuns Tochter (Gesamtausgabe)
Haustür hinter Patrizia zu. Vorübergehend verharrte sie in der Position. »Okay«, presste sie zwischen den Zähnen hevor. »Jetzt zu dieser durchtriebenen Ungarin.«
Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch ging sie zu ihrer Großmutter. »Kannst du mir sagen, was das eben sollte?«, fragte sie bereits im Eingang.
»Willst du nicht ganz hereinkommen und dich setzen?«, fragte die Großmutter ruhig.
Timea verdrehte die Augen und tat wie ihr geheißen. »Also, Großmutter«, fuhr sie etwas gemäßigter fort. »Was habt du und Mikas Mutter vor?«
»Nichts.«
»Das kannst du deiner Großmutter erzählen«, zischte Timea.
»Mütterlicher- oder väterlicherseits?«, fragte Adrienn Illay unerschütterlich.
»Bring mich nicht auf die Palme, Großmutter«, verlangte Timea gefährlich ruhig.
Das fiel offenbar auch Adrienn Illay auf, weil sie einlenkte. »Wir haben nur über den Polterabend gesprochen.«
»Und?«, drängte Timea weiter.
»Nichts und«, erwiderte die Großmutter. »Wir sind dabei vom Hundertsten ins Tausendste gekommen. Haben uns an unsere eigenen Hochzeiten erinnert. An das Gefühl der Liebe, das einen da fast überwältigt.«
Timea hatte es gewusst. Manipulation. Aber nicht mit ihr. Sie war stark genug, dagegen anzukämpfen. Und sie war stark genug, Mika wiederzusehen. An ihrem Polterabend. Das würde zwar nicht leicht werden. Dessen war sich Timea bewusst. Es war aber nichts, was sie nicht bewältigen könnte.
»Wenn ich dann aber an deine Ehe denke, Großmutter«, sagte sie betont süffisant, »hält man sich nicht lange auf Wolke sieben auf.«
»Das passiert eben, wenn man den falschen Mann heiratet«, kam es postwendend zurück.
Manipulation.
»Damit hast du bestimmt recht«, bestätigte Timea. Sie zwang ihre Mundwinkel, sich nach oben zu bewegen. »Und was lernen wir daraus?«, fragte sie pro forma. »Augen auf bei der Partnerwahl.«
»Auf jeden Fall, Liebes.« Adrienn Illay musste ihrem Mund augenscheinlich kein Lächeln abnötigen. »Wenn man die Liebe seines Lebens gefunden hat, muss man sie festhalten. Mit oder ohne Trauschein.«
»So wie du es mit Janosch gemacht hast?«, entschlüpfte es Timea, ehe sie es verhindern konnte.
Sofort legte sich ein Schatten auf das Gesicht ihrer Großmutter.
»Tut mir leid, Nagyi«, stammelte Timea.
»Du weißt genau, dass du die Zeit damals nicht mit heute vergleichen kannst«, sagte die Großmutter heiser. »Das mit Janosch und mir …«
»Ich wollte das auch nicht sagen. Ehrlich«, verteidigte sich Timea. »Aber deine dauernden Spitzen … die tun weh«, gestand sie leise. »Sehr weh«, fügte sie nur für sich selbst hinzu.
»Timea, Liebes«, sagte die Großmutter betroffen, »es war doch nie meine Absicht, dich zu verletzen.«
»Mir ist schon klar, was deine Absicht ist.« Timea verzog das Gesicht. »Lass es sein. Bitte.«
»Das kann ich leider nicht versprechen«, entgegnete die Gräfin mit einem Schulterzucken. »Ich kann eben nicht aus meiner Haut.«
Seufzend drückte sich Timea hoch. »Das habe ich befürchtet.« Noch ehe sie sich ganz erhoben hatte, hielt sie inne und setzte sich wieder. »Wenn du aber übertreibst, stecke ich dich vielleicht doch noch in ein Altersheim«, drohte Timea. »Oder ich miete dir eine winzig kleine Wohnung, und du bekommst dann Essen auf Rädern«, fügte sie grinsend hinzu.
»Da du mich liebst, Kleines, muss ich mir deswegen keine Sorgen machen.«
»Ich gehe duschen und dann ins Bett«, gab Timea auf. Sie hatte für heute keine Kraft mehr für diese Diskussionen. Gegen ihre Nagyimama war einfach kein Kraut gewachsen.
~*~*~*~
» D u willst jetzt aber nicht in diesen Klamotten auf deinem Polterabend erscheinen?«, fragte Patrizia David schockiert.
»Wieso nicht?«, stellte Mika die Gegenfrage. Das heute war so quasi die Henkersmahlzeit. Da hatte sie doch das Recht so aufzulaufen, wie sie wollte.
»Zieh wenigstens eine andere Jeans an«, flehte die Mutter. »Eine, die nicht nach Altkleidersammlung aussieht.«
Mika verschränkte die Arme vor der Brust. Das war die Jeans, die sie bei ihrem Vorstellungsgespräch bei Adrienn Illay getragen hatte. Für Mika fühlte sich das Kleidungsstück wie ein Rettungsring an, der sie über Wasser hielt.
Patrizia David deutete die Reaktion ihrer Tochter richtig. »Wie du meinst«, resignierte sie. »Aber jammere nicht, wenn dieser Abend am Ende nicht perfekt ist.«
»Keine Sorge, Mama«, konterte Mika. »An diesen Abend erhebe ich keinen Anspruch auf
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